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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte

Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 55. Nachwort

Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.

  55. Nachwort

Welche Revolution darfs denn sein?


Gerhard Zwerenz | Die Rückkehr des toten Juden nach Deutschland   Buchseite 153 – Rückkehr der ermordeten Jüdin Rosa L.








Gerhard Zwerenz
Die Rückkehr des toten Juden nach Deutschland
Hueber Verlag 1990 (1986)


Kafka meldet von der Tür her wieder den Mann mit dem Gewehr, der den Ernst Jünger erschießen will. Brecht setzt Jünger gerade den Helm mit dem Durch­schuss­loch auf und saut mich an: Schafft mir den Kerl vom Hals. Ich zur Tür. Der Rache-Engel trägt seine Stirn-Narbe als Orden. Wir proben hier Welt­theater, sag ich, Sie stören die poetische Genossen­schaft. Er: Der Jünger komman­dierte das Exekutions­kommando und gab mir den Fangschuss. Ich: Rache wird auf die Dauer langweilig und stillos wie die Nationalhymne. Er: Eis am Stiel kenn' ich, aber Rache mit Stiel? Ich: Kamerad, marschier' ab zur Deutschen National­bibliothek, ganz am Ende unter Z findest du mein Büchlein Die Rückkehr des toten Juden nach Deutschland. Schlag die Seite 153 auf und du wirst gerettet sein! Er: Ich gerettet? Meine Rache will ich endlich genießen. Welchen Genuss haben wir Erschos­senen sonst noch?

Ich ziehe das zerlesene Buch aus der Tasche und deklamiere: „… und nicht allein die Juden kehren zurück. Mitten unter ihnen werden Zigeuner gesichtet, fremde Gestalten zuhauf, die man erledigt gewähnt hatte, bis auf ein paar Nachzügler, die sich leicht zernieren ließen, ausschließen, absondern, ignorieren, polizei­lich überwachen. Seltsame Männer in vergessenen Uni­formen marschieren einher, unter Schirmmützen, wie in alten Wochen­schauen, eine kurzwüchsige Frau mit von Schlägen ent­stelltem Gesicht hinkt vorbei, die Jüdin Rosa, die unter allge­meinem Beifall erschlagen, erschossen, erstochen und ertränkt worden war bis zur Unkennt­lichkeit, sie geht nun durch die Stadt, ein Lächeln voller Wunden und Blut, und ein Mann bei ihr, Karl Liebknecht, wer heißt schon Liebknecht, muss was Linkes und Jüdi­sches sein. Matrosen mit von Kugeln durch­bohrten Herzen, einge­schlagenen Stirnen, zerfetzten Gliedern werden sichtbar, alte, vergessene Arbeiterlieder ertönen, von den Klängen der Schalmeien begleitet, denen eine preußische Militär­kapelle folgt, an der Spitze der Division der dreißig­tausend erschos­senen und gehenkten Soldaten, das erste Regiment der Deserteure paradiert wie die Volks­armee, ein hinge­richteter Herr Oberst mit gezücktem Preußen­säbel spiegelt die Morgensonne im gewichsten Stiefel­leder, bis die Millionen toter Gefan­gener heran­marschieren, unübersehbar der Zug der russischen Divisionen, Hunger­gestalten aus den Lagern und Fabriken, den Bergwerken und Privat­zucht­häusern. Der Vorbei­marsch dauert drei Tage und Nächte hindurch, und nun erleben wir das Heer der toten Zivilisten, Bombenopfer, Ver­trei­bungs­opfer, Verge­walti­gungs­opfer, zu beiden Seiten des Zugs die Kinder in weißen Kleidern, blumen­geschmückt, schwarze Papier­fahnen in Händen. Am Ende wieder die Juden, gruppen­weise, scharenweise, mit Koffern und Gepäck­stücken beladen, rastlos-ratlos und unsicher, wohin sich wenden, denn die Behörden haben geschlossen, die Beamten sind verzweifelt …“

