poetenladen
■  Portal   ■  Verlag   ■  Magazin
HOME
     

 poetenladen    poet    verlag

Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner lite­rarischer Gedenks­teine in Form eines Gedichtes jüngst ver­stor­bener Dichter, über­wiegend fremd­sprachiger, aber auch deutsch­sprachiger. Aus­gangs­punkt sind unter ande­rem aktuelle Todes­mel­dungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.

Liste der Stelen   ↓

 

Keith Waldrop
(Emporia/Kansas 1932 – Providence/Rhode Island 2023)


schrumpfende galerien
zu alt fürs
sehen muss ich
auf träume setzen

besondere wolken-
formen

(körper umgeben von
körper)

jede empfindung birgt
einen traum

fresco
statuette

skulptur in
basrelief

(motor mit nimbus
gedachtes blau)

riss im
raum der logik

(wildnis oder
brache)

wir haben gelebt
auf der leiter zum

fenster eines
zimmers verloren ist
der schlüssel

(wörter verloren
in der musik)

Aus: Selected Poems. Omnidawn Publishing, Richmond 2016.
Copyright © 2016 by Keith Waldrop. Übersetzt von Hans Thill.

 

»Mit seinem ruhigen, präzisen Sinn für Modulation und seinem unbestechlichen Blick bleibt Waldrop eine der vitalen und notwendigen, nahezu geheimen Grössen in der amerikanischen Literatur.«
Michael Palmer

 

Bernard Keith Waldrop wurde 1932 in Emporia, Kansas, geboren und lernte 1954 bei seiner Stationierung in Deutschland in Kitzingen seine spätere Frau kennen, die deutsch-amerikanische Dichterin Rosmarie Sebald. Zurück in Amerika studierte er in Michigan und promovierte in Literaturwissenschaft. Es folgte eine Lehrtätigkeit an der University of Michigan neben seiner Arbeit als Dichter und Übersetzer. Zugleich engagierte er sich verlegerisch und gründete mit seiner Frau den Independent-Verlag Burning Deck. 2009 erhielt er den National Book Award für seinen Gedichtband Transcendental Studies. Keith Waldrop starb neunzigjährig im Juli 2023 in Providence, Rhode Island.