Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Rémi-Paul Forgues
(Montreal 1926 – Montreal 2012)
Mein Ende
Der Blitzpollen
Die Klingen und erloschenen Kerzen
der Süßwassersegel erheben sich
Die Seufzer der Tannen
Das geplatzte Auge der Ähren.
Alle Tränenkanäle füllen sich
mit Monden und Seidelbast
Alle ängstlichen Arme
Alle verzerrten Gesichter
Alle aufgeblasenen Münder
fallen in sich zusammen
Aus: Poèmes du vent et des ombres. L'Héxagone, Montreal 1976. Übersetzt von Hans Thill.
»Der Gedanke erfüllt uns mit Befriedigung, daß mehrere von uns mit all denen gebrochen haben, die als Meister oder Idole verantwortlich sind für die Vernichtung des Geistes (...) Von heute an werden wir uns voll und ganz dem Surrealismus anschließen; wir werden jene ›schrecklichen Arbeiter‹ sein, von denen Rimbaud spricht.«
Rémi-Paul Forgues (1945)
Rémi-Paul Forgues, geboren 1926, lernt als Student den Jazz und bald auch die Gedichte André Bretons kennen, für die er sich begeistert, wie auch für das malerische Werk des kanadischen »Automatisten« Paul-Émile Borduas. Bis 1950 lebt er, der auch ein klassischer Pianist ist, in dessen Umkreis als Dichter, Essayist, Impressario, um dann ein zurückgezogenes Leben zu führen, das von Depressionen gekennzeichnet ist. Es ist das Verdienst von Gaëtan Dostie, daß 1974 seine einziger Gedichtband im kanadischen Verlag L'Hexagone erscheint: »Gedichte von Wind und Schatten«, die der Autor dem Surrealisten Philippe Soupault folgend »témoignages« (Augenzeugenberichte) nennt. Er starb am 7. Januar im St. Mary's Hospital in Montreal.
15.02.2012