Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Ciaran Carson
(Belfast 1948 – ebenda 2019)
Belfast Confetti
Als plötzlich der Randale-Trupp einrückte regnete es Ausrufezeichen
Muttern, Bolzen, Nägel, Autoschlüssel. Ein Fond aus kaputten Typen. Und die Explosion
Selbst – Sternchen auf dem Plan. Diese Trennstrich-Zeile, ein rasender Feuerstoß ...
Ich versuchte einen Satz in meinem Kopf zuende zu bringen, aber er stotterte weiter,
Gassen und Seitenstraßen alle gesperrt von Halte- und Doppelpunkten.
Dieses Labyrinth kenne ich genau – Balaklava, Raglan, Inkerman, Odessa Street –
Ich komme nicht raus? Punktiert jede Bewegung . Crimea Street. Nächste Sackgasse.
Tarnnetz Saracen, Kremlin-2. Makrolon Visiere. Funkverkehr. Mein Name?
Woher komme ich? Wohin gehe ich? Exekution mit Fragezeichen.
Übersetzt von Hans Thill. Aus: Belfast Confetti, Gallery Press,
Wake Forest University Press 1989.
»Seine Gedichte waren wild und eigenwillig, allerdings eine ständige Rauferei mit dem reichen Erbe der irischen Poesie – er war Teil der Belfast-Gruppe – wie auch mit Problemen, deren Nachhall noch zu spüren ist.«
Kevin Young
Ciaran Gerard Carson wurde1948 in Belfast geboren und studierte an der Queen's University of Belfast. Dort wirkte er später als Professor und Direktor des Seamus Heaney Centre for Poetry. Seinem Lyrikdebüt The New Estate (1976) folgten zahlreiche weitere Gedichtbände, darunter The Irish for No (1987) und Breaking News (2003). Später veröffentlichte er auch Prosa und Übersetzungen. Carson starb im Oktober 2019 kurz vor seinem 71. Geburtstag.