Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Amiri Baraka
(Newark 1934 – Newark 2014)
Vorspruch zu einem zwanzigbändigen Selbstmordnotat
Spät genug habe ich mich daran gewöhnt
Wie die Erde sich öffnet und mich umarmt
Jedes Mal wenn ich den Hund ausführe.
Oder die grob karierte dumme Musik die der Wind
Macht wenn ich schnell den Bus noch erreichen möchte
Soweit ist es gekommen
Und jetzt zähle ich jede Nacht die Sterne
Und jede Nacht ist es dieselbe Zahl
Und wenn sie nicht mehr kommen, um gezählt zu werden,
werde ich die Löcher zählen, die sie hinterlassen
Niemand singt mehr
Und dann schlich ich letzte Nacht
Zu meiner Tochter hinauf und hörte sie
Reden mit jemand, und als ich
Die Tür öffnete, war da niemand …
Nur sie auf den Knien, mit flüchtigem
Blick die Hände ringend
Gefunden auf rooknet.com und poets.org; übersetzt von Hans Thill.
»Kritiker denunzierten ihn als clownesk, homophob, antisemitisch, einen Demagogen. Andere nannten ihn ein Genie, einen Propheten, den Malcolm X der Literatur. Eldridge Cleaver begrüsste in ihm den als Barden der ›funky facts‹.« James Campbell
Amiri Baraka wurde in Newark (New Jersey) geboren, studierte Philosophie und Religionswissenschaften und war als Lyriker, Dramatiker, Musikkritiker und Prosaautor (Romane, Kurzgeschichten) tätig. Nicht zuletzt als Intellektueller der Bürgersrechtsbewegung in den USA und als Gründer des Black Art Movements wurde er weithin bekannt. Zeilen aus seiner Lyrik wurden zum Slogan der US-Subkultur und in Graffitis zitiert. Amiri Baraka starb im Alter von 79 Jahren am 9. Januar 2014 in Newark.
16.01.2014