Antoine Emaz
(Paris 1955 – Angers 2019)
angst 2 (kurzer auszug)
nichts klares
alte erinnerungen gehen
und vergehen als schleife
wie kleine wweiche massen
ohne farben oder konturen
das warten zieht sich in die länge nach dem nichts die zeit
vergeht langsam minute für minute
löst sich auf verschwindet
man ist hier
in einer pfütze aus nichts ein gelee
und das herz
müht sich das blut zu pumpen
den körper warm zu halten
man steigt in die leere hinab man fliesst
in die weichheit des tages
immer weniger weniger halt
anhaltspunkte
die wörter werden flecken
vogelskelette
das auge verschmiert
man schläft nicht man wartet
auf das ende dieses langsamen sturzes
eine ende muß es ja wohl geben
dass ein aufprall geschieht
Übersetzt von Hans Thill. Aus Animal Heft 14/15. retour | remue.net
»Das Gedicht ist nicht der Ort des Denkens. Man denkt zuvor oder danach, über oder im Umkreis des Gedichts. Das Gedicht ist körperliche, sprachliche und Erinnerungs-Arbeit. Was den Kopf auf der Suche nach dem Gedicht anleitet, ist eine Kraft jenseits der Wörter. Hier hat das Denken keinen Platz.«
»Man schreibt nicht, um schön zu tun, man schreibt, um atmen zu können.«
Antoine Emaz
Antoine Emaz wurde 1955 in Paris geboren und lebte in Angers, wo er am Lycée Henri Bergson Literatur unterrichtete. Er verfasste zahlreiche Gedichtbände und schrieb literaturwissenschaftliche Beiträge zu Autoren wie André du Bouchet, Eugène Guillevic und Pierre Reverdy. Auf Deutsch erschienen die Gedichtbände Tage (Jours) und Ich nicht (Je ne) im Verlag im Wald. Antoine Emaz starb am 3. März 2019 in Angers.