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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | Teil 3 | Nachrufe & Abrechnung
Die Sächsische Autobiographie, inzwischen ungetarnt offen als authentisches Autobiographie-Roman-Fragment – weil unabgeschlossen – definiert, besteht bisher aus 99 Folgen (Kapiteln) und 99 Nachworten (Kapiteln). Der Dritte Teil trägt den Titel: Nachrufe & Abrechnung.
Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
Nachrufe & Abrechnung 7 |
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Küsst die Päpste, wo immer ihr sie trefft – 5. Nachruf
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Koppelschloss der weiland deutschen Wehrmacht – Im Krieg töten mit Gotteslizenz – der Reichsadler hockt auf weißem Fleck, vor dem Hakenkreuz
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4. Dezember 2012, farbiges Fotospaßformat in der FAZ – Pastor-Buprä Gauck und Papa Benedikt XVI. einander in die treudeutschen Augen blickend, Benedikt etwas skeptischer als der evangelische Freiheitsheld aus Nordost, der sich an den Römischen Vater ranschmeißt als »Präsident, Landsmann, Mensch, Christ …« Unverzüglich fühle ich mich absolut ausgeschlossen und reagiere als Atheist, die schönfärberischen Sätze durch ne Prise Realismus komplettierend: Gauck als gelungenes Erziehungsprodukt altnazistischer Eltern, prononcierter Antikommunist und der ähnlich gestrickte Ratzinger als zu Gottes Stellvertreter aufgestiegener einstiger Hitlerjunge wissen einander hochzuschätzen. Droht ökumenische Einheit als rechtslastige Schwarmbildung? Benedikts fragender Blick auf den konfessionell doch verirrten Glaubensbruder von der unliebsamen Konkurrenz deutet Argwohn an. Da hol mich doch der Luther. Ob Rom, Wittenberg oder Berlin, ich trau keiner dieser permanenten Eliten mehr übern Kreuzweg. Gott mit uns stand auf dem Koppelschloss der deutschen Wehrmacht. Ist sowas Anmaßung, Wunschtraum, Dummheit oder Futurismus? Luther widerstand dem römischen Papst, Gauck küsst ihm zum Bund die Hand. Der Thesenanschlag zu Wittenberg liegt bald ein halbtausend Jahre zurück. Vier Tage nach Gaucks religiöser Dienstreise zum Stellvertreter-Gott dienstreiste Daimler-Vorstands- Chef Dieter Zetsche zum Vatikan und übergab Benedetto direkt das allerneueste Papamobil. Es soll sicher wie ein Panzer und ca. 400.000 € wert sein. Einen Führerschein hat der Papst nicht, heißt es. Andere verlautbaren diskret, er hat einen, und ganz echt in deutsch.
Die in der griechischen Antike herrschende Naturphilosophie des Demokrit über den freien Fall der Atome, von Lukretius »Landregen der Atome« genannt, veränderte Epikur, indem er den Atomen willkürliche Abweichungen (Deklinationen) von der Linie zuschrieb. Sind das nun Querköppe oder Genies? Ein gewisser Karl Marx behandelte das Thema in seiner Doktorarbeit und ein gewisser Ernst Bloch nutzte diese Theorie zur Begründung seiner Kunst- und Subjekt-Philosophie. Wir gründeten darauf unsere humoristische Revolution. Der Erzähler kann in einem einzigen Sprung von der Erde in den Himmel gelangen und nach einem Dialog mit Petrus zu den irdischen Götzen zurückkehren, um den Höllenhunden des Krieges sein Gelächter entgegenzusetzen. Die humoristische Revolution trägt einen Januskopf. Ihr zweites Gesicht ist der Pazifismus. Oder ist er das erste Gesicht? Ohne Revolution herrscht Konterrevolution. Was aber, wenn Revolutionen nur noch als Konterrevolutionen enden? Epikurs Abweichung der Atome, die Deklination von der Linie dieser verordneten Schlachtordnung ist der Beginn der gedachten sprachlichen Subjekt-Freiheit. Die 11 Feuerbach-Thesen von Marx skizzieren eine Art von Philosophie, die ohne Realisierung platonisch bleiben muss, den Schwätzern zuliebe, den Machthabern zum Wohlgefallen Blochs stalinistische Phase war durch den Kampf gegen Hitler-Deutschland legitimiert. Sein Engagement für die Sowjetunion reichte bis in die Leipziger Zeit, wo es 1956/57 zum Bruch kam, weil seine Philosophie und Haltung sich als nicht mehr kompatibel erwiesen.
