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Florian Voß

In Flip-Flops nach Armageddon

Hölle. Ankunftshalle

Kritik
  Florian Voß
In Flip-Flops nach Armageddon
Gedichte
Verlagshaus J. Frank 2013


Ich habe sehnsuchtsvoll aber auch ein wenig ängstlich auf das Buch gewartet, die Texte kannte ich be­reits aus den Fahnen, aber ich war gespannt auf die Illu­stra­tionen, die noch nicht fertig waren, als der Verlag mir die Fahnen schickte.

Heute war das Buch im Postkasten (endlich) und ich war erstaunt. Nicht dass ich mir im Vor­feld eine genaue Vor­stel­lung hätte machen können von dem, was mich erwarten würde (Düsternis) und die sich jetzt bestä­tigte oder eben nicht, vielmehr war ich eben gespannt darauf, wie Marina Friedrich die düsteren Sujets in Voss' Texten visuell inter­pretieren würde. Welche Abstufungen von Schwarz es geben würde.

Es ist der Illustratorin gelungen, den Texten einen heiteren Anstrich zu verleihen, ohne den Vossschen Pessimismus zu verwischen. Also fast eine Quadratur des Kreises. Aber die machen den Humor sichtbar, der in diesen Texten steckt (inne­wohnt ist vielleicht der bessere Ausdruck, denn eigent­lich ver­steckt er sich nicht), und den man sich durch die Bitterkeit hindurch er­schließen muss. Im Mittel­bild drängt eine Menge wasser­köpfiger Gestalten in den Vordergrund, halb entschlossen halb frustriert und verschiebt dabei das Gefüge der Stadt, das ein totes ist (Mauern, Autos) das im Kosmos des Bandes gleichfalls das Welt­gefüge ist, und wenn es erwacht, bevölkern es Freaks. Neukölln als Zentrum und Hölle, wie jede deutsche Kleinstadt auch, das Zentrum Berlins, metro­polen­fern, das ein des­illusio­nierter Dante durch­streift.

Der Leser wird umsonst nach den Resten von Versöhnung sorgen, die Autoren sonst so gern im Rinnstein ansiedeln. An diesen Kanten rinnt Abfall.

Mit In Flip Flops nach Armageddon legt Florian Voß also seinen neuen Gedicht­band vor, den zweiten im Verlagshaus J. Frank. Und dieser Band ist bevölkert mit allem, was die zeitgenössische, medial gefilterte Hölle bevölkern könnte. Mir sind einige Verse aus Voss' in der Lyrik­edition erschienen Bänden noch im Kopf, Verse wie diese:

Dieser Verschossene Tag
der Himmel ist eine Palette
falsch gemischter Farben.

Naja immerhin Farben, wenn auch falsch gemischt. Immerhin geht der Weg dran vorbei wie an einem Ausweg aus dem Pessi­mismus. Aber was in vergangenen Bänden nur Anstrich war, gibt in diesem eine mani­feste Kulisse. Wird beweglich dann und Raum für einen furiosen Dante­ismus. Allerdings einen, der ohne Himmel auskommt, dessen Heerscharen als Ver­sehrte in die Hölle eingegangen sind, oder sie hat sich ausge­breitet zur Allgegen­wart.

Und wir standen in der Hölle
das war die Fußgängerzone der Stadt Kassel.

In seinem neuen Band hat Florian Voss sich also neu aufgestellt. Das heißt nicht, dass er seinen Pessimismus über­wun­den hätte, sondern er hat ihn vielmehr per­fektio­niert, aus seinem Pessi­mis­mus eine Welt gebaut. Ähn­lich dem Sphären­modell Dantes, durch das der Re­naissance­dich­ter seinen Helden stolpern ließ, hat Voss in seine Höllen­studio als Berliner Republik nach­gebaut, nur eben jenen Himmel hat er weg­gelas­sen. Und er begegnet dem Ver­sehrten, Kranken, Todgeweihten.

Engel mit Krebsgeschwüren unter den Augen
und Stammes-Tätowierungen auf den Flügeln

Aber als gelernte Dialektiker können wir darin die Zuversicht erkennen. (Der Autor möge mir diesen versöhnlichen Schluss nachsehen.)

 

Jan Kuhlbrodt    21.09.2013   

 

 
Jan Kuhlbrodt
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