Er lauschte als läse ich aus der Bibel vor. Ich komm' zurück! ruft er und rast davon, dass Kafka erbleicht. Der wird tatsächlich wieder auftauchen, erklärt er im Ton des Prager Juden, der sich alles vorstellen kann, was die Wissen­schaft ausschließt. Pünktlich zur Mittagszeit ist die Szene mit Jünger so klar, dass Brecht sich zufrieden gibt, auch wenn er's nicht ist. Da eilt Kafka herbei: Draußen vor der Tür, ruft er nach Atem ringend, draußen vor der Tür ... alle sind da … alle …
  Wir wissen, was geschah. Dreißig­tausend exekutierte Wehrmacht­deserteure füllten die Leipziger Innenstadt und die Mädler­passage dicht an dicht, sodass kein Durchkommen war. Haben Sie das geschrieben? fragt Brecht den verstörten Kafka. Und unser guter Franz aus Prag: Dreißig­tausend exekutierte Wehrmacht­deser­teure marschieren an der Pleiße auf, nur weil Ernst Jünger die Erschie­ßung eines einzelnen Deserteurs kommandierte? Und Kafka zum Regisseur Brecht: Wie wollen Sie das inszenieren? Und Brecht mit bewährter Ironie zu Kafka: Die liebe Bundes­wehr stellt mir drei Divisionen zur Verfügung – wie aber sollen diese Kameraden Deserteure spielen? Das sind beamtete Berufssoldaten. Die dürfen das nicht. Kafka: Mit einem Brecht als Regisseur – Mann, Bert – Sie schaffen das! Brecht: Was ist, wenn ich Ernst Jünger durch die dreißigtausend Bundes­wehrsoldaten einfach erschießen lasse? Kafka: Dann fehlt der großen Zeitung am Main ein welt­anschaulicher Hauptschriftleiter …

Vom Welttheater Auerbachs Keller zurück in den prosaischen Naturalismus unserer Tage. Wir rekapitulieren: In unseren schönen uralten Leitz-Bücherkästen mit aufklappbaren Glasfenstern steht die besondere Bibliothek aufgereiht, die mir vor 80 Jahren in der Gablenzer Boden­kammer dazu diente, lesen zu lernen, was einem Bücherwurm nicht so schwer fällt, denn er ist von leiden­schaftlicher, wo nicht insurgenter Neugier auf die vorent­haltene Welt befeuert und geplagt. Jetzt sind fast acht Jahr­zehnte vergangen, seit mir eingeschärft worden ist, zu niemanden über diese gefähr­liche Lektüre zu sprechen, die man verstecken musste. Der Zwang versetzt mich noch heute in Zorn. Reden durfte ich über Karl-May-Romane, was ich gern tat, es half, nicht über Remarque, Ludwig Renn, Henry Barbusse, Arnold Zweig zu reden. Die Ein­schränkung prägte und brachte mir jene widerspenstige Artikulation bei, die, ich will's nicht beklagen, mein Leben kennzeichnen sollte.

Die Linkspartei-Ko-Vorsitzende Gesine Lötzsch galt als zu still und passiv. Weil junge Welt, das „Sektierer­blätttchen“ (FAS) zur Dis­kussion Wege-zum-Kom­munis­mus einlud, sagte die den Provo­kations­wert sofort erfassende Politikerin zu, gleich wurde es laut um sie. Das K-Wort avancierte zur Droge der Partei-Eliten und ihrer medialen Laut­sprecher. Kommunismus ist als Begriff eine Mehr­zweck­waffe. Sektierer nutzen ihn als Schreck­schuss­pistole. SPD-Funktionäre machen ein Warn­dreieck draus. 1914 bekriegten gehorsame Sozis arme Russen, die damals noch gar keine Kom­munisten waren. Die deutsche Rechte bekämpfte von 1918 bis 1945 den Kommunis­mus, was sie bis vor Leningrad, Moskau sowie Stalingrad und zurück bis zum Berliner Reichstag führte, auf dem die bolsche­wistischen Kom­munis­ten ihre Siegesflagge hissten. Sowas traumatisiert. Das furchtbare K-Wort vernehmend, schreien die einen aus Angst und die anderen aus Wut. Unzu­frieden­heit mit Frau Lötzsch auch unter linken Genossen. Die einen stört's beim sedie­renden Wahlkampf. Sie heißen Revi­sionisten. Die anderen verübeln der Ko-Vorsitzenden, dass sie gar keinen Kommunismus will, sondern das hölzerne Eisen „demo­kratischen Sozia­lismus“. Aber da blüht und gedeiht noch Chinas kapitalis­tischer Kommunis­mus, der sich als Loko­motive anschickt, mit seinen ange­sam­melten Dollars Europa aus der Krise zu ziehen. Wer hat Angst vor den roten Gelben? Ist da das K-Wort akzeptiert?
  Warum organisiert das sogenannte Sektierer­blättchen nicht einen Kongress „Wege zum chinesischen 3. Weg“? Mit Referenten aus der prosperierenden Luxusauto-Industrie? Auch „Wege zum Welt­untergang“ wäre denkbar. Der liegt näher als irgendeine Horrorstory vom drohenden globalen Kommunismus. Der Welt­religions­krieg kann schon morgen ausbrechen.