Inzwischen ist im uneinig vereinten Deutschland die Realisierung von Philosophie kein Thema mehr. Die Welt verändert sich wie sie will und wenn's Richtung Hölle abgeht, wie die allein dem Kapital verpflichteten Eliten befinden. Man trägt wieder Religion und opfert ihr mit Drogen und Drohnen. Nur im fernen Peking wird über die Marxschen Feuerbach-Thesen nachgedacht wie vordem bei Ernst Bloch in Leipzig, bis er nach Tübingen auszuweichen sich gezwungen sah. Im Osten beargwöhnt und niedergehalten, im Westen dem bürgerlichen Zitatenschatz anheimgegeben. Eine Affenschande als Kulturkaskade. Die Basis der westlichen Wertegemeinschaft ist mit den Spitzenprodukten der Rüstungs- und Kriegsindustrie vorwiegend deutsch. Religion dient als Zugabe, Tarnung, Opiat. Die Eliten sind abhängig von der Qualität der Opiate, die sie selber löffeln und verbreiten. Bei meinen Lesungen provozierte ich die Rechtsgläubigen gern mit exquisiten Atheismen und die lieben Linksgläubigen durch Missachtung ihres engen materialistischen Kanons, indem ich mit Fleiß abgelehnte Namen aufpolierte.
Ein Beispiel: Auf dem Zagreber Symposium 1987 gestand mir eine dort lehrende Philosophiedozentin, Bloch habe ihr wenige Tage vor seinem Tode gesagt, er verstehe nicht, weshalb die Deutschen Nietzsche kaum noch beachteten. Ich bat die Dame, dies dem Auditorium mitzuteilen, wozu sie sich nicht entschließen mochte. Begründung: Es sei dafür noch zu früh. Bald wars zu spät. Indessen ist Nietzsche wieder zum meistgenannten deutschen Philosophen geworden, und in seinem Gefolge Heidegger. Die Linie von Nietzsche zu Bloch bleibt hingegen unbekannt. Die Rechte mag sie nicht benennen, der Linken ist sie aus Unkenntnis und orthodoxem Vorurteil unsympathisch. Die Rechte kann nicht, die Linke will nicht neu denken. Wer lediglich der Achse Nietzsche-Heidegger folgt, gerät in jenes deutsche Zwischenstadium der Weimarer Republik: Wirren, Wirrnisse, Bürgerkriege und das Anwachsen verzweifelter Schichten und Massen, die nach starker Führung Ausschau halten. Bloch, Nietzsche variierend: Ich sage dir nicht, was du tun musst. Ich sage dir nur, dass du etwas tun musst oder du bleibst was du bist – ein Schatten. Das war so eine Art Vorwegnahme von New Age plus Hiroshima.
