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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte

Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | Teil 3 | Nachrufe & Abrechnung

Die Sächsische Autobiographie, in­zwischen ungetarnt offen als authen­tisches Auto­bio­gra­phie-Roman-Fragment – weil unab­geschlos­sen – defi­niert, besteht bis­her aus 99 Folgen (Kapiteln) und 99 Nachworten (Kapiteln). Der Dritte Teil trägt den Titel: Nach­rufe & Ab­rechnung.
  Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philo­sophen nennen das coinci­dentia opposi­torum, d.h. Einheit der Wider­sprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.

  Nachrufe & Abrechnung 12

Das Kreuz mit den Kreuzwegen



Gerhard Zwerenz | Die Rückkehr des toten Juden nach Deutschland  

Die Folgen Hitlers werden aufstehen und spätere Gene­rationen noch werden zu jenem Gürtel­kampf antreten müssen, zu dem die deut­sche Republik zu feige war. (Carl von Ossietzky 1933)






Gerhard Zwerenz
Die Rückkehr des toten Juden nach Deutschland
Hueber Verlag 1990 (1986)


Ideologien sind Hilfsmittel der Politik und umgekehrt. Blochs Philosophie ist im Kern zwar nicht antipolitisch, doch anti-ideologisch, aufs Wesentliche gerichtet. Wer erwartet heute sowas von Politik? Aristo­teles hat nie gelebt. Zum Beispiel Merkel – das Optimum berlini­scher Globalstrategie samt Taktik. Die Konser­vativen mögen die Kanzlerin nicht, wagen aber nur Rand­glossen dagegen. Die Partei unterwirft sich mangels Alter­native wie Merkel ihnen eingebleut hat. Die FDP als Mitesser, die Sozis sauer, weil geplün­dert. Mit An­leihen bei der Linken. Verschämt dementiert und nur auf Zeit gedacht, weil Burg­frieden und Godesberg wie gewohnt im Reisegepäck. Bleibt uns die Linke, im Moment mutig als Linkspartei aufspielend, ich liebe sie zwischen zwei Wutan­fällen mit sym­pathi­santen­hafter An­nähe­rung. Ihre besten Leute, Genossen benannt, mit Dif­feren­zen zwischen Wort und Begriff, gelan­gen im Wagen­burg­verein kaum zur Artiku­lation ihrer Strategie. Stets gezwun­gen, Angriffe abzu­wehren. Taktik ist gefragt, die Sozial­demo­kraten wehnern sich so durch – klare Kante gegen links, Genosse Noske geht um. Keiner liebt ihn, jeder mimt ihn, von Bebel zu Ebert verläuft ver­blas­send die rote Linie, obwohl Lassalle schon wusste: Die Partei reinigt sich durch Purifi­ka­tion. Aus der Traum einer Lin­ken. Zwei sind zu wenig. Die Links­partei mit dem aufklä­rerischen Minimum, das denen rechts schon als feind­liches Schreck­gespenst er­scheint. Merkel bedient sich, die Diktatur der Finanz­spekulation wird bedient, die SPD sing ihr Deutsch­land­lied ohne 1. Strophe und hinterdrein Brüder zur Sonne, zur Freiheit, Brüder in eins nun die Hände …
  Wahrlich, die fried­liche Revolution hat gesiegt. Hände­waschen nicht ver­gessen. Die Sozis zwischen Marx, Bebel, Noske, Ebert, Wehner, Willy Brandt? Der dritte Weg hat eine lange Geschichte, keine Lust, sie im ein­zelnen zu erzäh­len. Schau doch bei Google rein. Es gibt drei Wege der Ent­scheidung. Kreuz­wege. Auf dem ersten Weg besiegt das Kapital alle seine Feinde, bis es als totale Finanz­dik­tatur sich selbst besiegt. Der zweite Weg führt nach Russ­land, wo die Revo­lution zur polit-reli­giösen Herr­schaft ent­frem­det und ver­siegt. Der dritte Weg endlich ist kein Mittelweg, wie schon das rot­chine­sische Exempel zeigt. Va­rian­ten sind denkbar, z.B. das Prinzip Media­tion in Ana­logie zum West­fäli­schen Frieden als Be­endi­gung des Drei­ßig­jäh­rigen Krie­ges. Die dritte Weg­strecke besteht aus 2 Teilen: 1. be­wusste Sklaven­sprache – 2. Revolte. Bringt die Media­tion Erfolg, haben zwei Feinde sich selbst besiegt. Jeder für sich und für den andern. Die zwei halben Re­volten ergeben eine Ganz­heit, d h. die Skla­ven­sprachen sind ein Sys­tem verbaler Revol­ten, die sich selbst auf­heben, indem sie aktuell prak­tisch werden. Die 11. Feuer­bach-These plus der 12. These in Bloch­scher Konse­quenz. Men­schens­kind, ir­gend­wann musst du dich am dritten Kreuz­weg ent­schei­den. Notiz aus Die Rück­kehr des toten Juden nach Deutsch­land, Hueber, München 1986:



