Dekonstruktion oder Das Ende der Verspätung ist das Ende Das Dutzend Leipziger Jahre Ernst Blochs war der Versuch, die Stadt von der Pleiße ans Meer zu verlegen. Das Wasser floss sowieso mit der Elbe zur Nordsee und in den Atlantik. Wer zurückblieb, litt an einiger Verspätung. Mein philosophischer Hauptsatz lautete wie der Titel sagt: Dekonstruktion oder das Ende der Verspätung ist das Ende. Der Witz ist, dafür brauchte ich gar keine Philosophie. Sie formulierte mir nur meine Lebens- und Todeserfahrung. Soviel zum Titel und nun zur Sache: Das Konzept meines Bloch-Romans bezog die Berlin-Leipziger Geschichte der Dekonstruktion ein. Im Gegensatz zu den Pariser Meisterdenkern, bei Sartre angefangen, verzichteten wir auf die Linie von Nietzsche zu Heidegger. Als 1927 Heideggers Sein und Zeit erschien, wollten Brecht, Benjamin, Bloch und Günther Anders eine Zeitschrift gegen Heidegger gründen. Als Prinzip sollte „eingreifendes Denken“ dienen. Es griffen aber Hitler und Stalin ein. Panzerarmeen statt Ideen. Das schreit nach Gegenwehr. So schwenke ich elegant um auf unsere Marx-Brüder Georg Lukács und Ernst Bloch. Existentialismus oder Marxismus-Erbschaft dieser Zeit. Die Geistesbrüder L und B begleiteten den Gang des revolutionären Marxismus vom 1. Weltkrieg bis zur Niederschlagung des ungarischen Oktoberaufstands von 1956, der für beide auf unterschiedliche Weise das offizielle Aus bedeutete. Von da an zählt der Theoretiker und Praktiker L zur Historie der Oktoberrevolution in ihren auf- und absteigenden Phasen. Der Philosoph B, der nie als Theoretiker oder Praktiker der Partei auftrat und lediglich als verbundener Linksintellektueller gegolten hatte, geriet Anfang 1957 nachdrücklich in Acht und Bann. Während L als spezielle Geschichtsfigur erinnert wird, führt B als Philosoph ein seltsames Nachleben. Für die Feinde links wie rechts gilt er als toter Hund. Für die Blochianer beginnt seine Wirkung erst. Beides ist so falsch wie richtig und aus diesem Konflikt resultiert die Wirkung. Als Bundeskanzler Schmidt 1977 bei Blochs Tod bedauerte, mit seinem Wunsch nach einem Gespräch über die Utopie zu spät gekommen zu sein, ahnte er nicht, dass seine Utopie-Vorstellung längst veraltet gewesen ist. Das war übrigens schon seit Marx und Engels der Fall. Doch darüber war bei Schmidts philosophischem Favoriten, Meister Popper – Sir Karl Raimund Popper – nichts zu erfahren. Unser Buch Sklavensprache und Revolte speist sich aus zwei Quellen. Die eine ist Der Mensch in der Revolte von Albert Camus, die andere ist Ernst Blochs Sprach-Revolte. Wir unterscheiden vier Variationen von Sklavensprache: die naive, die taktische, die strategische, die poetologische. Der Naivling redet als Knecht wie der Herr es will. Taktisches ist zu vernehmen, ist der Sprechende unzufrieden, gar rebellisch geworden und schimpft. Die strategische Sklavensprache nutzt den Duktus, überschreitet aber die Klassengrenzen ins Radikale. Die poetisch-poetologische Form ist ästhetische Revolte. Ernst Blochs Aufforderung, Schach statt Mühle zu spielen, ist als Metapher das Resultat einer Dekonstruktion plus. Die Dekonstruktion wird in einem Satz von Camus plausibel: „Alle modernen Revolutionen haben mit einer Verstärkung der Staatsgewalt geendet.“ Bloch gibt der fatalen Analyse das Plus hinzu: Schach statt Mühle hieß: Reform im Sinne einer zweiten Revolte, also weder zurück zu Stalin noch Selbstaufgabe vor dem Tod im Kapital.
