Jørgen Sonne
(Kopenhagen 1925 – Kopenhagen 2015)
Spätherbst
Der eisige Morgen
bringt die fernen Waldsäume zu uns
golden und blau.
Der Meeresstrand
trägt grünen Wein und stiebende Kristalle
aus Winterlicht;
Die Frucht ist Schnee
in der Handhöhlung, mit scharfem Fleisch
vom Geruch des Sturmes:
Vergessen steht
eine Dornenkrone,
der nackte Baum aus Blut und Äpfeln.
Übersetzt von Hanns Grössel. Aus: Hanns Grössel (Hg.) Jørgen Sonne, Gedichte 1950 – 1992. Mit Übersetzungen von Hanns Grössel, Michael Buselmeier, Gregor Laschen, Peter Urban-Halle und Henning Vangsgaard. Edition Künstlerhaus, Wunderhorn, Heidelberg 1996.
»Die Mischung aus Exklusivität und Offenheit zur Welt ist persönlich, intensiv, mit einer intellektualistischen Glut, die in der dänischen Tradition ungewöhnlich ist.« Torben Brostrøm
Jørgen Jacobsen Sonne wurde 1925 in Kopenhagen geboren. 1950 debütierte er als Lyriker und schrieb in späteren Jahren vermehrt Essays, Kritiken und kurze lyrische Prosa. Er übersetzte verschiedene französische Dichter, so zum Beispiel Baudelaire, Lautréamont, Mallarmé, Nerval und Rimbaud. 1996 erschien auf deutsch der Band Gedichte 1950–1992 (Wunderhorn Verlag). Jørgen Sonne lebte in Glumsø und starb im September 2015 in Kopenhagen.