Wenn Kohl sprach, musste ich lachen. Wenn Merkel spricht, denk ich verwundert: war das schon alles? Ich fluche längst nicht mehr, denn einmal Fern­seh­nach­richten ersetzt das Gott­verdammich. So singe ich um Mitter­nacht mit dem Chor der tv-Inten­danten das Deutsch­land­lied als Gottes­läste­rungs­ersatz: Warum denn fluchen, wenn man aus­einander­geht. An­treten zum Gürtel­kampf (Carl von Ossietzky)
  Wer aus­rechnet, welche Verluste Revo­lutionen mit sich bringen, sollte ebenso durch­kalkulieren, zu welchen Ver­lusten unter­lassene und nieder­geschla­gene Revo­lutionen führen. Das Wort von der fried­lichen Revolution der DDR verdeckt den fatalen Umstand, dass es keine wirk­liche deutsche Revolution gibt. Die Friedlich­keit ist ein Verdienst der DDR-Oberen, die wiederum durch die Mos­kauer vom Waffen­gebrauch abge­halten wurden. Überdies führte die fried­liche Schein­revolu­tion mangels ideeller Masse zum Anschluss an die Bonner Republik, in der die einen auf­steigend reüs­sierten und die anderen gezielt ausgeschieden wurden. Die Chance eines 3. Weges? Vertan. Auch dies ein Grund, weshalb wir 1956er ver­stumm(t)en. Ein möglicher 3. Weg als Angebot der Zeit­geschichte blieb ungenutzt. Auch von den tüchtigen Genossen, die aus der fallierten SED eine über­lebens­fähige PDS formten. Kaum einer – eine – entstammte den 56ern, die inner­parteiliche Op­position verschwand gurgelnd im Orkus Als ich Leipzig nach dem DDR-Ende wieder betre­ten durfte, trafen wir einige alte Bekannte und Freunde. Alle hatten irgend­wann ihren Frieden mit Walter Ulbrichts Nach­lässen geschlossen oder ent­stammten seiner Parte­ischule des Prä- wie Post­stalinismus. Mag sein, dass Erich Loest deshalb in der Messe­stadt aus Ver­zweiflung mit Schelten und Schimpfen reagiert. Das ist Hass im oberen Klein­format und Selbst­beschä­digung. Für mich bleibt die DDR eine nicht reali­sierte historische Chance. Die Bevöl­kerung unterlag hier den Siegern ebenso wie im Westen, nur bestimmte dort die USA und im Osten die SU. Russland war 1813 schon mal bis an die Pleiße gelangt und wieder abgezogen. Und alle siegen in einem fort und unter­liegen bald wie wir Deutschen, die es ihnen vor­exerzieren. So die euro­päische Welt­kriegs­geschichte seit 200 Jahren.

Ein gewisser Nazismus überlebte 1945 wie die Wanze im Haus, wo der Kammer­jäger versagt. Das zeigt sich an Symp­tomen wie den ewigen Rechtfer­tigun­gen der SS, in der Weigerung, die Verbrechen der Wehrmacht einzu­gestehen, in der fort­gesetzten Diskri­minierung und Kriminali­sierung von Wehrm­achts­deserteuren. Zum Beispiel der Wehr­psychiater Rudolph Bricken­stein, der seine menschen­feindlichen ärzt­lichen Leis­tungen erst dem Dritten Reich und danach der Bunde­swehr in führender Stellung andienen durfte und die Anti­atom­kriegs­ärzte im offiziellen Ham­burger Ärzte­blatt als Fünfte Kolonne, psychologische Wehr­kraft­zersetzer und Panik-Ver­breiter anprangerte.

