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Banana Yoshimoto

Federkleid

Selbsterkenntnis auf japanisch

Banana Yoshimoto | Federkleid
Banana Yoshimoto
Federkleid
Roman
Aus dem Japanischen
von Thomas Eggenberg
Diogenes, Zürich 2007
 
Auf der anderen Seite des Erdballs gibt es einen schreibenden Superstar, der im Gegensatz zu unseren deutschen Kassenschlagern tatsächlich Literatur produziert: Banana Yoshimoto. Ihre Bücher verkaufen sich in ungewöhnlich hohen Auflagen, die Verfilmung ihres Romans Kitchen wurde zu einem Kultfilm für eine ganze Generation. Sie ist eine Art japanischer Paulo Coelho, wenn auch auf einem ungleich höheren Niveau als der brasilianische Jakobswegpilgerer. Sowohl Yoshimoto als auch Coelho lassen esoterische Elemente in eine Handlung einfließen, die als Selbstfindung oder Sinnsuche bezeichnet werden kann; schreiben also über die immer gleichen Themen auf eine Art und Weise, aus der nicht unbedingt Literatur resultieren muss. Yoshimoto aber gelingt es auf eine leichtfüßige Art doch, vorhersehbare Handlungsstränge und zum Teil einfache Selbsterkenntnisse zu einer besonderen Art Literatur zu verdichten.

In ihrem neuen Roman Federkleid beschreibt Yoshimoto auf ihre bekannte Weise eine ebenso bekannte Geschichte: den Trennungsprozess nach einer langen Beziehung. Die 26-jährige Hotaru wird völlig unerwartet von ihrem Geliebten verlassen. Acht Jahre lang hat sie ihr Leben nach ihm, seiner Arbeit, seiner Freizeit, seinen Vorlieben gerichtet, und erst nach der Trennung bemerkt sie, wie wenig lebensfähig sie ohne ihn ist. Verzweifelt kehrt sie in ihr Heimatdorf zurück, weint wochenlang, lässt sich von Kaffee und Cheesecake ihrer Großmutter trösten, trifft sich mit einer alten Bekannten und lernt einen Mann kennen, der eine illegale Nudelsuppenküche unterhält. All diese Begegnungen geben Hotaru neue Kraft und umhüllen sie „wie ein warmes, weiches Federkleid“. Eine neue Geburt vollzieht sich für Hotaru, ein neues Leben beginnt.

Dass dieser Plot nicht beliebig, das Buch nicht altbekannt wirkt, liegt an eben jener einzigartigen Schreibweise von Yoshimoto. Da gibt es eine Frau, die jahrelang eine Beziehung zu einem in einem Baum inkarnierten Selbstmörder führte; es gibt „die gute Seele vom Busbahnhof“, die sich die Sorgen aller Reisenden anhört und ausgerissenen Jugendlichen sanft den Weg zurück zum Elternhaus weist; es gibt einen Handschuhtraum, der in der Realität stattgefunden hat und Hotaru einst das Leben rettete. Diese übersinnlichen Elemente werden gemischt mit teilweise banalen Weisheiten, die aber nie deplatziert wirken: „Aber ich wußte, wirklich kostbar war nicht der Gegenstand selbst, sondern das, was sich in ihm verbarg“, heißt es etwa an einer Stelle, oder: „Doch wieder wurde mir bewußt, daß alles in dieser Welt noch durch etwas viel, viel Größeres verbunden war.“ Durch etwas ähnlich Großes – den Sprachduktus, die Themen, die Charaktere – sind auch Yoshimotos Romane und Erzählungen verbunden, ohne dabei austauschbar zu sein. Federkleid steht ebenso wie alle anderen Romane für sich und fügt sich gleichzeitig in seiner Einfachheit und Übersinnlichkeit in die Reihe von Yoshimotos bisherigen Büchern ein.

Banana Yoshimoto, eigentlich Mahoko Yoshimoto, geboren 1964, lebt in Tokio. In ihrer Heimat ist sie mit ihren Büchern zum Jugendidol avanciert. Sie erhielt zahlreiche Literaturpreise.

Banana Yoshimoto | Website (engl.)
Banana Yoshimoto | Diogenes

Katharina Bendixen   04.07.2007

Katharina Bendixen
Prosa
Reportage
Gespräch