Descartes verkehrt:
Kaum hatte ich dem Prof. Holz auf seinen niedlichen Antikommunismus-Vorwurf in der jungen Welt geantwortet, druckte die aufmerksame FAZ am 24.7.2010 eine so detailreiche wie genaue und selbstironische Rückschau von Ulrich Raulff auf seine Studentenzeit im ehemals tiefroten Marburg ab. Erinnert wird an unseren alten Freund Wolfgang Abendroth, der sich ein Jahrzehnt vor uns in den Westen rettete, und an den eben zum Professor berufenen Hans Heinz Holz, einen „Mann von ähnlicher Prägnanz wie Abendroth und großer persönlicher Eleganz, aber auch von einer bestürzend versteinerten, marxistischen Dogmatik.“ Das ist glänzend gesehen und formuliert, bloß die Marx angeheftete Dogmatik riecht mehr nach FAZ-Schule als nach Marburg. Wir kehren von dort nach Leipzig zurück, wo Nietzsche am Pleißenufer predigt: „Seht, ich lehre euch den Übermenschen: der ist dieser Blitz, der ist dieser Wahnsinn!“ Heißt Friedrichs Übermensch Walter Ulbricht? Nicht grundlos stellte ich ihn 1966 in einem Büchlein dem Übermenschen Adenauer zur Seite, d.h. entgegen, das war außenpolitisch gezielt, innenpolitisch versagte unser Sachsen-Heros exakt im Oktober 1956, so wurde daraus eine Leipziger Oktober-Konterrevolution. Kommandiert vom Übermenschen Stalin hatte Ulbricht klammheimlich seine DDR als sozialistischen Staat soweit etabliert, dass 1956 die Abnabelung von dem seit 1953 neben Lenin einbalsamierten und ausgestellten Großmogul Wissarionowitsch an der Zeit gewesen wäre. Im Berliner Politbüro und ZK warteten genügend Geburtshelfer auf ihre Stunde. Da lieferte der Spiegel Fotos von in Budapest gelynchten Genossen. Wollt ihr so enden? fragte Ulbricht. Sein Nothelfer wurde Paul Fröhlich, Statthalter von Leipzig, sein kulturelles Exekutivorgan hieß Siegfried Wagner. Ein Siegfried wie von Richard Wagner erfunden. Der wahre Übermensch Fröhlich war erst Kommunist, dann Wehrmachts-Feldwebel und Koch, später Ulbrichts Retter aus höchster Not. Soweit ist die damalige Situation übersichtlich. Wie aber werden daraus heutige Bühnenszenen und Dialoge? Soll ich selber meine Texte in Auerbachs Keller vortragen? Kafka würde mich wohl einlassen, doch wer mag schon freiwillig Walter Ulbricht spielen? Vielleicht H.H. Holz? Vielleicht bequemt sich der Professor zu einer Doppelrolle. Soviel zur Comic-Serie des Romans, der ein Bühnenstück vorführen soll, weil Faust samt Mephisto es erwarten. Da steh ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor. (Der Tragödie erster Teil: Nacht.)
Die Sache mit dem Tod und seiner Überwindung war mir zugleich lieb und fremd. Da tummeln sich neben den Pastoren noch die Philosophen. Ich war im Krieg ein paar Mal abgekratzt, der Sachse bleibt existenzbedroht nicht eiskalt, aber nüchtern. Als ich Anfang 1952 nach Leipzig fuhr, (siehe Folge 7 Reise nach dem verlorenen Ich) diesen Professor gegen Tod und Kapital aufzusuchen, klemmte ich mir den Lukács-Band untern Arm. Das hat mit der zweiten Lukács-Passage von Seite 59 zu tun, die mir nicht aus dem Kopf ging: „Der Faschismus ist geschlagen. Nicht nur militärisch und politisch, auch moralisch. Dies aber eher in objektiver Hinsicht als subjektiv. Vor allem: Die Faschisten sind geblieben. Und nicht ohne Unterstützung jener ›demokratischen‹ Strömungen, die in ihnen eine brauchbare Reserve