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Carmo Neto *1962
Carmo Neto Carmo Neto ist der gegenwärtige Hauptgeschäftsführer des Angolanischen Schriftstellerverbandes (UEA). Er ist ein besonders engagierter Vertreter dieses Amtes, denn er fühlt sich für jene Altersgenossen zuständig, die im Krieg aufgewachsen sind, eine sozialistische Erziehung genossen haben und jetzt den rasanten Aufbruch des Landes in die Marktwirtschaft erleben. Musiker, Wortrebellen, Stilkünstler, Frauen und Männer aus allen Teilen Angolas sind Mitglied des UAEs und publizieren meistens ihre ersten literarische Versuche in seinem Verlag. Neto ist 1962 geboren und aufgewachsen in Malanje, in einer Kleinstadt im Inneren Angolas. Er hat in Luanda an der Universität Agostinho Neto Rechtswissenschaften studiert. Außer in seiner Anwaltspraxis ist er heute als Autor von Kurzgeschichten und Chroniken tätig, die er regelmäßig in Zeitungen veröffentlicht. Wie Tazuary Nkeita (Pitangas 5) will auch Neto von den großen Veränderungen, die er erlebt hat, auf kritische Art und Weise berichten. Dies ist keine leichte Aufgabe; seine Generation ist dadurch geprägt, dass es sich nicht gehörte, irgendwelche Kritik zu äußern. Man hatte einfach zu gehorchen! Degravata (MitKrawatte) ist Netos fünftes Buch, es wird bereits in zweiter Auflage verkauft. Der satirische Ton kommt den Bedürfnissen seiner Leser entgegen. Die angesehene Literaturkritikerin aus Rio de Janeiro, Laura Padilha, schreibt dazu, dass die Graphik des Titels den Leser schon deshalb neugierig macht, weil sie die Abneigung des Autors gegen Anpassung und Bequemlichkeit verrät. Es geht Neto – selbst immer tadellos gekleidet in Anzug mit Krawatte – um eine Veränderung der offiziellen portugiesischen Sprache. Dafür benutzt er lokale Ausdrücke oder auch Worte aus einer der anderen angolanischen Nationalsprachen, Kimbundu, und macht damit deutlich, dass er sich den offiziellen portugiesischen Schreibgepflogenheiten nicht beugt. Neto und seine Schriftstellerkollegen verfolgen neuere Entwicklungen in der angolanischen Realität sehr aufmerksam. Es geht ihnen darum, sie anzunehmen, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Solche Erinnerungsversuche, eine Brücke zwischen der „Utopie“ der Unabhängigkeit und der Gegenwart zu schlagen, zeugen auch von der unbändigen Lust, Geschichten zu erzählen. Wichtig sind die althergebrachten Weisheiten, die in der mündlichen Tradition weitergegeben werden. So muss man die Metapher der aufgeregten Hühner im vorgelegten Textfragment „Ach! Jeremias“ verstehen. Jeder weiß, dass Korruption in hohen Ämtern gang und gäbe ist. Wenn man dieses „Gesetz“ nicht befolgt, wird man wie ein Ausgestoßener behandelt, wie ein „Verdammter dieser Erde“, aber dann im umgekehrten Sinne. Deshalb fallen die Worte dieses biblischen Propheten in diesem Jahrhundert ins Leere. Wie Francisco Soares es in seinem Nachwort zu Degravata ausführt, wird beim Lesen dieser Chroniken die Erinnerung an Menschen, Ereignisse und Episoden wach, die er selbst kennt und miterlebt hat. Das passiert natürlich nicht jedem. Aber der Humor und die Kernaussagen des Textes bleiben erhalten und zeigen, wie sehr sich die Literatur Angolas bemüht, ihren eigenen modernen Werdegang zu kommentieren und zu begleiten. Ineke Phaf-Rheinberger Zum deutschen Text von Carmo Neto: Ach! Jeremias 22.09.2012 |
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