Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer Gedenksteine in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
(Alameda 1941 – Berkely 2024)
Es ist des Autors Sache
zu sorgen für das hohle Grün
und gelbe Leben
menschlichen Ichs
Es regnet gesorgt für Regnen
bevor ich wusste zu tippen
entlang der Ränder die als
gefragt was wir teilen
mit der Natur zur Antwort gaben Gelegenheit
und Grad
Leser praktischer Hilfe
Bewohnen sie demnach
Und Gegenwehr ist akkurat – sie
schwingt und nimmt auf an Fahrt
Worte von den Steinen
Richtung Auge ausgesandt
Stäubchen, Teile, Genera, Bilder prallen aneinander
Da sind Hohlräume
Nicht imperfekt ist es
gestorben zu sein.
Deutsch von Norbert Lange und Sonja vom Brocke. Aus: The Cell, 1992.
»Lyn war experimentell, nicht in dem Sinne, dass ihre Arbeit streng oder besonders schwer zugänglich wäre, sondern weil sie mit der Form spielt und die Grenzen des Genres überschreitet. Sie enthält Schnipsel von Erzählungen, philosophische Meditationen und Whitman-artige Kataloge in einer einzigartigen und fesselnden Kombination, die auf eine Welt ohne Grenzen hinweist.«
Rae Armantrout
Lyn Hejinian wurde 1941 in der Bay Area (Kalifornien) geboren und studierte an der Harvard Universität. In den 70er Jahren gründete sie den Verlag Tuumba Press. Gemeinsam mit Barrett Watten gab sie später die einflussreiche Literaturzeitschrift Poetics Journal heraus, die die Avantgarde der Bay Area versammelte und zum wichtigen Medium für Literaten und Literaturtheoretiker wurde. Heute ist sie unter dem Label l=a=n=g=u=a=g=e poetry bekannt. Lyn Hejinian war Autorin zahlreicher Gedichtbände, so unter anderem der Sammlung My Life (1980), die einen festen Platz in der zeitgenössischen amerikanischen Literatur einnimmt. Seit 2001 lehrte sie als Professorin an der University of California in Berkeley. Lyn Hejinian starb am 24. Februar 2024 im Alter von 82 Jahren.