Im Streit um das Wort Kommunismus geht die aktuelle Diskussion um die Revolution ab 1918 und um den von Noske befohlenen und eingestandenen Doppelmord Luxemburg-Liebknecht unter. Wenn Revolution die Mutter der Freiheit ist, endet mit der verlorenen Revolution auch die Freiheit. Von der kompakten Konter­revolution der Jahre 1918 – 1923 dauerte es nur noch ein Jahrzehnt bis zum Ziel der deutschen Einheit von 1933. Seither laufen nur noch Wiederholungen – nein Komparationen.
  In der eurozentrierten Berliner Republik setzt die Linkspartei seit einiger Zeit über die Zehnprozenthürde der Wählerstimmen. Ob mal mehr oder weniger hängt von den Zählwerkern ab. Der Umstand selbst ist ein deutsches Wunder. Offenbar bewirkt die soziale Funktion dieser Linken eine unerwartete Permanenz. Sah und sieht sich die SPD als Arzt am Krankenbett des Kapitalismus, erreichte die Linke mit Gysis Vorarbeit und Lafontaines explosiver Nachschubkraft das Profil eines Arztes am Krankenbett der Sozialdemokratie. Die hat' s nötig. Beider Parteien Zukunft hängt davon ab, wer dem anderen Mitglieder und Wähler abwirbt und ihn damit dominiert. Der SPD fehlen Charakter, Intelligenz und revolutionäre Tradition, solange Noske und Kurt Schumacher nachwirken. Den Linken ermangelt es an Phantasie zum Glücks­entwurf oder Glücksritt. Das Volk wartet darauf. Es ist traumschiff- und lotterie­süchtig und lebt von der Hoffnung auf den Hauptgewinn. Die Esel der Linken gehen derweil aufs Eis tanzen bis es bricht. Meiner Sympathien dürfen sie trotzdem sicher sein. Macht Liebe blind? Wenn nicht blind, so scharfsichtig: „Der Krieg ging aus, die Revolution ging an und mit ihr die offenen Türen … sie haben sich bald wieder geschlossen … Die unproletarische Jugend ist so roh und dumm wie nie zuvor, die Universitäten sind wahre Grab­stätten des Geistes geworden, erfüllt vom Gestank der Fäulnis und starren Verfinsterung. So spielen die scheinbar Restau­rierten insgesamt nach, was ihnen die Reaktion vor hundert Jahren vorgespielt hatte. (Geist der Utopie Seite 11 und 294) Porträt der neuen Linkspartei 2011: Aus lauter erfolgreicher Nettigkeit fast süß und an den Spitzen aus albernem Übermut etwas streitsüchtig. Unser guter Freund Gregor mit einem Reserveplatz in Israel, den Markus Wolf versäumt hatte, unser aller Hoffnungs-Oskar vom fröhlichen Donnergott zum saar­ländisch-staats­männischen Talkshow-for-ever-men gemäßigt. Wie vom sezierenden Ernst Bloch vor neun Jahrzehnten prophezeit? Da fällt mir wiedermal der 30.Januar 1957 in Leipzig ein:

Die alte Erde hält den Atem an,
heißer Brodem der Revolution
erfüllt wieder die Räume.
Die Menschen schreien nach Zeitung,
Babys schauen erstaunt,
Bettler schmecken Hoffnungsträume.

