Erwin Einzinger
Hunde am Fenster
buchstäblich fernsehen
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Erwin Einzinger
Hunde am Fenster
Gedichte
Jung und Jung 2008
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„Zu meinen Gedichten gibt es nicht viel zu sagen. Ich schreibe eher selten welche, und wenn, dann seltsamerweise meist gleich eine Menge davon, als wäre es eine Art Spiel, zu meinem eigenen Vergnügen“, äußert sich Erwin Einzinger zurückhaltend zu seiner Lyrik, obwohl er schon seit 1977 veröffentlicht.
Was gibt es dennoch zu sagen zu dem 1953 in Kirchdorf an der Krems geborenen Einzinger, der als Übersetzer, Prosaist und Lyriker tätig ist und unter anderem mit dem Georg-Trakl-Förderungspreis und dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet wurde?
Erwin Einzinger hat keine Themen – nur die Welt. Nein, Welten. Seine Gedichte sind Beobachtungszeiträume. Aus olympischer Höhe greift er sich punktuell bestimmte Handlungsabläufe heraus und holt viele Welten in ein einziges Gedicht hinein: Menschen, Tiere und Landschaften in all ihren Kombinationen – sowohl innen als auch außen. Aus Bildern, Zeitungen, Fernsehern, Radio, SMS, von draußen, von unten, von oben und von nebenan integriert er viele Handlungssequenzen in seine Lyrik. Zudem ergeben sich noch aus den Erinnerungen der Figuren fremde Welten, die er verschroben in seinen Gedichten vermengt.
Jetzt aber: Frühling in Stockholm. Leute fallen aus den Fenstern, durchs
Nordtor fährt ein frecher Wind. Frauen in Prunksandalen hasten
An verwegen bis an die Mauern der Gebäude herangeparkten Fahr-
Zeugen vorbei. Die Blätter in den meisten Büschen sind noch alles andere
Als üppig. Kurz nach Beginn der Dämmerung trägt der Abend auch
Hier gern einen speckigen Sternenmantel. Aus Seitengassen kommt die
Jugend mit Krawallfrisuren. In einem Schaufenster wartet eine
Komplette Tropenausrüstung samt Preisvorschlag. Unter einem Nadel-
Baum im Park liegt ein mit Hundekot beschmiertes Rätselheft. |
In einem Gedicht tippt Einzinger mehrere Situationen an und schafft es so, eine nicht in der Natur der Lyrik angesiedelte Bewegung herzustellen, die sich in den Leerstellen abspielt. In klarer Distanz zur Subjektzentrierung bleibt vieles fragmentarisch und durch den häufig verwendeten Konjunktiv eröffnen sich weitere Räume. Nach einem Gedicht hat man als Leser das Gefühl, einen ganzen Roman gelesen zu haben.
Einzinger untersetzt seine Gedichte streckenweise mit perfidem Humor:
Zuletzt kommt ein
Mädchen daher […] & fragt, ob es behilflich sein könne. Da kriegt das
Skelett einen wahren Lachanfall & zerfällt binnen Sekunden
zu einem Haufen weißer Knochen. |
Auf den ersten Blick scheint Einzinger mit alltäglicher Sprache, zum Teil dialektal geprägt, einfach drauf loszuschreiben. Und doch ist alles reflektiert zusammengefügt – nur eben nicht stringent – und umso mehr flackern die einzelnen Bilder dazwischen auf.
Die ungeordnete Vermengung von Alltagswirklichkeit wird durch eine feinfühlige und präzise Beobachtung lyrisiert. Zugleich integriert Einzinger die wörtliche Rede, das erzählerische Wissen durch Dritte und das Präteritum in seine Gedichte. Käthe Hamburgers Proklamation, dass sich Lyrik „niemals fiktionalisierter Formen bedienen kann“, scheint für Einzinger eine Motivation zu sein, die Frage nach den Gattungen neu zu stellen und positioniert sich an der Grenze.
Einzingers Gedichte sind Skripte aus Stichpunkten von Standbildern aus verschiedenen Perspektiven und Welten, die sich im Kopf des Lesers als eine vollständige Filmrolle abspulen und man mitgenommen wird in diese Bewegung von fernen und fremden Situationen, wobei doch alles statisch bleibt.
Erwin Einzinger, geboren 1953 in Kirchdorf an der Krems, lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Micheldorf. Er wurde u.a. mit dem Georg-Trakl- Förderungspreis (1977), dem Rauriser Literaturpreis (1984) und dem manuskripte Preis (1995) ausgezeichnet. Zuletzt erschien 2005 der Roman Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik (Residenz-Verlag). Erwin Einzinger bei Jung und Jung
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Walter Fabian Schmid 16.04.2008
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Walter Fabian
Schmid
Bachmannpreis
Gespräch
Bericht
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