Màrius Sampere
(Barcelona 1928 – ebenda 2018)
Vater, der Schmerz
Vater, der Schmerz war nicht nötig,
weder die Nadeln zur Strafe, noch das Knirschen
der Zähne zu Lebzeiten, noch der kalte Schweiß,
noch der phosphoreszierende Tumor, noch die Wunde,
die sich ausbreitet wie ein nächtlicher See.
Was Du von unseren Lippen hören wolltest,
hätten wir Dir ohne Schluchzen besser sagen können;
Dein fernes Haus
hätten wir auch so gefunden, einfach aufwärts gehend.
Das Licht des ewigen Fensters,
hinter dem Du wach bleibst, um auf uns zu warten,
und im Buch der Geborenen liest,
war oben auf dem Hügel und in der Nacht leuchtend genug,
um niemals vom Weg abzukommen
um bei Deiner großzügigen Abendtafel
mit der genauen Pünktlichkeit des Todes zu erscheinen. Nein, Vater,
der Schmerz war nicht nötig.
Aus dem Katalanischen übersetzt von Àxel Sanjosé
»Die Lyrik von Màrius Sampere ist obsessiv und tumultartig. ... Er versucht, eine durch Worte nicht fassbare Wirklichkeit auszusagen, die nichtsdestotrotz durch die Worte ausgemessen und errichtet wird. Denn für Sampere ist Dichtung vor allem Anrufung. Der Dichter schreibt erleuchtet, berauscht, aus der Mitte eines Geheimnisses heraus, das er selber nicht ganz begreift, das er jedoch weitergibt und dem er Gestalt gibt.«
Jaume Subirana
Màrius Sampere wurde 1928 geboren. Hauptberuflich zunächst in den Bereichen Fotografie und Werbung tätig, gewann er mit seinem ersten Band L'home al límit 1963 den renommierten Premi Carles Riba, bis zu seinem Lebensende erschienen über zwanzig weitere Titel. Ab dem Ende der Franco-Diktatur war er im öffentlichen Dienst tätig; zunehmend galt er als eine der wichtigsten Stimmen der katalanischen Lyrik. Auch seine späten Werke – der letzte Band erschien 2017 – wurden als relevante Weiterentwicklung wahrgenommen. Am 26. Mai 2018 starb Màrius Sampere in seiner Heimatstadt Barcelona.