Das Zitat möbelt ganz unerwartet auf. Das ganze Gedicht Die Mutter der Freiheit heißt Revolution ist im Nachwort 50 mit Hintergründen abgedruckt samt den handschriftlichen Anmerkungen des anklagenden Kultur-Sekretärs Siegfried Wagner, der danach im SED-Zentralkomitee auf Heiner Müller losgelassen wurde. In Leipzig hatte ich die Gedichtform gewählt, weil sie einigen Schutz zu bieten versprach, wie ich arglos vermeinte. In Prosa reden die Verse Tacheles:

„Die alte Erde hält den Atem an, heißer Brodem der Revolution erfüllt wieder die Räume. Die Menschen schreien nach Zeitung, Babys schauen erstaunt. Bettler schmecken Hoffnungsträume. Missratne brüten Rache. Ein Vertrockneter weint Jauche. Aufgeblasene ärgern sich krumm. Leben – ruft die Menge und baut Brücken ins Diesseits. Die Epigonen schreien stumm. Das Leben unter Käseglocken der Freiheit züchtet Maden, die im Abge­schlos­senen wimmeln und lebendigen Leibes ver­schim­meln. Wenn der Ofen nicht brennt putzt ihr sein Rohr aus oder baut die Esse. Aber ihr haltet nicht Messe. Wenn Erden dürsten, gießt ihr die Blumen. Aber ihr verbrennt ihnen nicht das frisch­trunkene Angesicht. Wenn die Revolution versandet und die Freiheit versickert winkt ihr mit Palmen – seit wann singen Löwen Psalmen? Leih deine Feder keinem, schreib dich allein, brenn deine Flamme ab bis auf einen Schrei: Im Namen der Revolution! Schiel nicht, schau gradaus; wo Horizonte sich wölben wär' der Blick in die Nacht Lüge.
Red nicht, bilde, zag nicht, gehe. Wenn die Hand den Kompass fühlt, hievt der Kopf Anker aus schlammigem Grund und die Wellen reiten dir Kraft zu; der Fels unterm Leuchtturm hebt wolkenhoch sich! Dich zieht dein Ziel, und nichts kann mehr trügen.
Wenn die Möwe krei­schend ums Segel fliegt hör ich Warnung und fächer mir Wind ins Gesicht, dass die Frische bleibt und nicht müde schlaffen die Lider. Dumpfe Stille täuscht und lässt schlafen, das Boot liegt still aber sinkend, weil Trägheit es anbohrt.
Die Revolution ist keine Mütze, in der sich sanft schlafen lässt. Bommeln baumelnd am Rücken. Ozeane sind keine Pfütze, Sand, leicht wassergenässt, den Buben zum Entzücken. Aber Buben gleich habt ihr geschlafen, lange, nur nicht so gesund.
Die Revolution fuhr auf Grund, und das mitten im Hafen. Ihr schliefet den Schlaf der Ungerechten. Erwacht, und lasst uns gemeinsam besser fechten! Die Mutter der Freiheit heißt Revolution. Die Freiheit ist Tochter, Partei ist der Sohn.“