Der vormalige Wehrmachts-Wehrkraft-Festiger ist nur ein Sonder­fall des all­gemeinen Zustandes, wonach die Gat­tung der Nazi-Offiziere die Kriegs­schuld ihrer Kaste so wenig aufarbeitete wie die Juristen. Als Offizier hält Brickenstein sich für schuldlos, als Arzt für unbe­troffen. Dabei half er als Akademiker Soldaten front­tauglich zu machen und die sich Verwei­gernden aus­zusondern, damit sie behandelt oder abge­straft würden. Das Exempel eines pro­fessionellen, nicht re­sozia­lisier­baren Täters ohne Schuld­bewusstsein zeigt den Dr. Über­mensch im weißen Arztkittel. Der Umstand, dass Wehrmacht wie Bundeswehr den als Psychiater getarnten Kriegs­zutreiber gleicher­maßen in ihre Dienste stellten, erweist sich als offenbarte Kontinuität beider Armeen, wie sie dem grund­gesetz­lichen Auftrag der Republik schwerlich ent­sprechen dürfte. (Notiert 1971 – was hat sich geändert?)

Im Reich der Lemuren

Als der Krieg aus war, nahm ich mir vor, nur noch
der Stimme meines Gewissens zu folgen. Nie mehr
einem Kommando mich unterzuordnen. Denen zu wider-
stehen, die alte Kriege fortführen oder neue beginnen.

Vier Jahrzehnte nach Kriegsende sind wir, dem Zeitgeist
widerstehend, zur Minderheit geschrumpft. Fünfzig Millionen
Tote blieben so jung wie an ihrem Sterbetag. Keine
Karriere machten sie in den Nachkriegszeiten.

Uns, so sagen sie, könnt IHR nichts vormachen.
Wir haben die Stille gepachtet, das letzte WORT.
Wir durchschauen EUCH, denn wir sind körperlos:

Wir durchschauen EUCH, denn IHR seid seelenlos.
Trostlos seid IHR. Wir verbitten uns EURE Gedanken.
An nichts sich Erinnernde seid IHR. Lebloslebende.


 

Berichte über die vor­letzte Schlacht der Luftwaffen-Panzer-Divison Hermann Göring


Dieter Wellershoff
Der Ernstfall
KiWi-Paperback 1997




Der ZDF-Dreiteiler Unsere Mütter, unsere Väter schließt schon im Titel die Eltern aus, indem sie aus der Sicht ihrer Nachkommen beurteilt werden. Ich fühle mich nicht ausgeschlossen, es geht mich nur nichts an. Dieter Wellershoff, von dem das Buch Der Ernstfall – Innenansichten des Krieges stammt, erschienen 1997 bei Kiepenheuer und Witsch, lobt die Nico-Hofmann-Dreier-Serie in vielerlei Medien. Seinen Ernstfall las ich mit Interesse. Wir waren beide in der Luftwaffen-Panzer-Division Hermann Göring. Allerdings war ich längst desertiert, als Wellershoff so treu und brav wie diszipliniert in die vorletzte Schlacht zog. Vermutlich liegt hier die Ursache dafür, dass er eine aufwendige und recht teure ZDF-Produktion so gut findet wie sie mich anödet. Diese Konsumenten-Machart zielt auf Biegen und Brechen Breitenwirkung an, Differenzierungen bleiben außer Betracht, genau wie historische Fakten. Es fehlt der originale Geist, der den Charakter schärft als wär's ein Schwert.

