|
|
Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | Teil 3 | Nachrufe & Abrechnung
Die Sächsische Autobiographie, inzwischen ungetarnt offen als authentisches Autobiographie-Roman-Fragment – weil unabgeschlossen – definiert, besteht bisher aus 99 Folgen (Kapiteln) und 99 Nachworten (Kapiteln). Der Dritte Teil trägt den Titel: Nachrufe & Abrechnung.
Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
Nachrufe & Abrechnung 19 |
|
Gauck wurde Präsident. Bloch nicht. Warum?
Hanns Eisler, Peter Huchel, Alfred Kantorowicz, Wolfgang Harich: Sie wollten 1956 Ernst Bloch als DDR-Staatspräsidenten und später als Präsidenten eines vereinigten Deutschland haben
Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel unterhielten sich über ihre Nazi- Väter. Mit meinem hatte ich Glück, sagte Trittin, er war zwar Obersturmführer bei der Waffen-SS, nach dem Krieg aber einsichtig und schuldbewusst. Meiner war das nicht, sagte Gabriel, ich musste mich bis zuletzt gegen den Hitler-Anhänger behaupten. Den Unterschied zu überwinden beschlossen der SPD-Genosse und der Grüne einträchtig, Joachim Gauck für die Wahl zum Bundespräsidenten vorzuschlagen, denn er bot den klaren klassischen Fall: Der Vater ab 1934 NSDAP-Mitglied, die Mutter schon seit 1932 in der Partei als alte Kämpferin. Du sollst Vater und Mutter ehren. So einen Prachtkerl mit den edelsten Genen und, wie er selbst bekundet, »gut begründetem Antikommunismus« brauchen wir an der Spitze des Staates, beschlossen Jürgen und Sigmar. Angela Merkel wollte anfangs keinen zweiten christlichen Ossi neben – über – sich, was man als Politikum gegen sie nutzen konnte. In der Tat repräsentiert ein Bundespräsident mit Nazi-Eltern den deutschen Staat offener und ehrlicher als etwa der Philosoph Ernst Bloch mit seinem skandalös linken, revolutionären Hintergrund von Auflehnung und Verfolgung.
Über die, zugegeben, schön irrwitzige Idee eines Staatspräsidenten Bloch äußerten wir uns zuletzt im Nachruf 12, als Hartwig Runge aus Leipzig auf Rolf Schneiders Buch Schonzeiten verwies, wo die Bloch-Präsidenten-Story erwähnt wird. Wir antworteten: »Dank an den Pleißenstrandbewohner. Die schöne Idee, Bloch fürs DDR-Präsidentenamt vorzuschlagen, entstand im Oktober 1955 in einer privaten Tafelrunde, die Blochs Nationalpreis (2. Klasse) feierte. Wolfgang Harich erbot sich, über Walter Janka für diese Idee auf Kulturminister Becher einzuwirken, was auch geschah, wie ich kurz darauf bei Gesprächen im Berliner Aufbau Verlag erfuhr. Im Nachhinein mag der Vorschlag irreal erscheinen, wir betrachteten ihn optimistisch – Bloch als Nachfolger Wilhelm Piecks im Amt des DDR-Präsidenten – aber ja – und Bloch später als gesamtdeutscher Präsident – das wär doch was gewesen!«
In der Tat saßen 1955 am Tisch mit Ernst und Karola Bloch außer Wolfgang Harich auch Hanns Eisler, Peter Huchel, Alfred Kantorowicz, Hans Pfeiffer – mehr geben meine Notizen nicht her, jedenfalls waren wir als linke Ossis so glückhaft futuristisch gestimmt, dass wir uns Bloch als Präsidenten so real vorzustellen vermochten wie es den Machthabern beider Seiten unvorstellbar blieb. Links ist draußen, Gauck im Amt, Gustav Heinemann war die Ausnahme. Niemöller wäre für die Polit-Architekten inakzeptabel gewesen, Bloch ein rotes Gespenst. Soviel zur Machtstatik im alternativlosen Bereich, wo Gauck inzwischen fest im Sattel sitzt. Wir warnten davor im Nachwort 29 vom 14.6.2010 unter dem Titel; »Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad.« Inzwischen erklärte sich der Bundespräsident immer mal wieder für den Krieg in Afghanistan, und weil die Bundeswehr dort bald geschlagen abziehen muss, wird er demnächst als tapfrer Freiheitskämpfer am Hindukusch in Stellung gehen, hat zugleich daheim viel zu tun und beschuldigt gerade Edward Snowden des »puren Verrats« von Staatsgeheimnissen, wo kämen wir denn hin, wenn jeder im Dienst der Wahrheit seinem Gewissen folgen wollte. Der Schlossherr von Bellevue verkörpert in Person ein Deutschland zwischen NSU und NSA. Links blind und rechts Lakai.
