Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Leo Vroman
(Gouda 1915 – Fort Worth/USA 2014)
Der Krieg
Es ist ein heller Sommermorgen.
Durch einen heldenhaften Menschen
wird ein Lebenszeichen gegeben
und seine Truppen ziehen jetzt
über die Grenze.
Überall auf der Straße und an
Hintertüren, unter Stühlen
werden Feinde gefunden.
Die grobschlächtigen Soldaten
hauen fremden Männern auf die Schnauze,
erschaudern jetzt vor ihren Wunden,
und durch die zerschlagenen Fenster
stürzen sie wieder hinaus.
Aus dem Niederländischen übersetzt von Hans Thill. Aus der Zeitschrift:
„Het liegend konijn“, 1, Leuven 2003
»Leo Vroman ist der ›große alte Mann‹ der niederländischen Poesie. Er begann schon vor dem Zweiten Weltkrieg Gedichte zu schreiben und gilt immer noch als einer der lebhaftesten Dichter niederländischer Sprache. Diese Lebendigkeit hat viel mit der Form seiner Gedichte zu tun, in denen ein lockerer Konversationston herrscht, und doch sind sie voll genialer Reime und verspielter Neologismen.« Rob Schouten
Leo Vroman wurde am 10. April 1915 in Gouda (Niederlande) geboren und starb am 22. Februar 2014 in Fort Worth (USA). Er studierte Biologie in Utrecht und floh 1940 vor den Nationalsozialisten nach Londen und später nach Niederländisch-Indien, eher er nach dem 2. Weltkrieg in die USA emigrieren konnte. Hier veröffentlichte er erste Gediche und arbeitete als Biologe. Er erhielt vor allem in den Niederlanden bedeutende literarische Auszeichnungen und wurde zum Ehrenbürger seiner Geburtsstadt ernannt. Neben zahlreichen Gedichtbänden verfasste Leo Vroman auch Erzählungen und Theaterstücke.
Druckansicht 01.05.2014