Drohnenangriff in Pakistan… Tote in Afghanistan … Tote in Syrien … Tote vor Küste Marokkos … Typische Überschriften der Sparte Ausland in Kürze in der FAZ vom 8.4.2013 – Kultur eben wie die Nach­richten über diverse Folter­anord­nungen der Bush-Regierung. Clinton war vorher schon eifrig illegal tätig wie auch der nachfolgende Friedens­nobelpreisträger Obama. Asymmetrische Kriege fordern asym­metrische Demo­kratien, was Kamerad Hitler und Genosse Stalin schon früher erkannt hatten. Erst kommen die Führer, denen die Unterführer folgen, die einen Apparat draus basteln. Bei Kafka ist's die Exeku­tions-Maschine. Die Apparate besorgen zu­gleich den Nach­wuchs, z.B. Konrad Adenauer, der nach Atom­waffen gierte und des Führers Treulinge Gehlen, Globke, Heu­singer, Filbinger, Kiesinger aufbot, wer hier weiter aufzählt wird atemlos infolge vererbter Kamerad­schaftlich­kei­ten. Bonn – ein Glücks­fall moderner Kriegs­fürs­ten. Auf der Insel Flores schrumpf­ten die Bewohner einst infolge jahrtausendlanger Nöte zu Zwerg­menschen ein, den Hobbits, die sich trotz Verkleinerung noch fort­pflanzten. Deutsch­land durchlebt seit 1848 seine ureigene Hobbitisierung. Statt not­wendiger Revolutionen gibt es immer wieder neue Kriege. Wer sich nicht ändert, muss erobern.


Aus dem nahen Saarland am 19.4.2013 wieder Denk-Nachrichten von Michael Mansion:



Danke Michael, Žižek, Philosophie, China, Lateinamerika, promi­nenter gewendeter Sozial­demokrat aus dem Saarland und was heißt hier also fröhliche Ausweg­losigkeit? Zizek ist so schön vital­chaotisch. Ihn zu sehen und lesen macht Spaß, was aber ist Sache? Die Philo­sophen sind be­droht von Eitelkeit, Opportunismus, Angeberei, Schau­spielerallüren, falscher Angst und öffentlicher Karriere. Schopen­hauers Unter­scheidung von Philosophen und Philosophie­profes­soren, die Ernst Bloch gern und oft zitier­te, wurde hinfällig, seit es keine Philosophen mehr gibt. Dafür setzen immer mehr Philosophie-Profes­sorin­nen- und -Profes­soren immer mehr Schüler in die Welt, denen Meister-Status zugeschrieben wird. Es ist wie bei den Foto­grafen, denen die Bilder auch nicht aus­gehen. Anders der Philosoph als Original und Potential. Sokra­tes musste den Giftbecher leeren. Platon reiste dreimal nach Sizi­lien zum Tyrannen und wurde zum Dank auf dem Sklaven­markt verkauft. Jesus endete am Kreuz, Marx im Exil und Bloch nach sieben Fluchten in Tübingen. Existen­tiell gesehen sind Philosophen ewige Baumeister am Turmfragment zu Babel, Archi­tekten der Vergeb­lich­keit, und weil sie an der Höhe des Bauwerks scheitern, umgeben sie es mit einem Irrgarten, in den viele hinein­tappen und keiner herausfindet.

