Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Alokeranjan Dasgupta
(Kalkutta 1933 – Leutershausen/Bergstr. 2020)
Die Füße der Luft
Filigran ist heute in der Luft
nicht mehr schlicht wie früher
gerade pfiff sie noch
jetzt tanzt sie Birju-haft
seht euch ihre Fußarbeit an
irgendwann am Anfang des Schauspiels deutete
der weise Bharata des Tänzers Körpersprache
dann verging eine lange Zeit
niemand trägt das Amulett am Arm
auf den Füßen muß man sein
zuerst knie nieder dich in diesen Hof
die Luft weiht dich schon ein –
meisterst du die schwere
Atemtechnik leicht
mußt du von der Bühne ins Leben treten
Aus dem Bengalischen übersetzt von Hans Harder. Aus: Die mystische Säge.
Hg. und übersetzt von Hans Harder und Christian Weiss. Bonner Siva Serie 1999.
»Dasguptas Lyrik hat sich nicht in einen Winkel verzogen, sie steht mitten im Leben und findet ihre Position beständig aufs Neue.«
Hans Harder
Alokeranjan Dasgupta wurde 1933 in Kalkutta geboren und gilt als einer der wichtigsten Lyriker der bengalischen Sprache. Er studierte in seiner Geburtsstadt und lehrte später unter anderem als Gastprofessor am Südasien-Institut der Universität Heidelberg. Nach dem viel beachteten Gedichtband Joubanbaul (Wandersänger der Jugend), der 1959 erschien, folgten mehr als 30 weitere auf Bengali verfasste Lyrikbände. Außerdem veröffentlichte er literaturwissenschaftliche Abhandlungen und übersetzte Werke deutschsprachiger Autoren ins Bengalische sowie Werke bengalischer Dichter ins Deutsche. Alokeranjan Dasgupta starb im November 2020 in Leutershausen an der Bergstraße im Alter von 87 Jahren.
03.12.2020