Gülten Akın
(Yozgat 1933 – Ankara 2015)
Die Stadt ist nicht mehr
Nahe Stimmen sind fort
Nächte gehören anderen, was zerstört ist
wird nicht erinnert und verlässt die Sprache
Auflösung ist in Gang
Es gibt keine Zusammenkunft in der
blechernen Sprache der Satellitenschüsseln
Die sich begegnen zwischen
fremden Namen Verkehrszeichen Alarmläuten
kennen sie sich? Sie können sich nicht kennen.
Das hier gleicht einem Kampf
kämpfend den ganzen Tag kämpfend
in den schweren Wassern der Stadt
jeder verletzt
Männer, die sich Späne aus Alkohol ins Blut stechen
Männer werden geboren aus ihrem Wahn
und die Frauen verschließen sich in ihren Schoß
spielen mit ihren Geheimnissen
Die Stadt ist nicht mehr
Übersetzung: Dilek Dizdar. Aus: Sonra İşte Yaşlandım [Und dann wurde ich eben alt].
Istanbul, Sel Yayinlari, 1995. .
»Möchte man zu Gülten Akın gehen, die sich nie für den Elfenbeinturm interessierte, sondern immer der staubigen und matschigen Erde zugewandt war, muss man selbst gearbeitet haben. Um zu sagen ›Ich bin gekommen‹ muss man von eigenem, reinen Widerstand berichten können.« Karin Karakaşlı
Gülten Akın wurde 1933 in Yozgat (Türkei) geboren und arbeitete nach dem Jura-Studium als Anwältin und Lehrerin, später als Literaturkritikerin. Daneben leitete sie eine von ihr gegründete Menschenrechtsorganisation. Seit 1951 veröffentlichte sie – zunächst in Zeitungen und Zeitschriften – Gedichte. 1956 erschien der Band Rüzgar Saati (Stunde des Windes). Sie galt als eine der einflussreichsten Dichterinnen der türkischen Gegenwartsliteratur und wurde zuletzt u.a. mit dem Erdal-Öz-Literaturpreis ausgezeichnet. Gülten Akın starb am 4. November 2015 in Ankara