Was aber ist zu tun? Die Tradition darf nicht den Feinden überlassen werden. Etwa die von links geschmähten Namen wie Schopenhauer mit seinem Verfahren schonungsloser, gnadenloser Weltsicht. Analyse, mit Röntgenblick bis auf die Knochen und auch noch hindurch. Alles ist vergeblich? Nietzsche als Aufbäumen dagegen. Riesen suchte er, unser Sachsen-Friederich, von zeitgenössischen Zwergen umgeben. Also strebte er zurück aus dem Neuen ins Alte Testament. Sein Übermensch war der vorchristliche Barbar. Das passte Adolf aus Braunau vorzüglich ins Konzept. Erst Bloch stoppte den Gang zurück in die Urzeit. Das Ganze kehrt und nach vorn gedacht! Bloch sucht den aufrechten Übermenschen in der Zukunft. Daraus wurde die Gegenwart der Russischen Oktoberrevolution mit Lenin und bald Stalin, der die Opfer zu Spänen erklärte, die fallen, wo gehobelt wird. Soviel gegen den romantischen Überschwang der Religionen und Parteien. Da wirkt Schopenhauers Weltverdruss korrigierend wie der Naturalismus in der Romantik-Epoche als Gegengift. Aber auch: Die Adomo-Horkheimer-Schule lehrte die Studenten im Frankfurt der fünfziger und sechziger Jahre den nüchternen Durchblick der Analyse. Bis die Studenten die Straße als Ort philosophischer Kommunikation besetzten. Rudi Dutschke, wäre er statt in Westberlin in Frankfurt Student gewesen, hätte vielleicht wie Krahl am Ende mit Ironie und Spott reagiert oder wäre wie Cohn-Bendit ergrünt. Die bloße Analyse ist wie die Betrachtung ferner Sterne durchs Fernrohr. Was aber geschieht, wenn sich der Himmel verdunkelt und die Sterne aus purer Lustlosigkeit ihr Licht einsparen? Wer in der Hölle überleben will, braucht mehr als den Durchblick. »Um auf die schwachen Stellen des politischen Daseins zu stoßen, ist eine bis ins Herz des Staates gehende innere Erschütterung notwendig.« (Clausewitz)
Hochrangige feuilletonistische Sesselfurzer befeuern neidvoll den Welterfolg der englischen Hausfrau E.L. James mit Fifty Shades of Grey, deren drei Romane vom schwellkörperlichen Millionärsphallus und seiner schmerzgeilen popoklatschsüchtigen Jungfrau-Studentin weltweit die Bestsellerlisten stürmen. Die FAS plaziert die S/M-Global-Erfolgsautorin gleich neben den Artikel über »Papas neues Mobil« – Frau James mit Passbild und kecken Stirnfransen, daneben der deutschblütige Papst samt Mercedes-Zetsche, im Hintergrund das neue Gefährt, fast ein wenig drohend als wolle es – Panzer marsch! – statt der Leserschaft die beiden hohen Herren überrollen.
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Aus dem Kleinen Herrn von Gerhard Zwerenz wurde bei Alice Schwarzer der kleine Unterschied
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Weshalb aber, um Himmelswillen, lässt das Sado-Maso-Epos noch Sarrazins Spitzenerfolgs-Schwarte hinter sich? Ums Verarschen geht's beiden, würde der Satiriker formulieren, wo aber bleibt der coole Kriegsphilosoph, ein fleißig Google nutzender Clausewitz der Matratzenstrategie – sollte ein inzwischen stark angejahrter Alice-Schwarzer-Feminismus an zu vielen erektionslosen Weichmännchen schuld sein? Wollen freie Weiber verhauen werden und, wenns fehlt, wenigstens darüber lesen? Soviel als winzige Rache-Aktion an Alice S., der Schwanzer als Familienname gut angestanden hätte. Schwarzers Bestseller Der kleine Unterschied und seine großen Folgen segelte einst im Schatten meines Titels Casanova oder der Kleine Herr in Krieg und Frieden. Die deutsche Star-Feministin war und ist nach wie vor sauer auf den Kleinen Herrn und möchte ihn weiter verzwergen. Mir aber lag daran, das Aufstehmännchen vor den stets drohenden Gefahren im Krieg zu schützen. Das liest sich im Originalbuch so:
Wer weiß denn, was das ist, ein Vertiko? Wer auf sich hielt, besaß dies Möbel, einen kleinen, nicht ganz ausgewachsenen Schrank mit Schnörkeln, einem Schub oben und zwei Türen darunter, darin verschwanden Krimskrams, Wäsche, Papiere, Sammeltassen, Fotoalben. Annes Mutter besaß ein Vertiko, und auf diesem war zu sehen seit zwei Jahrzehnten ein seltsames Gebilde aus Eisen oder sogar Stahl in Dreiecksform wie ein zu klein geratenes Verkehrszeichen. An den drei Ecken befanden sich Löcher, durch die sich Riemen zogen. Soll ich sagen, dass mich dieses Stück vom ersten Augenblick an beschäftigte? Annes Mutter hob es herunter vom Vertiko, strich liebevoll über die kalte Fläche, passte es an, knöpfte es mir vor die Lenden, einen Schutzschild, einen stählernen Zwickel wie eine Dreiecksbadehose und die zwei oberen Riemen schlang sie um meinen Leib wie einen Gürtel, hinzu kam der dritte, der unten aus der Spitze lief, sich nach hinten wandte, aufwärts strebte, mit den ersten beiden zusammentreffend.
