Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Idea Vilariño
(Montevideo 1920 – Montevideo 2009)
Gedicht Nummer 19
Ich möchte sterben. Ich möchte
Keine Glocken mehr hören.
Glocken – was für eine Metapher –
o Sirenengesänge
o Feenmärchen
Märchenonkel – gehen wir.
Ich will einfach keine
will einfach keine Glocken mehr hören.
Übersetzung von
Hans Thill.
»Von all den großen, kühnen, unbeugsamen Dichterinnen, die Lateinamerika hervorgebracht hat, ist sie die bedeutendste und, trotz ihrer selbstgewählten Abgeschiedenheit und der Rigorosität ihres Schaffens, auch die populärste: Idea Vilariño ...« (Erich Hackl)
Idea Vilariño wurde am 18. August 1920 in Montevideo geboren und starb ebendort am 28. April 2009.
Bekannt wurde sie in ihrem Land durch ihre Liebesgedichte. Sie gehörte einer Gruppe von Schriftstellern an, die Generación del 45 genannt wird, und sie zählte zusammen mit anderen Literaten wie Mario Benedetti oder Juan Carlos Onetto zu den wichtigsten Persönlichkeiten Uruguays. Sie wirkte auch als literarische Kritikerin, Essayistin, Übersetzerin, Komponistin und Dozentin. Ihre bekanntesten Werke sind La Suplicante (1945) und El Paraíso perdido (1949). Auf Deutsch erschien unter anderem die Gedichtsammlung An Liebe (Suhrkamp 2005), übersetzt von Erich Hackl.
29. April 2009