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Sónia Gomes
Die Tochter des Generals Die Straße, die den Namen des ersten Präsidenten der Republik Angola, Dr. António Agostinho Neto, trägt, führt abschüssig und in Kurven vom einen Ende des Bairro Azul quer durch den Stadtteil Praia do Bispo und mündet in die breite Straße, die von der Avenida Quatro de Fevereiro abgeht und sich entlang des gesamten Chicala-Viertels erstreckt, bis sie sich in dem riesigen Bezirk Samba verliert. Gleich nach dem imposanten Gebäude im Bairro Azul, das die „SONANGOL Forschung und Produktion“ beherbergt, wird sie rechterhand von einer leeren, begrünten Fläche gesäumt, um nach der Abbiegung zur Oberstadt einer Ansammlung von dort planlos entstandenen Häusern – einer Kaserne, einer Kirche, einer Privatschule, einem kleinen Supermarkt und etlichen anderen Geschäften – Platz zu machen. Ihnen folgt eine seit der Kolonialzeit im gleichen Stil errichtete Reihe zweistöckiger Einfamilienhäuser mit viereckigen Schornsteinen auf ihren Eternitdächern, ehe sie dann in einer Rechtskurve weiter bis zur Einmündung auf die Ilha do Cabo reicht. Auf der linken Seite führt die Rua Dr. António Agostinho Neto bergab an einem Blechzaun, einer Bäckerei, der „Padaria Vannan“, und schließlich einem Ensemble von Einfamilienhäusern vorbei, die genau wie ihre auf der rechten Straßenseite gegenüber stehenden Pendants zweistöckig sind und auf deren Dächern viereckige Schornsteine hocken. Etwas weiter unten, hinter der „Padaria Vannan“, ragt, die letzten Wohnhäuser der Praia do Bispo vom Stadtteil Coreia trennend, ein Mausoleum von rauer, düsterer Schönheit empor, das dem Andenken des Präsidenten Agostinho Neto gewidmet ist. Und wiederum rechterhand der teilweise von den zweistöckigen Häusern gesäumten Straße erstreckt sich in nummerierten Gassen eine riesige Zusammenballung von Hütten, Häusern, Kramläden, Schuhgeschäften, Schneidereien, Schulen und Kindergärten, oft in ziemlich heruntergekommenem Zustand, die an einen hohen Berg grenzt, an den sich Hunderte von Baracken krallen und auf dem stolz die Oberstadt von Luanda thront. Um diese Uhrzeit, gegen kurz vor fünf am Nachmittag des zweiundzwanzigsten Januar 2007, wirkte die Praia do Bispo verlassen und trostlos, gehüllt in ungewöhnliche Reglosigkeit und Stille. Der Regen vom Vortag – er hatte über zwölf Stunden angedauert – war unerbittlich gewesen. Dicht und von heftigem Wind begleitet, hatte er tragische Folgen gezeitigt. Seit dreißig Jahren war kein so gewalltiger Regen über Luanda niedergegangen. In den Musseques und in vielen Vierteln am Stadtrand war seine Heftigkeit am stärksten zu spüren gewesen und hatte aufgrund der eklatanten Instabilität eines Großteils der dicht an dicht, aus schlechtem Material, mit zu dünnen Schutzmauern in einem Straßengewirr ohne Kanalisation errichteten Behausungen eine Spur aus Tod und immenser Zerstörung hinterlassen. In einem reißenden Strom hatte sich das Wasser durch den Drainagekanal gewälzt, der beim Nationalstadion Estádio da Cidadela seinen Anfang nimmt und der, nachdem er die Stadtteile Calemba und Cassequel durchquert hat, entlang dem Stadtteils Golfe verläuft, sich dann zwischen dem Häusergewirr des Elendsviertels Catintón verliert, um in der Siedlungsgegend von Talatona wieder aufzutauchen und schließlich bis in den Bezirk Benfica herunterzuführen. Es hatte auf seinem langen Weg brutal alles mit sich gerissen, was es vorfand: aus der Unvorsichtigkeit der Not heraus entlang des Kanals gebaute Behausungen, abgestellte Autos, allerlei Hausrat und sogar Menschen. In Benfica hatten fünf Kinder, zwei davon zu ein und derselben Familie gehörend, den Tod gefunden, nachdem die schlammigen Wassermassen sie erbarmungslos in den breiten Kanal gespült hatten. Gleich einem Heer auf der Flucht hatte die Strömung mit außerordentlicher Kraft die Brücke über der Avenida Dr. Pedro de Castro Vanduném „Loy“ im Südzipfel von Kilamba Kiaxi auseinandergerissen. Eine Frau war unter dieser Brücke vor den Augen einer ohnmächtig zuschauenden Menschenansammlung ertrunken, die dorthin gekommen war, um dem Schauspiel der ungestüm gegen die Brückentrümmer brandenden Wassermassen beizuwohnen. Ein