Yaşar Kemal
(Hemite 1923 – Istanbul 2015)
Ich grüße
Am Rand der Welt geht eine Rose auf
Ich grüße den Wind der luftig weht
Das Ende der Finsternis ein großes Licht
Ich grüße den Weg der über den rauen Fels geht
Tag für Tag ist mein Herz beim großen Feuer
Eine Falle die Hürde auf meinem Weg
Ich grüße die Stärke den Arm die ungebrochen
bleiben in Grausamkeit Folter und Tod
Sie kommt daher aus Kummer und Leid
Sie kommt hat sich losgelöst von der Sonne
Sie kommt reißt mit sich das flutende Licht
Meister Nazim ich grüße die wuchtige Flut
Anatolien, es naht der Tag du wirst gerächt
Das Grauen die Pein sind nicht vergessen
Am Rande lichtet sich schon das Dunkel
Ich grüße den Morgen die Zeit ist reif
Ich grüße in jede Himmelsrichtung
das geronnene Blut das gefallene Leben
Ich grüße den Tag der Vergeltung
Ich grüße die singende Zunge
Übersetzt von Dilek Dizdar. Aus: Bugünlerde Bahar indi, Gedichte. Yapi Kredi, Istanbul 2010.
»Fest steht er auf dem Boden jener tiefen Ebene, in der tausendjährigen Tradition seiner Heimat verankert, einer Landschaft voller Mythen und Legenden, voller Dichter und Heiliger, wo die Rebellion so alt ist wie die Unterdrückung: ein turkmenisch-kurdischer Homer, dessen barocke Sprachmacht die Starrheit der türkischen Schriftsprache aufgebrochen hat.« Clara Branco