Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Erika Burkart
(Aarau 1922 – Muri 2010)
Die Botschaft der Flocke
Pfingstmorgen.
Über der Hecke
besonnten Flugs eine Flocke.
Geist, der weht, wo er will,
Blüte, die entführt,
Same, der Fuß faßt.
Tief greift die Wurzel,
über die ich gehe,
vor Augen die Flocke,
ihr Schwinden im Licht.
Aus:
Das späte Erkennen der Zeichen, Weissbooks, Frankfurt 2010
»An der kosmologischen Einheitsvorstellung von Ich und Natur hat die Autorin bis heute festgehalten – mit ihrer animistischen Sehnsucht nach Verschmelzung mit den Naturphänomenen und nach einer Spiritualisierung der Landschaft steht sie freilich alleine da auf einem Terrain, auf dem man jede Ganzheitsvorstellung zertrümmert hat.«
Michael Braun
Erika Burkart wurde am 8. Februar 1922 in Aarau geboren und starb am 14. April 2010 in Muri (Kanton Aarau).
Nach der Ausbildung zur Primarlehrerin unterrichtete Erika Burkart einige Jahre an verschiedenen Schulen. Ihre ersten Gedichtbände erschienen in den 50ger Jahren. Später verfasste sie auch Prosa und Romane (z.B. Moräne, 1970 sowie Die Spiele der Erkenntnis, 1985). Ausgezeichnet wurde sie u.a. mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, dem Johann-Peter-Hebel-Preis, dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Großen Schillerpreis 2005. Bei weissbooks erschien 2010 ihr Gedichtband Das späte Erkennen der Zeichen.
22.04.2010