junger Mann, der vergeblich versucht hatte, die Frau zu retten, war nur um Haaresbreite mit dem Leben davongekommen. Mit dem gleichen Furor hatte das Unwetter die Brücke über der Nationalstraße verwüstet, die Luanda mit Cacuaco verbindet, einem im Norden der Provinz der Hauptstadt gelegenen Agrar- und Industrieort mit einer Bevölkerung von zweihundertsiebentausend Einwohnern. In dessen Stadtteilen Dezassete de Setembro und Quatro de Fevereiro waren Hunderte Familien brutal aus dem Schutz ihrer Wohnhäuser gerissen worden und infolge von deren Zerstörung hilflos Wind und Wetter ausgesetzt gewesen. Im niedrig gelegenen Teil von Luanda, an der Avenida Quatro de Fevereiro, der atemberaubenden Straße entlang der Bucht, war das Wasser über die Uferbefestigung getreten, hatte die Promenade überschwemmt und sich über die geteerte Fahrbahn bis zum Fuß der Gebäude entlang der großzügigen Straße ergossen. An mehreren Stellen hatten sich Schlamm und Unrat in unerhörten Mengen gesammelt, und auf der Strecke zwischen dem Kreisel vom Morro da Luz und Corimba hatte sich auf der Rua da Samba ein gewaltiger Berg aus Sand, Schilf und Gerümpel aufgetürmt, der sie bis zum Ende des Tages für den Verkehr vollständig unbefahrbar machte. Aus unzähligen Gräben und Gullis strömten noch immer Fäkalien, sickerten allmählich in die Altwasserkanäle und machten eine große Epidemie absehbar. Die älteren und sogar einige der neuen Lichtmasten, alte Bäume und viele der protzig plumpen, von den Privatunternehmen eifrig über die Stadt verstreut aufgestellten Plakatwände, sie alle waren vom Druck des Windes umgeweht worden. Der Kreisel vor dem Internationalen Flughafen Quatro de Fevereiro im Stadtteil Maianga bot ein hohnglänzendes Aushängeschild, als wolle er sich über das Schicksal der Besucher lustig machen: Die Grünflächen, Bänke, Pflanzen und steinernen Wege waren fest im Griff des Wassers voller Unrat und Sand. Auf vielen anderen Plätzen, Kreiseln und Parks überall in der Stadt staute sich das todbringende Nass. Geschützt vom Durcheinander des Augenblicks, nahmen Diebstahl und Gewalt in einigen Vierteln am Stadtrand alarmierende Ausmaße an. Der Regen und seine quälenden Folgen hatten Übel neu entfacht, die seit langem in den Herzen der vielfach enttäuschten Einwohner Luandas ausgelöscht schienen. In einigen Gegenden der Hauptstadt war ein schockierendes Maß an Selbstjustiz zu verzeichnen. Im Stadtteil São Paulo im Bezirk Sambizanga hatte eine Familie einen jungen Mann bei dem Versuch überrascht, ihr Haus zu überfallen, und ihn verprügelt; als sie genug hatten und die Strafe für beendet erklärten, stellten sie fest, dass der Einbrecher tot war. Der Regen hatte faktisch einen erschreckenden Beweis für die Schwäche des Abwassernetzes und die Unzulänglichkeit der Wasserversorgungssystems Luandas erbracht. Das skandalöse Szenario der überfluteten Straßen und der schwülen, vom Gestank des aus den Containern geschwemmten Mülls geschwängerten Luft sollte sich noch lange und beharrlich überall halten, in den Stadtteilen Mártires de Kifangondo, Cassenda, Prenda, Cassequel, Buraco, Lourenço, Rocha Pinto und Maianga, in Palanca, Neves Bendinha, Vila Estoril, Camama, Havemos de Voltar und Golfe eins und zwei, in Kilamba Kiaxi, in Camuchiba und Coreia, in Kinanga, im Bezirk Samba, in den Vierteln Rangel, Terra Nova, Marçal, Preco und in der gesamten Gegend rings um den Markt der Kongolesen, in Rangel, Tala Hady, Cuca, Santo Rosa und in Hoji-Ya-Henda im Bezirk Cazenga. In den Stadtteilen Ngola Kiluange, Sambizanga und Bairro Operário im Bezirk Sambizanga war keine Straße dem Einbruch der Wassermassen entkommen, und fast keine war mehr mit dem Auto befahrbar. Selbst im solide erbauten Teil der Hauptstadt, in der Rua Comandante Bula und der Rua Soba Mandume im Stadtteil São Paulo und streckenweise auf der Marien Nguabi im Stadtteil Maianga, wie auch in der Rua Cónego Manuel das Neves im befestigten Teil von Sambizanga, wo das gesundheitsschädliche, übelriechende Wasser in Löchern stand, war der Verkehr mehrere Tage lang behindert. Aus dem Portugiesischen übersetzt von Barbara Mesquita 20.04.2012 |
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