Die Philosophie des ver­einigten Deutsch­land ist das Fußball­spiel. Die Ober­klasse wird reich und ver­teidigt ihren Reichtum mit Hilfe der Fans gegen andere Reiche und deren Fans. Der Osten ver­scher­belte seine besten Spieler westwärts und ist nach der deut­schen Teilung Regional­liga. Wie beim Fußball so in der Philo­sophie. Im Osten gab es gar keine. Nur Stasi und Pastor Gauck, den Meis­ter­denker. Der Westen setzt seinen abge­bro­chenen Turmbau von Babel mit Talk­shows­erien fort. Vom Ber­liner Flug­hafen bis zum Stutt­garter Haupt­bahn­hof Sprach­losig­keiten. Viele reden, keiner hat was zu sagen. So wählen sie auch. Das Publikum applau­diert den Computern, die beim Endspiel Regie führen. Vom Klas­sen­kampf zum Kas­sen­kampf. Wo bleibt die ange­sagte Revo­lution? Die einen warten auf sie wie die anderen auf ihren Gott.
  Soviel zum Metier. Und nun zur Praxis. Chinas Aufstieg wird als modernes Welt­wunder be­staunt. Politik und Manage­ment rea­gieren praktisch und betei­ligen sich am China-Boom. Die Medien berichten adäquat oder mit Beiß­reflexen. Wohin ist Maos Rot-China? Ist es Kapital-Sozialis­mus, Sozial-Kapita­lis­mus geworden, also hölzernes Eisen? Es ist glattweg die aus dem Kom­munis­tischen Manifest gezogene Lehre von den zwei Phasen des Ka­pitals und der Bour­geoisie in erst auf­stei­gender, dann absteigender Linie, denn die Bourgeoisie »produ­ziert vor allem ihre eigenen Toten­gräber. Ihr Untergang und der Sieg des Prole­tariats sind gleich un­vermeid­lich.« Der letzte Satz wurde von der KP Chinas modi­fiziert. Das Prole­tariat hat leider versagt. Der Toten­gräber der chine­sischen Bour­geoisie gefällt sich als ihr Geburts­helfer. Kurz und kühn gesagt: Der Sozialis­mus kommt erst nach dem Kapita­lis­mus. Die Revo­lution hat bisher nur poli­tisch, also halb gesiegt. So muss sie das Kapital klug und tüchtig auf­päppeln, um es zu besie­gen. Was aber, ihr Herren Genos­sen, würde geschehen, wenn eure neuen Eliten in ihren hohen Ämtern vergreisen wie die sowjeti­schen Funktio­näre, deren wissen­schaft­licher Sozial­ismus von der weiß der Himmel wahrhaft un­wis­senschaft­lichen Konter­revolution total besiegt worden ist?

Aus Leipzig trifft eben eine Nachricht von Hartwig Runge ein:



Dank an den Pleißen­strand­bewohner. Die schöne Idee, Bloch fürs DDR-Präsi­denten­amt vorzu­schla­gen, entstand im Oktober 1955 in einer privaten Tafelrunde, die Blochs Nationalpreis (2. Klasse) feierte. Wolfgang Harich erbot sich, über Walter Janka für diese Idee auf Kultur­minis­ter Becher einzuwirken, was auch geschah, wie ich kurz darauf bei Gesprächen im Berliner Aufbau Verlag erfuhr. Im Nach­hinein mag der Vorschlag irreal erscheinen, wir betrach­teten ihn optimistisch – Bloch als Nachfolger Wilhelm Piecks im Amt des DDR-Präsidenten – aber ja – und Bloch später als gesamt­deutscher Präsident – das wär doch was gewesen!

Gerade tobt ein breites Für und Wider durch die Medien wegen Cohn-Bendit, der den Theodor-Heuss-Preis erhielt. Heuss stimmte einst Hitlers Er­mächti­gungs­ge­setzen zu. Warum nimmt der früher mal rote Dany die unsolide Aus­zeichnung an? Es gehört wohl Charak­ter dazu, sich einen Ernst Bloch statt Heuss als Präsi­denten zu denken. Von welchem Deutsch­land auch immer. Es ist ein Kreuz mit den Kreuz­wegen. Diese Germanen biegen immer rechts ab bis es knallt wegen Deutsch­land über Dalles.
  Mag sein, die deutschen Polit­klassen und ihre Medien­stifte konnten und können sich einen viel­verfolgten jüdi­schen Links­philosophen nicht als ihren Präsi­denten vorstellen. Das war für Adenauer wie Ulbricht undenk­bar. Inzwi­schen gesche­hen kleine Wunder. Wolfgang Ischinger, Vor­sitzender der unsi­cheren Mün­ch­ner Sicher­heits­konfe­renz fordert glattweg »Lasst uns endlich den kalten Krieg be­enden« und Margot Käßmann äußert sich selbst­kritisch über »Die dunkle Seite der Re­formation«. Sollte das ernst gemeint sein, wäre tatsächlich, o Wunder, elitäre Selbst­aufklä­rung angesagt. So gern wie un­eigen­nützig helfen wir dabei etwas nach.
  Am 2./3.Juli 2005 druckte neues deutschland zum 120. Geburts­tag Ernst Blochs meinen Text Philosoph im Ruhe­stand nach. Zur gefäl­ligen Erinn­erung und Auf­mun­terung daraus zwei kleine Passagen:



