Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer Gedenksteine in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
(Redhill/Surrey 1929 – Knodishall/Suffolk 2023)
In einem immer anderen Land
Beginne weit entfernt,
in einem immer anderen Land,
wo man vergessene Orte
sich selber überlässt.
Fang noch mal von vorne an,
diesmal im Café,
die Tasse Kaffee auf dem Tisch,
dann fliegt ein Ziegel durch die Scheibe.
Oder beginne auf der Straße,
wo ein Truck vorbeifährt voller Stehender,
die nach vorne starren.
Wo wollen sie hin?
Niemand stellt die Frage
und niemand wagt eine Antwort.
Inzwischen blühen Bäume,
die Glasscherben sind weggefegt,
kein Truck in Sicht.
Denk nicht weiter.
Fang einfach noch mal an,
betritt das Café, bestelle einen Kaffee.
Wann hörst du auf zu weinen?
Übersetzt von Ron Winkler.
»Mystisch in ihren Ursprüngen, religiös in ihren Bestrebungen, psalmodisch in ihrer Schärfe und Prägnanz, verweist die Poesie (Anne Beresfords) auf ihre Reflexivität in Beschaffenheit und Verortung von allem, was sie umgibt: keine solipsistische Übung, sondern eine gebannte, nach außen gerichtete Leidenschaft, hingebungsvoll in ihren Zuschreibungen, bescheiden in ihren Mitteln, unerbittlich in ihren Schlussfolgerungen.«
Anne Beresford, geboren am 10. September 1929, studierte Schauspiel und Musik in London. Sie arbeitete als Schauspielerin und beim Rundfunk, als Theaterpädagogin und als Lehrerin beim Poetry Workshop im Londoner Cockpit Theatre. Sie lebte viele Jahre mit Michael Hamburger (verheiratet seit 1951) in Middleton/Suffolk. Zuletzt erschienen von ihr Collected Poems 1967-2006. Anne Beresford verstarb am 14. Juli 2023.
Dank an Ron Winkler.