Aber welche Revolution darfs denn sein? Dieser kurze Text der Dekonstruktion einer auf Grund gefahrenen Partei, verlesen in der Leipziger Kongress­halle, dort offiziell verdammt und im Schweigen der ver­sam­melten Genossen begraben ist, so scheint mir, ein Halbjahrhundert später von erneuerter Aktualität. Doch welche Revolu­tion und welche Freiheit darfs denn sein? Die Rede über Wege zum Kommunis­mus, nicht von Gesine Lötzsch allein verfasst, was legitim ist, wurde in der jungen Welt vorab­gedruckt, aber nicht gehalten. Statt­dessen stellte sich die Links-Politikerin auf der Rosa-Luxemburg-Konfe­renz sechs Fragen und beant­wortete sie so bravourös, dass die ton­angebenden Medien­zwerge nur noch Wut abson­derten. Ein schwerer Fehler war die Lötzsch-Absage der an­schlie­ßenden Diskussion. Die Flucht vor der Realität kenn­zeichnet den wahren Konflikt inmitten der Linken. Der Kon­gress war eine gelungene Werbe­aktion der jungen Welt, die es damit sogar in einen FAZ-Leitartikel von Mechthild Küpper schaffte: Leiden an der Füh­rung. (12.1.2011) Das ist böse gemeint, aber daneben. Die Frage bleibt: Welche Revo­lution darfs denn sein? Die Bourgeoisie will gar keine und führt lieber Krieg. Die Linke kostümiert sich mit den Helden ihrer Vergangenheit, ohne deren Essenz und Substanz wirklich zu erfassen. So missriet der Rosa-Luxemburg-Kongress zum Medien­ereignis fernab von Luxemburg und Liebknecht.


Soweit waren wir gelangt, als am Abend des 13. Januar um 22 Uhr 15 bei Maybrit Illner über Die Linke und der Kommunismus gedröhnt wurde. Der CSU-General­sekretär Dobrindt rief in freund­lichstem Ton nach der Geheimpolizei. Theater-Intendant Peymann brachte Leben in die Runde und zitierte Brecht, obwohl der doch durch Adenauers Außenminister Heinrich von Brentano (CDU) schon 1957 gewürdigt worden war durch den Satz: „Die späte Lyrik Bertolt Brechts ist mit der des national­sozialis­tischen ›Märtyrers‹ Horst Wessel zu vergleichen.“ CDU/CSU sind auf dem besten Weg, im Kampf gegen die Linke dieses Niveau noch zu überbieten. Frau Lötzsch spielte Wagenburg und riskierte wie schon in der Urania nicht den revolu­tionären Marx. Frau Illner, früher Rotes Kloster zu Leipzig, fühlte sich im Schwarzen ZDF-Kloster sichtlich wohl. Da mochte SPD-Genosse Klaus von Dohnany, prominenter Sarrazin-Verteidiger, nicht zurück­stehen, äußerte sich verärgert wegen der Hoch­schät­zung für Rosa Luxemburg und urteilte über sie, als wäre sie Frau Stalin. So also sieht diese SPD 2011 den Doppelmord von 1919? Gibt's bald ein Denkmal für den Genossen Noske samt Hauptmann Pabst? Wird Dohnany es einweihen? Unverdrossen rate ich zur Lektüre des 54. Nachworts – Ein Orden fürs Morden im poetenladen. Nachgedruckt aus der CIA-finanzierten, mitunter kalt­kriegeri­schen Zeitschrift Der Monat, in dem Melvin J. Lasky 1962 gestattete, dass ich glasklar die Fakten zur Ermordung von Luxemburg und Liebknecht darlegen durfte. Das wäre heute in keinem Presse­organ unseres doch so überaus frei­heit­lichen, vereinigten Landes mehr möglich. Warum nicht?
  Den Linken täte gleichwohl Erinnerung gut. In Neues Deutschland vom 22.11.1990 stand zu lesen Stalinismus als letzte Form des Sozialismus. Am 23. November: Der Dritte Weg. Am 24. November: Die Höllen­fahrt einer sozialistischen Parodie. Am 26. November: Was zu tun wäre oder Die Er­neuerungs­frage. Das waren Eckdaten unserer relativen Verbundenheit. Hier der Anfang der ersten Kolumne:

GERHARD ZWERENZ: Stalin im Kopf der Linken – Eine Abrechnung (I)
Stalinismus als letzte Form des Sozialismus

