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Elke Erbs
Poetics  30  


Übersetzt werden

Wenn ich übersetzt werden soll, gehe ich die Gedichte durch, um die es sich dabei handelt, und suche nach Wörtern, von denen ich vermute, daß sie in der fremden Sprache Schwierig­kei­ten bereiten. Jetzt habe ich das mit sehr vielen Gedichten getan. Die fremde Sprache ist Slovenisch.

Allgemein glaube ich zu bemerken, daß ich mehr als früher ins Innere des Deutschen einge­drungen bin, weiter fällt mir auf eine besondere Tendenz, so kleine Wörter wie doch und noch in entschei­dende Posi­tionen zu versetzen, in Konku­rrenz sozu­sagen zu den Großkopferten Substantiv & Verb (Groß­kopfer­ter – hoch­ge­stellte, einfluß­reiche Person. – ein solches Wort halte ich allerdings wegen ver­gammelter Lau­tung nicht für poesiefähig und würde es ohne­hin einer Über­setzung nicht zumuten. Wie dieses haben fast alle Wörter, die ich nach­schlage nur 2 Gebräuc­hlich­keits­punkte von 5 mög­lichen.) Neu sind auch häufig Inter­jektionen (ach? aha! ahso? tja!) in aus­schlag­geben­der Aktion.
Mit Fremd­wörtern bin ich vorsichtig, ich möchte ver­standen werden und nicht zum Nach­schlagen nötigen. Möchte auch nicht, daß meine deutschen Wörter auf der Partner-Seite als Fremd­wörter erscheinen (das ist wohl der leichteste Tausch!). Sonst dulde ich keine Be­schrän­kun­gen, tue alles, um alte Wörter zu erläu­tern oder den Eigenbau von Wörtern detail­liert zu ver­mitteln.

Ich wurde aber zu diesem Poetics-Text, nicht diesen Themen gereizt (grund­sätz­lich suche ich die poeto­logischen The­men nicht, sondern lasse sie mir begegnen). Es ent­steht trotz­dem kein Kessel Buntes – statt einer „Theo­rie“ – man kann sich schon auf den Zusammen­hang seiner Inter­essen ver­lassen.

Was mir also jetzt poetologisch ergiebig vorkam, ist dreierlei:

Das Erste kommt daher, daß mir Sven Märkisch aus Halle beigebracht hat, mit den Wörter­büchern im Internet umzu­gehen (sage ihm Dank). Andere wissen so etwas natürlich schon ewig – ich aber gebe mir gern eine Blöße.
PONS Deutsch Slowe­nisch. Suche deinen Text durch und schreibe alle slo­we­nischen Even­tuali­täten auf. Dann umgekehrt: Frage, was die slo­we­nischen Wörter auf Deutsch heißen. Tja! Man hat die Chance, auf eine prin­zi­piell völlig andere geis­tige Ein­rich­tung zu treffen, und hat man sich im Eigenen einge­richtet, kann einem das aus der Seß­haftig­keit helfen! Mit dem Buch-Wörter­buch bekam man nicht solche Quan­titä­ten in kurzer Zeit zu­sammen.
Außerdem hatte man nicht den Umgang, wenn man selbst übersetzte.

Das Zweite: es kann geschehen, daß du den Text ver­besserst, weil du dein Wort von der Partner-Seite nicht bekommst. Das ist dann natürlich ein Ge­winn, der über die zu erwar­tenden Ein­bußen mehr als tröstet!
Ich hatte unter dem Titel „Heim“! einen frühjahrskalten Stall mit einem neu­ge­borenen Zick­lein scharf durch­gezeich­net (irgend­wann hof­fent­lich lasse ich diese Angriffe auf das „Heim“!). Im Kommen­tar zum Titel kon­tras­tierte ich den Stall mit der „Gebor­gen­heit des Heims, des Zu­hause“, aber – jessesmárija & juseff: sie haben für Gebor­gen­heit nur „Sicher­heit“, grausam! Da wird einem ganz kalt, nicht? Dann suchte ich und – fand das Wort mütterlich: das Mütter­liche des Heims. Runter vom Üblichen. Etwas Neues! Viel besser! (Übrigens Mütter­lich­keit hat PONS auch nicht – bei 300 000 Stichworten).

Drittens: Zum Wort „Kommentar“ aus den Hilfen für die Übersetzung hat sich ein viel weiter führender Kommen­tar ent­wickelt. Ich gehe dem Weg des gesamten Texts nach, man schreibt ja intui­tiv, ganz­heitlich (und komplex) gebunden. Dem von Schritt zu Schritt nach­zu­gehen, ist auf­regend! Ich meine, daß das auch den Vor­zug hat, die Über­set­zen­den auf die eigene Seite zu ziehen. Es sind Er­kenntnis-Gänge.

Zu dem Gedicht „Heim“! habe ich eben erst deutlich unterschieden: Ich habe mit der Situation des Zickleins nicht die des Menschen ge­geben, sondern bin über diese hinaus – vom Men­schen her – zu dem Zicklein gegangen. Das nennt man Miß­brauch vermieden!
Elke Erb   21.04.2014   

 

 
Elke Erb
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