Nachtrag: Aber sein unschuldiger Papa, dieser 34er-Nazi wurde doch von den bösen Russen 1951 als Spion für vier Jahre nach Sibirien verschleppt. Verpflichtet uns das nicht alle zur Solidarität mit Vater und Sohn? Kurioserweise gefiel sich die FAZ im Vorjahr gerade mal wieder in kritischer Laune. Am 12.3.2012 durfte der Grazer Professor Stefan Karner eine ganze Zeitungsseite füllen. Artikelüberschrift: Die MGB-Akte Joachim Gauck senior. Resultat: Die Agententätigkeit des SA-Manns und Nazi-Marine-Offiziers ist nachweisbar. Sein bundespräsidialer Sohn hält den Vater für schuldlos. Die FAZ aber ist auf ihre Aufklärungs-Leistung so stolz, dass sie seither zu all diesen Fakten schweigt. Etwas ist zu konkretisieren. Gauck senior wurde 1951 zu vier Jahren Sibirien verurteilt. Ich weiß, was das bedeutet, war nichts weniger als ein Spion und hatte dennoch vier Jahre Gefangenschaft durchzustehen. So etwas konnte einem in unserem Zeitalter der Hochkultur leicht passieren. Da haben wir ja noch Glück gehabt, Gaucks Vater und ich. Das Glück aber spielt Lotterie.
Erst marschierte vor Jahrzehnten die sowjetische Armee in Afghanistan ein und verließ es nach langer Zeit geschlagen. Dann brachen die USA und wir auf an den Hindukusch und ziehen bald siegreich wieder ab. Eben meldet das Radio, die US-Juraprofessorin Marjorie Cohn warnt: »Whistleblowers drohen Einzelhaft und Folter.« So etwas vernahmen wir bisher meist aus östlichen Staaten, doch keine Angst, der Westen holt zügig auf. Mit Gauck sind wir sicher dabei.
|
|
Badiou bringt Platon nach Hollywood. Möchte Marx mit Liebe ermöglichen.
|
FAZ vom 4.7.2013, Redaktion Neue Sachbücher, mit Platon-Statue verzierte Rezension von Alain Badious Bekentnis-Geständnis mit dem Titel »Platons ›Staat‹«. Noch kenne ich das Buch nicht. »Her mit dem großen Ereignis!« ruft die Zeitung enthusiasmiert: Und dann: »Durch den Mund eines alten Philosophen und mit Ausblick auf eine wahrhaft kommunistische Gesellschaft: Alain Badiou findet in Platons ›Staat‹ vor allem das, was er sich schon lange dachte.« Wir staunen. Eine wahrhaft kommunistische Gesellschaft – so bejubelnd empfohlen könnte das prompt den Verfassungsschutz alarmieren, passierte es linkerhand, rechts ist es ungefährlich, weil nur Kultur. Gerechterweise sei angemerkt, Badiou ist es wert. In der FAZ vom 3.7.2011 wurde schon sein Lob der Liebe angepriesen. Wir empfehlen überdies seinen Titel Ist Politik denkbar? Merve Verlag, Berlin 2010, besonders ab Seite 135: »Was es heißt, ein Marxist in der Philosophie zu sein.« Dazu Seite 33/34 über revolutionäre Subjektivität und warum sie bis heute unterliegt. Philosophisch ist heute rechtsrheinisch nichts vergleichbar, doch historisch-politisch stößt Mario Kesslers taufrische Ruth-Fischer-Biographie ins Zentrum vor. Untertitel: Ein Leben mit und gegen Kommunisten – wir signalisierten das Standardwerk im poetenladen kürzlich im Nachwort 13 unter dem Stichwort Ein Kampf um Moskau und Berlin als wär's aus Tolstois Krieg und Frieden. Ruth Fischer gibt als geschichtsträchtige Hauptfigur den Blick frei auf die unendliche Liste der Verfolgung, samt Wechsel der Verfolgten und Verfolger. Beginnend bei Wolfgang Abendroth, nicht endend bei Arnold und Stefan Zweig. Beim Namen Jakob Moneta stutze ich – eine »sehr gute Zusammenarbeit« Ruth Fischers mit Moneta wird notiert? Es gab gute Gründe. Kessler deckt ein Geheimnis nach dem andern auf, sein Buch ist ein Meilenstein, um den keiner herumkommt, der die Kämpfe des Jahrhunderts beurteilen will. Die Lektüre geht mir nahe als wär's ein Roman im engsten Umkreis, jeder Name ein Kapitel für sich.
