Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer Gedenksteine in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
(Gelenau 1951 – Dresden 2024)
JA. DOCH VIELLEICHT sollte man gehen. Jetzt.
Den Hut nehmen, ab.
Einige Jahre allein zur Regeneration
von sich selbst, ohne Spiegel.
Bis die Wogen geglättet, wenigstens du selbst wieder
glaubst, ein toller Typ zu sein. Was du auch bist
für die nächsten Stunden ohne Begegnung.
Ja. Du solltest gehen. Abhaun. Leine ziehn.
Falls dir gar nichts einfällt, schwimm rüber
nach Neuengland: dort warten sie
auf solche wie dich
Aus: Jäger Gejagte, Poetenladen, Leipzig 2013
»Man könnte Uwe Hübner wie kaum einen anderen der zeitgenössischen Dichter als Chronist der Brüche in der Nachwendezeit bezeichnen, der Um- und Neubewertungen, -deutungen, Anpassungsleistungen, Abschleifungsprozesse und der Sinnentleerung. Als einen, der dies mit hintergründigem Humor pariert, einer Bissigkeit zuweilen als adäquate dichterische Reaktion, die sich wie eine Abrechnung mit dem Zeitgeist liest.«
Jayne-Ann Igel
Uwe Hübner, 1951 in Gelenau im Erzgebirge geboren, lebte und arbeitete bis zuletzt in Dresden und von 1979 bis 1981 in Berlin, wo er auch mit Künstlerinnen und Künstlern des Prenzlauer Berg in Berührung kam, zugleich jedoch als Autor von Gedichten, Prosa, Essays und Stücken. Zu Lebzeiten erschienen neben Beiträgen in Anthologien und Zeitschriften die Bände Pinscher und Promenade (1993, Galrev), Löchrige Deckschicht (Künstlerbuch mit Holzschnitten von Volker Mehner, 2003), sowie Jäger Gejagte (Reihe Neue Lyrik, Poetenladen 2013). Uwe Hübner starb im Juni 2024 in Dresden.