Was soll ich damit?
Mein Mann trug es so, sagte Annes Mutter voll Erinnerung, er war ein guter Mann, musst du wissen, ein kräftiger und starker, ein lustiger und listiger Mann. Als er eingezogen wurde zum Militär, da hat er sich Sorgen gemacht, Liebste, hat er gesagt zu mir, im Krieg wird die Luft gesiebt, und wenn es einen erwischt so erwischt es einen, da ist keiner gefeit, und wenn sie dir ein Bein abschießen oder einen Arm absäbeln oder den Kopf, da musst du sehen, wie du ohne zurechtkommst, schließlich macht die Wissenschaft der Chirurgie und Prothesenherstellung gewaltige Fortschritte. Man kennt schon künstliche Arme und Beine, nur mit den künstlichen Köpfen hapert es etwas, aber soll ich dir sagen, was es bis jetzt überhaupt noch nicht gibt? Künstliche Schwänze! Was also, frage ich dich, soll werden, wenn die Franzosen mir meinen Kleinen wegschießen? Wenn ich zurückkehre, Liebste, zu dir, mit leerer Hose? Wo ich dem Herrn Pfarrer versprochen hab, feierlich unter Glockengeläut versprochen hab, mein Leben lang oder wenigstens solange es in meinem Vermögen steht, dich zu lieben und zu schwängern und also das Menschengeschlecht fröhlich zu vermehren?
Ein Loch im Fell heilt wieder zu. Ein Arm weniger, da bleibt immer noch der andere, auf einem Bein kann einer immer noch hüpfen, auf einem Auge sehen, auf einem Ohr hören. Schlimmer ists mit dem Kopf, und weil das so ist, haben sie dem Kopf des Soldaten einen Helm aufgesetzt zu seinem vorzüglichen, ganz besonderen Schutze. Was aber wird mit dem Kleinen Herrn des Soldaten, der ebenso einmalig ist wie sein Kopf und doch keinen Helm bekommt oder einen andern dringend notwendigen Schutz …
Ende des Roman-Zitats, das belegt, im Gegensatz zu Frau Schwarzer war mir mit meiner Kriegsvergangenheit das werte Glied des Mannes mehr wert (marxistisch: Mehrwert ) als der kleine Unterschied. Alices kleinen Unterschied zu schützen erfand ich den Schwanz-Panzer. Die oberste Feministin verließ eine meiner Lesungen türenschlagend. Das ist lange her. In ihrem Zentralorgan verpasste sie mir ebenfalls Saures. Das ist auch lange her. Inzwischen wurde Schwarzer Merkelistin und auch mal Bild-Sonderkorrespondentin. In einer längst verflossenen Zeit antwortete ich mit fotomontierter Heraldik.
Es gibt größere Unterschiede, wahre Differenzen, auf die es ankommt. Bei Marx findet das Proletariat als Klasse zum international-revolutionären Subjekt zusammen mit dem Ziel der Klassenlosigkeit. Lenin, der so logisch wie gutgläubig darauf setzte, sah in Russland nur den Anfang der Revolution, die erst übers deutsche Proletariat sich zur Weltrevolution potenzieren würde. Sein Kardinalfehler, auf Deutschland zu vertrauen, das Land der seit 1848 andauernden Konterrevolution. Das hatte selbst der skeptische Marx nicht geargwöhnt. Immerhin bildet der historische Verlauf eine Parallele zum Christentum. Erst dreihundert Jahre Christenverfolgung, dann stückweiser Machtgewinn, bald gelangen Christen zur Herrschaft und verfolgen ihrerseits Andersgläubige. Ihr Jesus aber kehrt jeweils zurück als Stachel im Fleisch und Skandalon unter Brüdern. Das geht so seit fast zweitausend Jahren. Die Marxisten brachten es gerade erst mal auf zwei Jahrhunderte.