Kaum ist der letzte Punkt gesetzt, haut der FC-Bayern dem FC Barcelona vier Tore um die Ohren und Borussia Dort­mund bedient Real Madrid ebenso nach­haltig. Bayern-Präsi­dent Uli Hoeneß aber köpfte lässig ein paar Mil­lionen von München über die Berge ins Züricher Tor der Banken. Wir bedan­ken uns wegen der promp­ten Beweise für unseren prophe­tischen Satz »Die Philosophie des ver­einigten Deutsch­land ist das Fuß­ball­spiel …«
Gerhard Zwerenz    29.04.2013   

 

 
Gerhard Zwerenz
Serie
Zwischenberichte
  1. Zum Jahreswechsel 2012/13
  2. Ins Gelingen oder Misslingen verliebt?
Nachrufe
  1. Es herrscht jetzt Ruhe in Deutschland
  2. Wer löst den Loest-Konflikt?
  3. Wo bleibt die versprochene Reformdebatte?
  4. Wortgefechte zur Linken und zur Rechten
  5. Küsst die Päpste, wo immer ihr sie trefft
  6. Wir Helden auf der immer richtigen Seite
  7. Ein Versuch, Stalingrad zu enträtseln
  8. Der Übermenschen letzter Wille
  9. Hitlers Rückkehr als mediales Opiat
  10. Von Leibniz zum tendenziellen Fall der Profitrate
  11. Vom langen Marsch den 3. Weg entlang
  12. Das Kreuz mit den Kreuzwegen
  13. Gibt es Marxismus ohne Revolution oder ist Marx die Revolution?
  14. Unser Frankfurter Rundschau-Gedenken
  15. Meine Rache ist ein dankbares Lachen
  16. Drei jüdische Linksintellektuelle aus dem Chemnitzer Marx-Kopf
  17. Aufmarsch unserer Kriegs­verteidigungs­minister
  18. Vom Linkstrauma zur asymmetrischen Demokratie
  19. Gauck wurde Präsident. Bloch nicht. Warum?
  20. Vorwärts in den Club der toten Dichter 1
  21. Der Mord an der Philosophie geht weiter
  22. Nie wieder Politik
  23. Abbruch: Erich Loests Fenstersturz
  24. Statt Totenklage Überlebensrede
  25. Philosophie als Revolte mit Kopf und Bauch
  26. Das Ende der Linksintellektuellen (1)
  27. Das Ende der Linksintellektuellen (2)
  28. Leipzig leuchtet, lästert und lacht
  29. Briefwechsel zum Krieg der Poeten
  30. Die Urkatastrophenmacher
  31. Abschied von der letzten Kriegsgeneration?
  32. Konkrete Utopien von Hans Mayer bis Joachim Gaucks Dystopien
  33. Vom Leben in Fremd- und Feindheimaten
  34. Was wäre, wenn alles besser wäre
  35. Von Schwarzen Heften und Löchern
  36. Die unvollendete DDR als Vorläufer
  37. Auf zur allerletzten Schlacht an der Ostfront
  38. »Der Mund des Warners ist mit Erde zugestopft«
  39. Die Internationale der Traumatisierten
  40. Fest-Reich-Ranicki-Schirrmacher – Stirbt das FAZ-Feuilleton aus?
  41. Grenzfälle zwischen Kopf und Krieg
  42. Linke zwischen Hasspredigern und Pazifisten
  43. Wahltag zwischen Orwell und Bloch
  44. Botschaft aus dem Käfig der Papiertiger
  45. Ernst Bloch und die Sklavensprache (1)
  46. »Weltordnung – ein aufs Geratewohl hingeschütteter Kehrichthaufen«
  47. Frankfurter Buchmesse als letztes Echo des Urknalls
  48. Autobiographie als subjektive Geschichtsgeschichten
  49. Die Sprache im Käfig und außerhalb
  50. Tage der Konsequenzen
  51. Oh, du fröhliche Kriegsweihnacht
  52. Merkel, Troika, Akropolis und Platon