Claribel Alegría
(Estelí/Nicaragua 1924 – Managua 2018)
Ars poetica
Ich,
Dichterin von Beruf,
so oft dazu verdammt
Rabe zu sein,
würde nie mit der Venus von Milo
tauschen:
Während sie im Louvre herrscht,
vor Langeweile umkommt
und Staub ansammelt
entdecke ich die Sonne
jeden Tag
und zwischen Tälern,
Vulkanen
und Kriegsschutt
halte ich Ausschau
nach dem Gelobten Land.
Übersetzt von Susanne Detering. Aus: poesiaspoemas.com
»Sie und ihre Generationsgenossen definierten eine elegische Tradition der Neuen Welt, individuell und kollektiv, unvermittelt und profund, eine Poesie ›für und über das Humane in jeder Person‹« Jo Anne Engelbert
Claribel Alegría wurde 1924 in Estelí, Nicaragua, geboren und wuchs im Westen El Salvadors auf, wobei sie selbst sich als Salvadorienserin verstand. 1943 ging sie in die USA und studierte an der George Washington University in Washington, D.C. Mit ihrer Familie lebte sie die meiste Zeit in den USA sowie in mehreren Ländern Europas und kehrte erst 1985 nach Nicaragua zurück. Sie erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter den renommierten Neustadt International Prize for Literature. Von ihrem umfangreichen Werk ist nur wenig ins Deutsche übersetzt – wie etwa der Band Epizentren 1973–1996. Claribel Alegría starb im Januar 2018 in Managua im Alter von 93 Jahren.