|
|
Caroline De Luis –
Drei Ehejahre mit Wolfgang Harich –
Viel Liebe und und noch mehr Lektüre
|
Das Gefühlsdoppel von Freude und Trauer lässt mich Gründerjahre aus dem Regal nehmen, die Erinnerungen von Caroline De Luis, 1998 erschienen bei »Frankfurter Oder Editionen«, der Kleinverlag hält sich tapfer, Caroline lebt seit langem in Italien. Drei Jahre lang ist sie mit Wolfgang Harich verheiratet gewesen, der ihr so en passant per Zettel auftrug, in einem Monat mehr als zweihundert Bücher zu lesen. Sie ertrug Wolfgangs pädagogische Ungeduld mit liebender, wenn auch nicht unbegrenzter Geduld. Die gelernte Schauspielerin und spätere Philosophiestudentin berichtet so genau wie rasant über ihre individuellen Erlebnisse und Erfahrungen wie Kessler in seinem Mammutwerk aus dem großen geopolitischen Revolutionsraum. Dieser »Traum vom Dritten Weg« ist überall aufzuspüren. Caroline dazu: »Europas Linke, die für den Dritten Weg eingetreten war, muss sich entscheiden …« (Seite 123) Und nun schlägt's 13, heute, am 7.7.2013 feiert die FAS einen »Vorhof des Morgens«, denn »Alain Badiou – schreibt ein Drehbuch über das Leben Platons. Brad Pitt soll ihn spielen, Sean Connery will Sokrates verkörpern. … « Da geht doch glatt die Post ab. Philosophie als Millionenspektakel. Was wird Hollywood daraus machen? Eine Filmfabrik, die mit dem antiken Rom in allen Varianten schon die Kassen füllte, dass sich in Roms Untergang der USA-Untergang ankündigte. Mit Badious Drehbuch soll es nun zurück ins antike Griechenland gehen. Platons Höhle als Zukunftsmodell. Inklusive Platons Utopia. Inklusive Badious Kommunismus der Liebe. Welch ein schönes optimistisches Spektakel. Aber – hat Bloch es nicht vorausgehofft?
Kurzer Durchlauf zu Badious Anfrage, ob heute Politik noch möglich sei. Macht euch die Erde untertan, wie es in der Bibel heißt, ist falsch, weil überholt. Die Erde als globaler Untertan steht in Gefahr des Untergangs. Ihre Ausbeutung wurde wie die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zum unmittelbaren Existenzrisiko. Der gegengläubige Marxismus ist der Versuch, Philosophie und Politik identisch zu gestalten. Das führt zur Revolutionsfrage mit den Polarisierungen Revolution – Reform, Theorie – Praxis, links – rechts, Strategie – Kultur, Ideologie – Ontologie, Klassenkampf – Klassenharmonie. Seit der griechischen Antike bietet sich dem Historiker die Parteienfrage mit den Polen Demokratie – Diktatur an. Der Weg von Marx zu Lenin, der das grundsätzlich ändern sollte, führte zur übermächtigen Einheitspartei. Dieser Prozess der Entfremdung des Marxismus von Marx setzt mit dem Ende der Sowjetunion einen Schlusspunkt. Die Praxis kollektiver Parteipolitik hat versagt. Rechts führt der Konkurrenzkampf zu Kriegen um die Weltmacht. Links zum Konkurrenzkampf der Parteimächtigen um dasselbe Ziel. Philosophie verflacht zur Propaganda. Der Mensch wird geteilt in den Über- und den Untermenschen. Damit steht die Identität von Philosophie und Politik als Existenzfrage neu zur Debatte. Es sei denn, die überlebenden Genossen genügen einander in diversen Sekten und Veteranenvereinen. Badious Frage »Ist Politik denkbar?« erhält eine unvermutete Schärfe und Sprengkraft, die er doch gerade verhindern möchte. Doch was brauchen wir Politik, wenn wir die Philosophie gewinnen?