gegen links erblicken. Dies bedeutet auch eine Abdämpfung des ideologischen Kampfes gegen den Faschismus. Vor allem aber eine volle Toleranz jenen Weltanschauungen gegenüber, die den Faschismus geistig und moralisch vorbereitet haben (Nietzsche, Spengler, Ortega y Gasset, Heidegger). Der Einfluss dieser Strömungen ist auch in der politisch linken Intelligenz beträchtlich. Die neue soziale und politische Lage drückt sich also weltanschaulich sehr kompliziert und widerspruchsvoll aus, ist aber weit entfernt von jener radikalen Abrechnung mit dem präfaschistischen und faschistischen Erbe, die Optimisten von der NiedSerlage Hitlers erwarteten.“ Georg Lukács, der sich 1951 für uns so luzide contra Irrationalismus äußerte, wurde ein halbes Jahrzehnt später auf Anordnung Walter Ulbrichts von Paul Fröhlich in Leipzig zum Konterrevolutionär erklärt. Mit ihm zugleich Bloch, Mayer und andere, indirekt auch Brecht. Wer spielte hier verrückt? Im Oktober 1956 schlägt die Sowjetarmee in Budapest den ungarischen Aufstand nieder. Lukács verschwindet spurlos. Bloch bittet Walter Janka, Lukács rauszuholen. Janka will mit Hilfe Bechers ein Flugzeug schicken, was Ulbricht verhindert. Bloch ist wütend. Becher sucht Bloch telefonisch zu begütigen. Erreicht nur Karola Bloch, die ihm die Leviten liest. Einem Abgesandten erläutert Bloch seine Gesprächsverweigerung mit der Auskunft, er wolle „Lumpen nicht garnieren“. Becher hört von einer bevorstehenden Ulbricht-Aktion gegen Lukács und Bloch. Setzt von einem Tag auf den anderen ein Treffen in Leipzig an. Fährt hin. Das Treffen wird verhindert. Becher fährt tags darauf nach Berlin zurück. An diesem 28. November 1956 schreibt Ulbricht seinen Brief an Paul Fröhlich in Leipzig, mit dem die Anti-Bloch-Kampagne, die der Kulturminister Johannes R. Becher abblocken wollte, einsetzt. Die von Becher für den 27. November geplante und von Gegnern torpedierte Zusammenkunft findet nun, von Fröhlich im Auftrag Ulbrichts organisiert, am 30. Januar 1957 in der Leipziger Kongresshalle statt. Statt der 60 bis 70 Personen werden mehrere hundert Kulturarbeitergenossen herangekarrt. Ich glaubte meinen Augen und Ohren nicht trauen zu dürfen, als mein Freiheitsgedicht Hauptziel der Angriffe wurde. In den Tagen darauf änderte sich mein Selbstverständnis. Politik und Philosophie konnte ich nur noch als humoristische Einlagen bewerten. Comics total im heutigen Sinn, Kabarett eben, von Zeit zu Zeit mit polemischen Vorstößen vernetzt, man will schließlich auch selber seinen Spaß am Schimpfen haben.
Die Mutter der Freiheit heißt Revolution war am 1. Juli 1956 in der Kulturbundzeitung Sonntag erschienen. Der schöne Titel geriet unter Trotzkismus-Verdacht. Walter Ulbricht konnte ihn auswendig, Paule Fröhlich kochte über, sein Kultursekretarius Wagner heftete sich fleißig an meine Fersen. Der Leser dieser Aufzeichnungen weiß Bescheid – vom 1. Juli 56 bis zum 30. Januar 57 war ich mit der Verteidigung des Gedichts beschäftigt. Es folgten Gespräche, Verwarnungen, Drohungen und am 1. Juni 57 der Parteiausschluss. Inzwischen war der Kampf gegen Bloch voll entbrannt. Wären die Herren noch bei Troste gewesen, hätten sie stattdessen eine Leipziger Denkfabrik gegründet, ein Hoffnungs & Zukunfts-Institut zur Verhinderung des parteisozialistischen