Der Ausriss aus Neues Deutschland von 1990 soll den damaligen Ab- und Aufbruch ins Gedächtnis zurückrufen. Es geht nicht um Antikommunismus, sondern um die Dekon­struktion einer ent­fremdeten Revo­lution. Wer von der schamlosen Rechten daraus Selbst­gewissheit und Vor­teile zu ziehen sucht, möge bedenken, die Teil­nehmer der Maybrit-Ilner-Runde, dies nur als Beispiel, hätten in scheiß­brauner, feld­grauer oder schwarzer SS-Uni­form vor Kamera und Mikro­fon gesessen, wären ihre Großväter und Väter nicht durch den todesmutigen Wider­stand sowje­tischer Rot­armisten und deutscher Kommunisten von der Nazi-Welt­herrschaft abgehalten worden.
Gerhard Zwerenz    17.01.2011   

 

 
Gerhard Zwerenz
Serie
  1. Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
  2. Wird Sachsen bald chinesisch?
  3. Blick zurück und nach vorn
  4. Die große Sachsen-Koalition
  5. Von Milbradt zu Ernst Jünger
  6. Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
  7. Reise nach dem verlorenen Ich
  8. Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
  9. Van der Lubbe und die Folgen
  10. Unser Schulfreund Karl May
  11. Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
  12. Die Westflucht ostwärts
  13. Der Sänger, der nicht mehr singt
  14. Ich kenne nur
    Karl May und Hegel
  15. Mein Leben als Prophet
  16. Frühe Liebe mit Trauerflor
  17. Der Schatten Leo Bauers
  18. Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
  19. Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
  20. Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
  21. Tanz in die zweifache Existenz
  22. General Hammersteins Schweigen
  23. Die Pleiße war mein Mississippi
  24. Im Osten verzwergt und verhunzt?
  25. Uwe Johnson geheimdienstlich
  26. Was fürchtete Uwe Johnson
  27. Frühling Zoo Buchmesse
  28. Die goldenen Leipziger Jahre
  29. Das Poeten-Projekt
  30. Der Sachsenschlag und die Folgen
  31. Blick zurück auf Wohlgesinnte
  32. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
  33. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
  34. Brief mit Vorspann an Erich Loest
  35. Briefwechsel mit der Welt der Literatur
  36. Die offene Wunde der Welt der Literatur
  37. Leipzig – wir kommen
  38. Terror im Systemvergleich
  39. Rachegesang und Kafkas Prophetismus
  40. Die Nostalgie der 70er Jahre
  41. Pauliner Kirche und letzte Helden
  42. Das Kickers-Abenteuer
  43. Unser Feind, die Druckwelle
  44. Samisdat in postkulturellen Zeiten
  45. So trat ich meinen Liebesdienst an …
  46. Mein Ausstieg in den Himmel
  47. Schraubenzieher im Feuchtgebiet
  48. Der Fall Filip Müller
  49. Contra und pro Genossen
  50. Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
  51. Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
  52. Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
  53. Als Atheist in Fulda
  54. Parade der Wiedergänger
  55. Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
  56. Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
  57. Fragen an einen Totalitarismusforscher
  58. Meine fünf Lektionen
  59. Playmobilmachung von Harald Schmidt
  60. Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
  61. Denkfabrik am Pleißenstrand
  62. Rendezvous beim Kriegsjuristen
  63. Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
  64. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
  65. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
  66. Der Bunker ...
  67. Helmut auf allen Kanälen
  68. Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
  69. Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
  70. Die Sächsischen Freiheiten
  71. Zwischen Genossen und Werwölfen
  72. Zur Geschichte meiner Gedichte
  73. Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
  74. Der Dritte Weg als Ausweg
  75. Unendliche Wende
  76. Drei Liebesgrüße für Marcel
  77. Wir lagen vor Monte Cassino
  78. Die zweifache Lust
  79. Hacks Haffner Ulbricht Tillich
  80. Mein Leben als Doppelagent
  81. Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
  82. Vom Langen Marsch zum 3. Weg
  83. Die Differenz zwischen links und rechts
  84. Wo liegt Bad Gablenz?
  85. Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
  86. Der 3. Weg eines Auslandssachsen
  87. Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
  88. Am Anfang war das Gedicht
  89. Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
  90. Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
  91. Im Hotel Folterhochschule
  92. Brief an Ernst Bloch im Himmel
  93. Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
  94. Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
  95. 94/95 Doppelserie
  96. FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
  97. Rainer Werner Fassbinder ...
  98. Zähne zusammen­beißen ...
  99. Das Unvergessene im Blick