»Jetzt kommt Zwerenz, stellt Fragen, stellt in Frage, der Unbequeme, der beweist, dass alles auch ganz anders sein könnte …« So Walter Jens, wie er im Nachruf 18 am Ende zitiert wird und wie er eine meiner Lesungen in der Tübinger Buchhandlung Gastl eingeleitet hatte. Wer das gesamte Zitat – Seite 7 – nachliest, begreift, es geht weniger um mich und mehr um Bloch und mich als Bloch-Schüler, was zu sein ich seit langem verneinte, weil ich als Autor immer mehr zum Bloch-Praktiker wurde. Die Schüler der Meisterdenker suchen ebenfalls Meisterdenker zu werden. Mir fehlte es dazu am passablen Ehrgeiz und bürgerlichen Größenwahn. Bloch animiert per se zum Weiterdenken, das Andersdenken hatte mir sechs Jahre Krieg und Gefangenschaft beigebracht. Blochs Geistesrevolten einschließlich der Eskapaden wurden zum Schlüssel eigener Lebens- und Todeserfahrung. Seine Sprache steckt voller Signale und Aufforderungen zur Spurensuche in der Welt und im eigenen Gedächtnis.
Zitat aus dem www.poetenladen Nachwort 99 vom 25.11.2012: Bloch schickte uns seine Bücher stets mit Widmung für Ingrid und Gerhard Z. Ein einziger Band richtete sich nur an mich: »Ein Gruß vom Kurfürstendamm der zwanziger Jahre für Gerhard Zwerenz – herzlich Ernst Bloch.« Es geht um Erbschaft dieser Zeit, Suhrkamp 1962 – Buch und Widmung schlagen eine Brücke fünf Jahre zurück zu meinem heimlichen letzten Gespräch mit Bloch in Leipzig. Er war bereits ohne Lehrstuhl, ich auf dem Weg in den Westen. Das war ein heikles Thema, denn, so unsere Bedenken, würde eine BRD ohne DDR nicht zurückfallen in die Wirren und Gefährdungen einer Weimarer Republik? Die Widmung im Erbschafts-Buch spielte 1962 darauf an. Das ganze Werk ist eine Warnung vor der ewigen Wiederkehr des üblen Gleichen.
(Ende Zitat)
Nicht der Philosoph Bloch wurde vor Zeiten Bundespräsident, sondern vor kurzem Pastor Gauck, der sich auf 2000 Jahre Christentum, davon ein Halbjahrhundert Lutherglaube stützen konnte, assistiert von Sozialdemokraten und Grünen, lauter dienstbaren Heerscharen des alten Gottes. Ernst Bloch überlebt lediglich als Zitat, Episode, bestenfalls Seminarstunde. Der Vorschlag einiger Ostler von 1956 in Leipzig, den deutsch-jüdischen Philosophen als Staatspräsidenten zu küren, gilt einer überwiegenden Mehrheit als Schnapsidee. Platon ging zwar dreimal zum Tyrannen. Doch was hatte er davon? Badiou schreibt ein Drehbuch für Hollywood darüber.