Untergangs in Einheit von Berlin bis Moskau, dem allein China widerstand. Warum überlebte China den sowjetischen Untergang? Und warum wagten unsere ostdeutschen Genossen nicht ihren eigenen (3.) Weg? Meine liebenswürdigen Strophen gerieten in den Ruch des Trotzkismus. Na und? Gegen Trotzki sondern heute noch die werten Verfassungsschützer jede Menge Angst ab. Es geht ihnen um die Verteidigung der Freiheit am Hindukusch. Zur Bundespräsidentenwahl im Juni 2010 trat Joachim Gauck als verbaler Freiheitskämpfer auf, wobei er sich, von SPD und Grünen lanciert, stets gegen links wandte, wie es fest in der Tradition der Deutschen Christen verankert ist. Dazu Meyers Kompakt-Lexikon 2004: „Deutsche Christen, unter Einfluss des Nat.-Soz. entstandene kirchl. Bewegung, erstrebte die Machtübernahme innerhalb der dt. ev. Kirchen; in Abwehr gegen diese Formierung der Bekennenden Kirche.“ Mein kleiner Freiheitsdurst ist von anderer Art. Zugegeben, ich war und blieb so etwas wie ein trotzkistischer Blochianer, hochgestochen gesagt, einer der von Karl May geliebten Indianer, doch mein folgenreicher Gedicht-Titel stammte gar nicht von Trotzki, obwohl er gut zu ihm gepasst hätte. Vier Jahrzehnte später entnehme ich dem www. unter der Überschrift lernet was diese Information: „Im übrigen soll es der damalige (Bloch)-Schüler Gerhard Zwerenz gewesen sein, der in der damaligen DDR J.H. Mackays Poem Mutter der Freiheit, Revolution! (1894) als politische Losung popularisierte: Die Mutter der Freiheit heißt Revolution. Werkverzeichnis (eine Auswahl)“ Inzwischen kann jeder bei Wikipedia über John Henry Mackay Auskunft einholen. Unter dem englischen Namen verbirgt sich ein deutscher Schriftsteller und individueller Anarchist, geboren 1864, gestorben 1933. Sein Gedicht mit dem Titel Mutter der Freiheit, Revolution, ist 1894 erschienen. Ich bedanke mich für die couragierte Vorgängerschaft. Der fabelhafte Internet-Verweis steht übrigens in einer freundlichen Aufzählung meiner Veröffentlichungen bis 2004, dazu Zitate und am Ende Personenangaben, das sind Name, Geburtsdatum und -Ort, nur Todestag und Sterbeort sind freundlicherweise noch freigeblieben. Wären die beiden Spalten auch ausgefüllt, müsste ich mich als verspätet am Leben befindlich empfinden. Geschichten, die ich zu erzählen habe, sind vor allem meine eigenen Geschichten, inklusive Irrtümern und Niederlagen, dann kommt ein Stück Niemandsland, genannt Deutsches Reich, Freistaat Sachsen, Leipzig an der Pleiße, das engt den Kreis nicht ein, es erweitert ihn bis ins Herz, diese Weltbühnen-Zentrale in Auerbachs Keller, wo unsere Schachfiguren von Adam, Adenauer, Adorno bis Zappenduster und Zinnober versammelt den Auftritt des Türstehers erwarten – Franz Kafka aus dem nahen Prag, der Fabulosus wird das geheime Gesetz verkünden, vor dem wir stehen, und wer's nicht übersteht kommt im Gasthaus in die Suppe, auch wenn er ein Heldenleben göttergleich führte, wie die Hofdichter und Schranzenhistoriker verkünden. Was hier erzählt wird, wollen viele nicht wissen. Das schwarze Sachsen hört nur Schlechtes vom roten Sachsen. Andere wollen sich nicht erinnern. Na wenn schon, ich fabuliere ja nur die Personengeschichte des 3. Weges bis in den heutigen Nachmittag hinein, denn spätestens übermorgen wird der Erdball explodieren.
