Emira Rodríguez
(Porlamar 1929 – Porlamar 2017)
machen wir uns einen tag in verrückten farben
aus maisstroh
lass uns von einem palast in den anderen gehen
dem lauf der unterirdischen flüsse folgend
als wäre schon erntezeit
bohnenschlank vom fieber vergeblich wachsam
mit tätern aus geschmolzenem metall nach tabak riechend
beim sezieren opulenter leichen nach
phenol riechend nach bananenessenz
niedergeschlagen von vornherein und lebendig
hineingezogen in gewisse entgleisungen. nein besser nicht.
nein das ist nicht das haus
als ich fliegen lernte waren alle weg
ich sagte dir wie wir diese toten zu beschwören hatten
sie waren zurückgeblieben mit den nachtvögeln
wir wussten alles im voraus dank der spiegel
wir wussten alles über das reich
durch die straßen durch den fluss den er uns hinterliess nie
im übermass
die umgebungen ausfüllend den hafen der nacht
die elemente des gestrüpps den großen stein
über das reich haben wir alles gewusst
nein besser kein mißgeschick besser nicht
Übersetzt von Geraldine Gutierrez-Wienken und Hans Thill. Aus: Malencuentro,
pero tenía otros nombres. Monte Ávila, Caracas 1975

»Das Meer, die Saline, die gelbe Erde, die Fische und die Vipern verschmelzen zur indianischen Vergangenheit und vor allem zu einer persönlichen Mythologie, in denen Tlaloc, Wanadi und Kaweshawa gemeinsam einen Platz haben.« Julio Miranda

Emira Rodríguez, geboren 13. Januar 1929 in Porlamar / Venezuela. Dichterin und Künstlerin. Seit ihrer frühesten Jugend lebte sie in Italien, wo sie ihre ersten Gedichte heimlich schrieb. 1963, nach ihrer Rückkehr nach Venezuela, leitete sie die Zeitschrift Zona Franca. 1967 heiratete sie den Dichter und Literaturkritiker Juan Liscano. Ihre Poesie steht unter dem Einfluss des Surrealismus. Sie veröffentlichte die Gedichtbände La casa de Alto (1972); Malencuentro, pero tenía otros nombres (1975) und Como sueños ajenos (2001). Emira Rodríguez starb am 16. Februar 2017 in Porlamar.