Die Gefahren der Philosophie: Ist es dir mal eben gelungen, den Zipfel einer Erkenntnis zu erhaschen, wächst die Zahl der Sauertöpfe im Quadrat. Du kannst dich auf einen lebenslänglichen akademischen oder/und politischen Streit einlassen. Das ergibt stolze Karrieren. Schopenhauer, überdrüssig der Berliner Hegelei, richtete sich auf Dauer mit seinem Pudel in Frankfurt am Main ein. Ein wenig parodierte ich den grimmen Außenseiter, hatte aber Ingrid und statt Pudel einen Chow als Dreierbund zum Standhalten dabei. 1978 gings von der öden Flussniederung in den immer noch römer- und keltenbestückten Hochtaunus, wo es zwischen Berg und Wald den eifrig nachschnüffelnden Geheimen aus Ost und West schwerfiel, Überblick und Kontrolle zu behalten. Geh deiner Wege und lach sie aus, befahl ich mir als meinem eigenen Agenten. Und nicht zu vergessen: Im Anfang war das Wort wusste schon der Bibel-Pionier und Evangelist Johannes. Dann folgt das Gedicht. jede anständige Literatur fängt so unglaublich wie glaubensstark lyrisch an. Danach verbreiten die Prosa-Epiker ihre Helligkeit in der dunklen Welt. Wir Nachfahren haben heute mehr Dichter als Leser und mehr Finsternis als Licht in der Sparlampe. Dafür gibt's Kulturpreise und Verdienstmedaillen für die Wortakrobaten, die wie einst Demokrits Atome scharenweise vom Himmel niederfallen ohne auf Epikurs geniale Phantasie zur Subjektwerdung zu hören. Ein kurzer Blick ins Feuilleton zeigt, Schriftsteller, Dichter und Philosophen gibt's in der Postunmoderne wie Sand am Meer und in der Wüste. Der jungenhafte helle Professor Precht z.B. machte sich im tv-Redezirkus ganz gut. Jetzt hat er seinen eigenen Fernseh-Schwatz und talkt irgendwann um Mitternacht mit einem Politiker herum. Für meine Romanfigur Casanova erfand ich einst den Schutzschild fürn Bauch. Der Schutzschild fürn Kopf fehlt noch.
Die Presse stirbt. Die Presse lebt auf. Am linken Ufer versucht die junge Welt neue Töne. Ich lese dort oft Topas, alias Rainer Rupp, der ab 1969 für Markus Wolf im NATO-Hauptquartier Brüssel kundschaftete und der Sowjetunion Einblick in Cosmic Top Secret, das höchste Geheimwissen über Krieg und Frieden verschaffte. Die Russen waren alarmiert und befürchteten den tödlichen atomaren Erstschlag der Amerikaner, dem sie beizeiten begegnen wollten. Topas beruhigte sie. Verdanken wir dem alerten Spion unser Überleben? Dafür erhielt er 1993 ein Dutzend Knastjahre als Dank des freien Westens fürs Überleben. Martin Walser plädierte 1998 couragiert in freier Rede für seine Freilassung, was die Strafe immerhin halbieren half. Gehörte dem tapferen zivilen Ritter Topas nicht statt Kerker der Weltfriedenspreis? Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels wäre ein Anfang. Der Man hat keine Bücher verfasst? Erstens stimmt das nicht, endlich gibt es schriftliche Unterlagen von und über Topas genug. Die geheimen NATO-Papiere, die von ihm in Brüssel über Markus Wolf in Ostberlin friedensstiftend nach Moskau gingen, können als Dokumente Zeugnis dafür ablegen, wie selbst atomare Kriege zu verhindern sind.
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