Deutschland 2010. Trotz Krise brummt die Wirtschaft wieder. Deutsche Luxus-Autos sind gefragt. China rettet Mercedes, BMW, Audi, VW. Ist Russland bald abgebrannt? In China, Pakistan und Bangladesch saufen ganze Provinzen ab. In der Berliner Republik treten die Schwarzen zurück. Sammeln sie? Angela bügelt ihren FDP-Partner glatt. SPD und Grüne sind bereit. Die Kanzlerin steht mit Peking auf bestem Fuß. Sind zwar Kommunisten, doch kapitalistisch. Jedenfalls an der Macht. Ist ne Mischung dort. Wie bei uns auch. Der Mix. Merkel regiert. Ackermann hat die Macht. Die Partei der Linken changiert zwischen Linkssozialisten und linken Sozis. Wer mit wem gegen wen für wen? Ein Wunder geschieht. Am 3. August 2010 erscheint das FAZ-Feuilleton auf Seite 1 mit einem Paukenschlag über China und Marxismus: „Der wandlungsfähige Herr Ma in Peking“. Von Mark Siemons, der als FAZ-Chinese dort im Land einiges lernen durfte. Lustig-luftig stellt er neuerworbenes Wissen zur Schau: Wie viele Kompromisse verträgt der Marxismus? Da staunt der gut dressierte FAZ-Konsument. Der deutsche Jude Marx in der Heimat besiegt und in Peking als Partei an der Macht? Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral (Brecht) – erst kommt der Kapitalismus, dann der Kommunismus (Peking). Seit dem Beginn unserer Sachsenserie am 10. 9. 2007 im poetenladen heißt es in der Einleitung: „Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche …“ Die Überschrift zur 2. Folge der Serie lautet: „Wird Sachen bald chinesisch?“ Sachsen wohl noch nicht. Aber Mark Siemon gewann an Einsicht. Sein Artikel endet mit der Erkenntnis: „Der Marxismus ist unterdessen zu einem Gehäuse mutiert, in dem sich so ziemlich jede Art Politik unterbringen lässt, solange sie nur als Einheit der Gegensätze unter dem Dach einer autoritären Partei interpretiert werden kann - und insofern auch als Gegenmodell zur westlichen Demokratie taugt.“ Die Einheit der Widersprüche hat Zulauf. Ist das nun bloßes Sommertheater oder verhilft der Exportmarkt zur Vernunft? Im anschließenden FAZ-Feuilleton werden zum Ausgleich die alten Stamm-Herrschaften beschworen, Ernst Jünger und Heidegger in Reih und Glied, die Stahlgewitter gewittern, die postheroischen Enkel zwittern, das reicht nicht für die Gespensterparade, da muss noch der selige Nietzsche aufpoliert werden. Gott ist tot hat der behauptet? Das geschah im jugendlichen Leichtsinn sächsischer Pubertät unweit Leipzigs. In Wirklichkeit soll der späte Nietzsche Gott sei Dank Gott für lebendig erklärt haben. Dafür spendete man dem Friedrich eine Viertelseite. Das zweite Viertel ist der Firma Jünger&Heidegger gewidmet. Das dritte Viertel handelt von „Frauen im Schweizer Kloster …“ und trägt den Titel: „Der Glaube ist eine pikierte Pflanze“. Selbstkritik der FAZ-Gärtner? Nein. Versuchter Ausgleich für einen etwas zu rational und reflektiert geratenen Leitartikel über Marx in China. Peinlicherweise schwenkt Hillary Clinton als US-Außenministerin ausgerechnet in Hanoi bei der ASEAN-Konferenz am 23. Juli von der friedlichen zur konfrontativen China-Politik um. Da werden in der FAZ wohl bald wieder die antikommunistischen Kommunistenfresser dominieren. Was dann, Frau Merkel? Ein neuerliches Treffen mit dem Dalai Lama, und unsere Global Players der Autoindustrie können ihre Luxus-Karossen auf Halde stapeln. Im vorigen Nachwort empfahlen wir der Leipziger Universität, sich wieder mit dem Namen Karl Marx zu schmücken. Dem Außenhandel könnte es nutzen, wenn man mit den Ressourcen der weiland DDR klüger umgeht als bisher geschehen. Diese flotten Chinesen sind eben dabei, sich ihren eigenen rotgelben Marx zu entwickeln. Und wer zu spät kommt, dem droht das Ende. Kaum hatte ich dieses 36. Nachwort so schön und liebevoll beendet, lese ich nach dem auffallend verständigen Mark-Siemons- An Karl Marx und seine Funktion in China denkend erinnere ich mich nochmals des Marxisten Georg Lukács. Die Scharnierfunktion Heideggers, des Staatsrechtlers Carl Schmitt und des stahlgewitternden Eisenfressers Ernst Jünger ins Auge fassend urteilt Lukács: „Wohin geht nun diese Philosophie? Sie behält ihre extrem vernunftfeindliche Wesensart aus dem Präfaschismus.“ Das wurde vor mehr als einem Halbjahrhundert geschrieben und ist doch so frisch wie vom jüngsten Tag. Ein weiteres Nachwort ist für Montag, den 30.08.2010, geplant.
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Gerhard Zwerenz
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