Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Peter Paul Zahl
(Freiburg i. Br. 1944 – Port Antonio/Jamaica 2011)
Singin' the blues
kommt bessie inne zelle
setzt sich breitbeinig
auf meine pritsche
mit ihren 220 pfund oder mehr
wischt sich n schweiss vonne stirn
und lächelt mir zu
langt untern rock
holt n klavier drunter vor
mit nem bier oben drauf
und so n alten specknacken
von pianisten aufm hocker davor
bis anne ohren voll
mit boogie-woogie
holt tief luft
holt tief luft
und fängt an
o mann
für mich ganz alleine
Aus: Jürgen Theobaldy (Hg.): Und ich bewege mich doch … Gedichte vor und nach 1968
C. H. Beck, München 1977
»Auch wenn er vom Mangel spricht, schreibt er einen utopischen Zustand herbei, in dem nicht mehr vom Mangel die Rede sein muß. Zahl ist in vielen seiner Gedichte (…) der optimistischste und auch schelmischste unter den jüngeren deutschen Autoren.«
(Ursula Krechel, »Lesarten«, Luchterhand Darmstadt1982)
Peter Paul Zahl wurde 1944 in Freiburg geboren. Seit 1965 verfasste er Texte und wurde Mitglied der Gruppe 61. 1974 und 1976 wurde er aufgrund eines Schusswechsels mit der Polizei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach seiner Haftentlassung 1982 Aufenthalte in Grenada, auf den Seychellen und in Italien.
Förderpreis für Literatur der Freien und Hansestadt Bremen 1980; Deutscher Krimipreis 1994; zahlreiche Romane, Gedichtbände, journalistische Veröffentlichungen.
Peter Paul Zahl starb am 24. Januar 2011 in Port Antonio, Jamaika
18.02.2011