Klaus Rifbjerg
(Kopenhagen 1931 – ebenda 2015)
Soviel Sorten Regen
Es regnet es regnet dünn
wie das ja möglich ist
es regnet ohne Säure
und Vorbehalt
aber gerade darum
gerade darum
es regnet gleichmäßig und alles ist schief
seicht kantig schräg
eng unberechenbar
soviel Sorten Regen
auch der in dem man nach draußen geht
der in dem man nach draußen geht
der in dem sie steht
einen Augenblick lang lauschend als
wolle sie ineins hören
das rieselnde gluckernde
schief und scharf fallende
in alle Spalten berstende
direkt vom Himmel nieder-
stürzende Wasser
ehe sie den Fuß aufsetzt
ehe sie den Fuß aufsetzt
eher sie ihren Körper wieder bewegt
ehe sie wachzuwerden scheint
ehe sie sich für einen Augenblick an ihr Geschlecht erinnert
ehe sie den Regenschirm aufspannt
und draußen in den Regen tritt
Der dünn fällt
und ohne Vorbehalt
gebrochen unvorhersehbar wegen der
vielen Winkel
aber genormt rund und harmonisch
überm Regenschirm
unter dem sie geht
bis sie verschwindet
Es regnet dünn.
Aus dem Dänischen übersetzt von Gregor Laschen und Peter Urban-Halle. Aus: Gregor Laschen / Harly Sonne (Hrsg.) Mein Gedicht ist mein Körper. Neue Poesie aus Dänemark. Poesie der Nachbarn Bd. 1., edition die horen, Bremerhaven 1989.
»Er war in seiner Heimat […] ein Intellektueller, der sich nicht nur zu Wort meldete, sondern tatsächlich auch etwas zu sagen hatte.« Peter Urban-Halle