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Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner lite­rarischer Gedenks­teine in Form eines Gedichtes jüngst ver­stor­bener Dichter, über­wiegend fremd­sprachiger, aber auch deutsch­sprachiger. Aus­gangs­punkt sind unter ande­rem aktuelle Todes­mel­dungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.

Liste der Stelen   ↓

 

Anise Koltz
(Eich/L 1928 – Luxemburg 2023)

Täglich esse ich
meinen Vater und meine Mutter
mit warmem Brot

Ihre Haarbüschel
spucke ich aus

Deutsch von Hans Thill. Aus: Somnambule du jour. Poèmes choisis. Gallimard, Paris 2016.

 

»Anise Koltz ist eine Herausforderung für uns: durch ihre Ungeduld, und ein Werk, hervorgebracht unter Hochspannung, aus Rast- und Ruhelosigkeit.«
Michèle Finck

 

Anise Koltz, geboren als Lucie Anne Blanpain 1928 in Luxemburg-Eich, war luxemburgische Schriftstellerin, die zunächst auf Deutsch schrieb. So veröffentlichte sie zwischen 1953 und 1973 mehrere Gedichtbände (Spuren nach innen, Steine und Vögel und Den Tag vergraben) sowie Erzählungen in deutscher Sprache. Mit dem Tod ihres Mannes, der an den Spätfolgen der Misshandlungen im Zweiten Weltkrieg starb, wandte sie sich vom Deutschen ab und machte Französisch zu ihrer Literatursprache. Es folgten zahlreiche Gedichtbände sowie Veröffentlichungen in französischen Zeitschriften. 2018 wurde sie mit dem Goncourt de la poésie ausgezeichnet. Anise Koltz starb im März 2023 im Alter von 94 Jahren in ihrer Geburtsstadt Luxemburg.