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Marcelo Figueras – Kamtschatka
Roman | Nagel & Kimche 2006
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Katharina Bendixen 19.10.2006 |
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Versteck an einem geheimen Ort
Ein zehnjähriger Junge und die argentinische Militärdiktatur von 1976 – ein weiteres Mal werden in dieser literarischen Saison gewaltige politische Ereignisse aus der Perspektive eines Kindes beschrieben. Kamtschatka von Marcelo Figueras ist jedoch ein besonderes Beispiel für dieses fiktive Spiel mit der kindlichen Sicht.
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Jón Kalman Stefánsson – Verschiedenes über Riesenkiefern und die Zeit
Roman | Reclam Leipzig 2006
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Katharina Bendixen 16.10.2006 |
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Es scheint ein neues literarisches Rezept zu geben: Man nehme einen naiven, etwas altklugen acht- bis zwölfjährigen Jungen und kombiniere ihn mit großen geschichtlichen Ereignissen: zum Beispiel den Terror-Anschlägen des 11. September – heraus kommt Jonathan Safran Foers Extrem laut und unglaublich nah – oder mit dem Bosnischen Bürgerkrieg – es entsteht Saša Stanišics Wie der Soldat das Grammofon repariert. Als zweite Zutat eignet sich aber auch ein einfacher norwegischer Sommer in den siebziger Jahren, wie in Jón Kalman Stefánssons Roman Verschiedenes über Riesenkiefern und die Zeit.
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Nico Bleutge – Klare Konturen
Gedichte | C.H. Beck 2006
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Norbert Lange 14.10.2006 |
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Schon der Titel ist programmatisch. Sinngedichte sind es, inszenierte Fotografien und Sehmaschinen, wie uns das Vokabular der Gedichte wissen lässt. Von Schichten geht die Rede aus, von Bildrändern, in die immer etwas hineingreift oder herausragt. Man denke an den Bildsucher einer Kamera, die vor einer Landschaft verschoben wird: Landschaftskomponenten werden vom Rand her sichtbar, verschwinden zur anderen Seite hin.
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Thomas Glavinic – Die Arbeit der Nacht
Roman | Hanser 2006
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Katharina Bendixen 10.10.2006 |
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Kafkaesk-misanthropischer Traum
Den Alptraum jedes Philanthropen, den Wunschtraum jedes Misanthropen verarbeitet Thomas Glavinic in seinem Roman Die Arbeit der Nacht: Jonas erwacht eines Morgens im sommerlichen Wien und stellt fest, dass alle Menschen verschwunden sind. Zunächst ist er nur irritiert, dass die Zeitung nicht vor der Tür liegt, dass Fernseher, Radio und Internet nicht funktionieren und dass seine Freundin Marie nicht an ihr Handy geht.
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Gabriele Weingartner – Fräulein Schnitzler
Roman | Haymon Verlag 2006
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Dorothea Gilde 05.10.2006 |
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Tot in Venedig
Der Tod in Venedig – ein Männer- oder Venedigbuch? Wäre es vorstellbar, dass Thomas Manns Novelle auf diese Art und Weise abgestempelt würde? Wohl kaum. Fräulein Schnitzler hingegen, Gabriele Weingartners neuester Roman, wurde bei einer Lesung als Frauenroman und Venedigbuch vorgestellt. Vielleicht, weil eine Frau ihn geschrieben hat? Kann sein. Gabriele Weingartner ist schließlich eine bekannte Autorin. Ihre anspruchsvolle Prosa aber sprengt eindeutig den Rahmen solch umstrittener Kategorisierung.
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Ulla Hahn – Liebesarten
Erzählungen | DVA 2006
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Dorothea Gilde 03.10.2006 |
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Antike aus Polyester
In diesem Frühling erschien der Essayband Dichter in der Welt. In dessen Vorwort vertraut uns seine Autorin Ulla Hahn an, dass sie bisher einen einzigen Verriss geschrieben hätte, was ihr immer noch leid tue. Wenn sie ein Buch nicht schätzen könne, schicke sie es an den Auftraggeber zurück. Klingt suggestiv. Wollte ich mich daran halten, müsste ich die druckfrischen Liebesarten rückfrankiert zur Post bringen.
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Morten Ramsland – Hundsköpfe
Roman | Schöffling & Co 2006
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Katharina Bendixen 15.09.2006 |
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Familie kubistisch
Hundsköpfe lauern im Keller und erschrecken Asger. Hundsköpfe muss Asger zeichnen, um endlich über dieses Kindheitstrauma hinwegzukommen. Hundsköpfe ist ein norwegisch-dänischer Familienroman des dänischen Schriftstellers Morten Ramsland, dessen einzelne Episoden und Verzweigungen einfallsreich erdacht und kunstvoll miteinander verwoben sind.
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Kritik 48
Kritiken zu Gedichten, Romanen und Erzählungen
Ich habe ja damals wirklich unmittelbar nach dem Tod Ernst Jandls an diesem Requiem zu schreiben begonnen, ich musste es tun, ich hatte ja sonst nichts mehr, überhaupt nichts mehr, alles war ja verlorengegangen, also fing ich wie verrückt zu schreiben an, das Schreiben als einziges Überlebensmittel
Friederike Mayröcker im poet-Gespräch
Kritiken zu Gedichten, Romanen und Erzählungen
Ich sehe mich nicht in erster Linie als Autor oder Schriftsteller. Diese Bezeichnung ist mir fremd. Ich habe etwas ge�schrie�ben, und das ist publiziert worden, aber dieses umfassende Gefühl, dass ich Schriftsteller sei, fehlt mir. Wenn man schreibt, dann wird man eben so bezeichnet, doch es bedeutet wenig.
Christoph Wilhelm Aigner im poet-Gespräch
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