    1. Nachwort
Nachworte
  1. Nachwort
    siehe Folge 99
  2. Auf den Spuren des
    Günter Wallraff
  3. Online-Abenteuer mit Buch und Netz
  4. Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
  5. Die Leipziger Denkschule
  6. Idylle mit Wutanfall
  7. Die digitalisierte Freiheit der Elite
  8. Der Krieg als Badekur?
  9. Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
  10. Alter Sack antwortet jungem Sack
  11. Vor uns diverse Endkämpfe
  12. Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
  13. Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
  14. Kampf der Deserteure
  15. Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
  16. Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
  17. Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
  18. Was zum Teufel sind Blochianer?
  19. Affentanz um die 11. Feuerbach-These
  20. Geschichten vom Geist als Stimmvieh
  21. Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
  22. Trotz – Trotzalledem – Trotzki
  23. Der 3. Weg ist kein Mittelweg
  24. Matroschka –
    Die Mama in der Mama
  25. Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
  26. Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
  27. Jan Robert Bloch –
    der Sohn, der aus der Kälte kam
  28. Das Buch, der Tod und der Widerspruch
  29. Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
  30. Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
  31. Hölle angebohrt. Teufel raus?
  32. Zwischen Heym + Gauck
  33. Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
  34. Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
  35. Die Philosophenschlacht von Leipzig
  36. Dekonstruktion oder Das Ende der Ver­spä­tung ist das Ende
  37. Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
  38. Meine Weltbühne im poetenladen
  39. Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
  40. Die Internationale der Postmarxisten
  41. Dies hier war Deutschland
  42. Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
  43. Einiges Land oder wem die Rache gehört
  44. Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
  45. Macht ist ein Kriegszustand
  46. Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
  47. Damals, als ich als Boccaccio ging …
  48. Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
  49. Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
  50. Leipzig am Meer 2013
  51. Scheintote, Untote und Überlebende
  52. Die DDR musste nicht untergehen (1)
  53. Die DDR musste nicht untergehen (2)
  54. Ein Orden fürs Morden
  55. Welche Revolution darfs denn sein?
  56. Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
  57. Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
  58. Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
  59. Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
  60. Die heimatlose Linke (I)
    Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
  61. Die heimatlose Linke (II)
    Ein Zwischenruf
  62. Die heimatlose Linke (III)
    Wer ist Opfer, wer Täter ...
  63. Die heimatlose Linke (IV)
    In der permanenten Revolte
  64. Wir gründen den Club der
    heimatlosen Linken
  65. Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
  66. Links im Land der SS-Ober­sturm­bann­führer
  67. Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
  68. Leipzig. Kopfbahnhof
  69. Ordentlicher Dialog im Chaos
  70. Büchner und Nietzsche und wir
  71. Mit Brecht in Karthago ...
  72. Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
  73. Die Suche nach dem anderen Marx
  74. Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
  75. Vom Krieg unserer (eurer) Väter
  76. Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
  77. Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
  78. Die Heldensöhne der Urkatastrophe
  79. Die Autobiographie zwischen
    Schein und Sein
  80. Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
  81. Atlantis sendet online
  82. Zur Philosophie des Krieges
  83. Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
  84. Der Prominentenstadl in der Krise
  85. Der Blick von unten nach oben
  86. Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
  87. Vom Krieg gegen die Pazifisten
  88. Keine Lust aufs Rentnerdasein
  89. Von der Beschneidung bis zur
    begeh­baren Prostata
  90. Friede den Landesverrätern
    Augstein und Harich
  91. Klarstellung 1 – Der Konflikt um
    Marx und Bloch
  92. Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philo­sophie und Verbrechen
  93. Der Kampf ums Buch
  94. Und trotzdem: Ex oriente lux
  95. Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
  96. Der liebe Tod – Was können wir wissen?
  97. Lacht euren Herren ins Gesicht ...
  98. Die Blochianer kommen in Tanzschritten
  99. Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz