Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Mourid Barghouti
(Deir Ghassana/Ramallah 1944 – Amman 2021)
ins herz
planeten im universum
die erde einer der planeten
auf der erde kontinente
asien einer der kontinente
länder in asien
palästina eines der länder
in palästina städte
in den städten straßen
auf den straßen eine demonstration
auf der demonstration ein junger mann
in seiner brust ein herz
in seinem herzen eine kugel
(April 1982)
Übersetzt von Mahmoud Hassanein und Hans Thill
Aus: Mourid Barghouti: Die Diaspora nimmt kein Ende. Dar Al-Kalima: Beirut, 1987
»Jedes Mal wenn sie sagen, der ist am Ende, überrasche ich sie mit einem Neuanfang.«
Mourid Barghouti, geboren 1944 in Deir Ghassana in der Nähe von Ramallah, hat die Schule im Westjordanland besucht. Nach Abschluss des Anglistik-Studiums 1967 in Kairo wurde ihm die Rückkehr durch israelische Besatzung verweigert. Sein erster Gedichtband erschien 1972 unter dem Titel Sintflut und Regenesis. Weitere 11 Gedichtbände folgten im arabischen und europäischen Exil. Sein autobiographischer Roman Ich sah Ramallah erschien 1997 in Kairo und wurde mit der Naguib Mahfouz Medal for Literature ausgezeichnet. Er starb im Februar 2021.
Dank an Mahmoud Hassanein
24.07.2021