Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer Gedenksteine in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
John Updike
(Reading 1932 – Beverly 2009)
Requiem
(Reading 1932 – Beverly 2009)
Requiem
Was ich jüngst einsah, war ganz schlicht:
Wenn ich heut’ sterbe, sagt man nicht
„Wie schade! Noch so jung, und so
Begabt – erstaunliches Niveau!“
Mit Achselzucken, tränenlos
Wird’s heißen: Jetzt sind wir ihn los.
Ich sehe schon den Kommentar:
„Dass der nicht längst gestorben war?“
Das Leben ist ein saurer Quark,
Der Tod real, und dumpf, und stark.
Und seinen Schrecken registriert
Keiner, nur der, dem er passiert.
Wenn ich heut’ sterbe, sagt man nicht
„Wie schade! Noch so jung, und so
Begabt – erstaunliches Niveau!“
Mit Achselzucken, tränenlos
Wird’s heißen: Jetzt sind wir ihn los.
Ich sehe schon den Kommentar:
„Dass der nicht längst gestorben war?“
Das Leben ist ein saurer Quark,
Der Tod real, und dumpf, und stark.
Und seinen Schrecken registriert
Keiner, nur der, dem er passiert.
Deutsch von Christophe Fricker
»Dieser Erz-Lutheraner unter den Schriftstellern, den sein ganzes Leben die intellektuelle Neugierde umtrieb, fühlte sich von der Wissenschaft bedrängt wie andere von Gott.« Ian McEwan
John Updike wurde am 18. März 1932 in Reading, Pennsylvania, geboren und starb am 27. Januar 2009 in Beverly, Massachusetts. Sein erstes Buch veröffentlichte John Updike 1958 – es war ein Gedichtband: The Carpentered Hen And Other Tame Creatures. Er hat – neben Essays und Gedichten – mehr als 20 Romane und Erzählbände veröffentlicht und erhielt zahlreiche Literaturpreise. Auch zählte er zu den Anwärtern auf den Literatur-Nobelpreis.
09.06.2009