Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Henri Deluy
(Marseille 1931 – ebenda 2021)
Die Dekoration und den Lyrismus meiden,
Den Lyrismus und die reine Dekoration meiden,
Die Dekopration und den reinen Lyrismus.
Auf eine stärker verdichtete Örtlichkeit hinzielen,
Weniger eloquent, stärker analytisch. Weniger
Konventionen, selbst wenn sie recherchiert sind. Mehr
Beläufiges, Annäherung. Weniger Formeln,
Mehr Beobachtungen.
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Nicht sein Leben erzählen.
Deutsch von Ursula Krechel. Aus: Gregor Laschen (Hg.) Der Finger Hölderlins.
Poesie aus Frankreich. edition die horen, Bremerhaven 1996.
»Zu sagen, ein Dichter schreibt, was er will, das stimmt nicht. Er schreibt, was er kann. Aber er schreibt es mit dem, was er ist.«
»Er war von Poesie erfüllt, obwohl er dieses Wort nicht sehr mochte, denn er hoffte, das Gedicht aus der Poesie lösen zu können, zur Erweiterung des Geländes. Er war erfüllt von der Poesie der Anderen.«
Patrick Beurard-Valdoye
Henri Deluy wurde 1931 in Marseille geboren und begann als Jugendlicher zu schreiben, wobei er in Blaise Cendrars einen frühen Förderer fand. Er arbeitete für die Literaturzeitschrift Cahiers du Sud und nach seinem Studium als Journalist bei La Marseillaise. Später gründete er das Poesiefestival Biennale internationale des poètes in Val-de-Marne. Mehr als 50 Jahre lang leitete er die Zeitschrift action poétique, die als wichtiger Treffpunkt der französischen und internationalen Lyrik galt. In seiner Dichtung lassen sich Einflüsse befreundeter Dichter wie André Breton oder Benjamin Peret finden sowie von osteuropäischen Autoren und russischen Futuristen. Henri Deluy starb im Alter von neunzig Jahren im Juli 2021 in Marseille.
26.08.2021