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Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner lite­rarischer Gedenks­teine in Form eines Gedichtes jüngst ver­stor­bener Dichter, über­wiegend fremd­sprachiger, aber auch deutsch­sprachiger. Aus­gangs­punkt sind unter ande­rem aktuelle Todes­mel­dungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.

Liste der Stelen   ↓

 

Breyten Breytenbach
(Bonnievale 1939 – Paris 2024)


In einem brennenden Meer

wie oft waren wir in Kühle eingehüllt, am Boden
der Geruch von Terpentin und Feuer
die Leinwand war in unseren leeren Augen weiß
die Nacht gleichgültig
der Mond ein Lachen irgendwo da draußen
das man nicht mehr sehen konnte
Tage zersetzen sich wie Jahreszeiten, hinter Scheiben
Regenblätter, Antlitz, eine Wolke, dies Gedicht
ich wollte meinen Abdruck auf dir hinterlassen
dich brandzeichnen mit der glühenden Stunde
des Alleinseins
kein Feuer singt so rein
wie die Silberasche deiner Glieder
dein melancholischer Körper
ich wollte diese Trauer von dir nehmen
um dich zu enthüllen
wie eine Stadt, die sich
in leuchtender Landschaft öffnet
voller Tauben und den Flammen der Bäume
und Silberkrähen, die man auch nicht sehen kann
und der Mond ein Mund, den man entzünden kann
dann wünschte ich, du könntest lachen
und dein bitterer Körper
meine Hände aus Glas an deinen Hüften
dein Atem ein so dumpf-dunkler Schmerz
eine Klinge in meinen Ohren
wie oft waren wir hier schon verloren
wo sich nur die Silberschatten regen
durch dich allein musste ich mich verleugnen
durch dich allein wusste ich, dass ich ohne Hafen war
in einem brennenden Meer

Aus dem Englischen von Uljana Wolf ( lyrikline.de )

 

»Ich möchte ein Dichter der Grenze sein, auf der der Mensch die Augen aufschlägt und im Anbruchsbruchteil einer Sekunde alles hört, alles sieht, alles riecht, alles weiß, alles versteht, alles behält und alles vergißt – noch voller Finsternis (wie ein Mädchen vor seiner ersten Blüte), aber schon die Sonne auf der Netzhaut fühlend. Wenn dieses Ich die Wahl hätte.«
Breyten Breytenbach

 

Breyten Breytenbach wurde 1939 in Bonnievale (Südafrika) geboren, studierte in Kapstadt Kunst und Literatur und wirkte als Autor, Maler und Anti-Apartheid-Aktivist. Seine literarischen Werke setzen sich mit den politischen und sozialen Themen seiner Heimat, insbesondere der Apartheid, auseinander. Er verließ Südafrika 1959 und war 1962 in Paris an der Gründung der Widerstandsorganisation Okhela beteiligt. Neben Romanen und Theaterstücken verfasste er zahlreiche Gedichtbände und wurde zu einer der bedeutendsten dichterischen Stimmen Südafrikas. Breyten Breytenbach starb im Alter von 85 Jahren im November 2024 in Paris.