Philosoph ist, wer nicht aufgibt. Die Blochianer berufen sich dazu auf die Grundlinie von Aristoteles bis Bloch. Die Philosophie dazu ist in Blochs Erbschaft dieser Zeit enthalten. Das hat zeitgeschichtliche Gründe. Heideggers Sein und Zeit (1927) beurteilten Brecht, Bloch, Walter Benjamin, Günter Anders als philosophischen Vorschein des Faschismus. Ihr Plan eines Anti-Heidegger-Pamphlets scheiterte, ihr Projekt, den aufstrebenden Nazis »eingreifendes Denken« entgegenzustellen, blieb in Ansätzen stecken. Was als weitausgreifendes Resultat vorliegt, ist Blochs Erbschaft dieser Zeit von 1935, sein Rückblick auf das Versagen der Weimarer Republik. In der Erweiterten Ausgabe von 1962 wird die exakte Analyse der Versagensursachen weitergeführt. Antifaschistische Kritik inklusive antifaschistischer Selbstkritik ergibt Dekonstruktion. Blochs Hauptwerk ist Das Prinzip Hoffnung, die Erbschaft aber ist ein klassisches Dekonstrukt. Gelangten die französischen Philosophen (Kritiker) von Nietzsche über Heidegger und Sartre zu ihren neuen Erkenntnissen, verlief die Linie in Deutschland über Nietzsche und Marx zu den antifaschistischen Linksintellektuellen. Linker Antimarxismus wie in Paris verbot sich, Marxfresser gab es schon zahlreich genug. Daraus folgt eine weitere Differenz. Die französischen Dekonstruktionisten heimsten Erfolge ein.
Die ANTIFA-Deutschen gehörten in der Bonner Republik zu den unerwünschten Linken. In der DDR mussten die Philo-Linken sich tarnen. Im 1990 eingemeindeten Ostteil der Berliner Republik herrscht das Prinzip des Unwissens und Vergessens, ganz wie in der DDR ab 1956/57. Danach wuchsen im Leipziger Philosophischen Institut Studenten heran, die den Namen Bloch nicht einmal kannten, wie wir bei unseren ersten Besuchen nach Ende der DDR feststellen mussten. Wir erhofften uns einen eigenständigen Denker und erhielten einen geschwätzigen Theologen. Das ist paradigmatisch. Statt Bloch Gauck. Denn in Adenauers perpetuiertem Panoptikum lebt es sich ungestört und angenehm, während die Erde den Atem anhält, weil In Deutschland Wahlen bevorstehen. Der Kampf um die Weltmacht geht ungestört weiter. Das alte Rom ging unter. Merkel ist heute die stärkste Frau, behauptet Obama. Er muss es wissen. denn er hört sie ab. Beide gewannen schon den Kalten Krieg. Statt gegen die Sowjetunion geht es gegen Russen und Chinesen. USA plus Deutschland sind unschlagbar wie alle früheren Riesenreiche.
Was soll da noch dieser Bloch, der Utopist einer anderen Welt, was soll seine aristotelische Sprachphilosophie, was soll der Hiob-Affekt, das Hadern mit dem Herrn und seinen Knechten. Die Lage der arbeitenden Klasse in England? Das war Friedrich Engels, der daraus die Revolution folgerte. Schopenhauer war auch dort, zog aber die Verzweiflung vor. Marx fing mit dem Kapital an, Engels schloss es ab. Was tun? Der Staat als Dschungelcamp wird`s schon richten. Von Marx aber ist zu hören, »… dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen ist, also mit dem Kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist …« So Marx statt aus der Hölle aus dem Himmel, nachzulesen in der MEGA, und Bloch als Neubürger dort oben dicht neben dem Alt-Klassiker, dem er seine marxistische Dekonstruktions-Ontologie vorträgt. Ernst zu Karl: »Wir sind Genossen!« Karl zu Ernst:»Du machst mir Hoffnung!« Ernst zu Karl: »Der Mensch ist etwas, das noch im Werden ist.« Und dann unterhalten sich die beiden über die Differenz zwischen der demokritischen und epikuräischen Naturphilosophie, während wir als bisher noch Überlebende im September außer der Bundestagswahl keine Wahl mehr haben.
Postscriptum: Die freundlichen Einführungssätze bei meiner Lesung in der Buchhandlung Gastl bedürfen der Ergänzung. Zwischen Bloch und Jens hatte es kleine Unstimmigkeiten gegeben und mir verübelte er ein paar Sätze in meinem Buch Ärgernisse. Beides schaffte der brillante Rhetoriker mit wenigen Worten aus der Welt. Mich freute das und der im Publikum sitzende Ernst Bloch erkannte die an ihn gerichtete Adresse. Denn er war und ist das Original, das in Leben und Werk belegt, es könnte alles auch ganz anders sein, versäumten wir nicht die besseren Möglichkeiten dazu.
|
|
|
|
|