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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 53./54. Nachwort
Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
53. und 54. Nachwort |
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53. Nachwort: Die DDR musste nicht untergehen (2)
54. Nachwort: Ein Orden fürs Morden
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Rosa Luxemburg:
Ermordung als Risiko
der Revolutionärin?
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Laut Agenturmeldungen wird im Erzgebirge vom hlg. Berggeist mal wieder nach Silber geschürft. Das geht seit Jahrhunderten so. Die Hauptstraße in meinem Heimatort hieß schon immer Silberstraße. Karl May erfand den Schatz im Silbersee. August der Starke lebte vom versilberten Silber, wollte Gold und ließ versehentlich das Sächsische Porzellan erfinden. Die Russen gruben nach und stießen auf Uran, das Gold der Bombe, mit der sie die USA einholten, ohne sie zu überholen, denn Hiroshima und Nagasaki waren bereits auf amerikanisch in Trümmer gelegt worden. Was tun, wie Lenin fragte. Ohne ihn zu fragen, rückte die Sowjetunion in Afghanistan ein und wieder aus, damit Platz würde für den Einmarsch der NATO, die unsere Freiheit überall dort verteidigt, wo es sie gar nicht gibt. Statt auf die Schatzsuche nach Silber sollte auf die nach Freiheit gegangen werden. Dabei gelang dem MDR tatsächlich ein befreiender Blick auf unsere Vergangenheit der Wismut. Der Film heißt Der Uranberg, spielt im Jahr 1947 und wurde am 18.12. 2010 auf Arte erstgesendet. Ein wundersames Bilder-Märchen, verortet in Annaberg, Böhmen, Crimmitschau und voll von Salz und Pfeffer. Ohne Liebe geht die Story nicht. Aber Liebe mit Charakter haut den Bergmann um. Die Schöne weint trockene Tränen. Den sowjetischen Oberst spielt einer mit Maß und Charakter. So hartreal kann Heimatfilm sein, wenn Saxonia sich traut und zu Stuhle kommt, wie dem stern-tv-Programm für den 18. – bis 24. Dezember 2010 aus einem Interview mit Henry Hübchen zu entnehmen ist:
Die Suche nach Silber und Gold (Porzellan) führt uns in die schöne Stadt Dresden, von der schon am 11.11.2007 in der Folge 11 mit dem Titel „Hannah Arendt und die Obersturmbannführer“ die Rede war. Insgesamt endet die Expedition ohne Umwege beim Dresdner Hannah- Arendt-Institut, das bekanntlich der Totalitarismusforschung dienen soll und mit falschen Angaben allerhand falsche Aussagen in die Welt setzte.
Zuletzt war der damalige Bundespräsident Horst Köhler in seiner Leipziger Rede vom 9.10.2009 drauf reingefallen, als er behauptete, am 9.10.1989 seien wegen der Demonstration in Leipzig als erwartbare Folge des Schießbefehls Panzer, Blutplasma und Leichensäcke bereit gehalten worden. (Mehr dazu vom Historiker Horst Schneider in junge Welt vom 30.11.2010) Um den fragwürdigen Produktionen des Dresdner Instituts zu begegnen, schlugen wir schon in unserer Folge 11 vor, als Gegengewicht ein Leipziger Ernst-Bloch-Institut zu gründen, die Antwort darauf steht bis heute aus. Der in Dresden offenbar herrschenden Unkenntnis Paroli zu bieten, zitieren wir zumindest einen luziden Hinweis von Hannah Arendt, die ausdrücklich vor der Hinterlassenschaft der „Ära des Kalten Krieges“ warnt, weil sie „eine offizielle Gegenideologie hinterlassen hat, den Antikommunismus, welcher gleichfalls dazu neigt den Anspruch auf Weltherrschaft zu entwickeln …“ ( aus Totale Herrschaft – Vorwort)
Anno 2010/11 steht den Eliten das Wasser bis zum Halse. Ihr favorisiertes Feuilleton am 2. Weihnachtsfeiertag: „Ist die Welt denn noch zu retten?“ Politikseite: „Ratlos vor den Designer-Wasserhähnen … Spaziergang im Luxusgässchen … Die SPD tritt auf der Stelle … Totgesagte leben länger … Der Stern von Bethlehem …“
Cesare Borgia – Nietzsche und sein Hymnus auf den Katholizismus
Zur Erholung von den FAS-Mythen hier ein wenig Nietzsche:
„Cesare Borgia als Papst .. Versteht man mich? .. Wohlan, das wäre der Sieg gewesen, nach dem ich heute allein verlange –: damit war das Christentum abgeschafft! – Was geschah? Ein deutscher Mönch, Luther, kam nach Rom. Dieser Mönch mit allen rachsüchtigen Instinkten eines verunglückten Priesters im Leibe, empörte sich in Rom gegen die Renaissance .. Statt mit tiefster Dankbarkeit das Ungeheure zu verstehen, das geschehen war, die Überwindung des Christentums an seinem Sitz –, verstand sein Haß aus diesem Schauspiel nur seine Nahrung zu ziehn. Ein religiöser Mensch denkt nur an sich. – Luther sah nur die Verderbnis des Papsttums, während gerade das Gegenteil mit Händen zu greifen war: die alte Verderbnis, das peccatum originale, das Christentum saß nicht mehr auf dem Stuhl des Papstes! Sondern das Leben! Sondern der Triumph des Lebens! Sondern das große Ja zu allen hohen, schönen, verwegenen Dingen! .. Und Luther stellt die Kirche wieder her: er griff sie an .. Die Renaissance – ein Ereignis ohne Sinn, ein großes U m s o n s t ! Ah diese Deutschen, was sie uns schon gekostet haben! Umsonst – das war immer das Werk der Deutschen. – Die Reformation; Leibniz, Kant und die sogenannte deutsche Philosophie; die ›Freiheits‹-Kriege¸ das Reich – jedes Mal ein Umsonst für etwas, das bereits da war, für etwas Unwiederbringliches .. Es sind meine Feinde, ich bekenne es, diese Deutschen: Ich verachte in ihnen jede Art von Begriffs- und Wert-Unsauberkeit, von Feigheit vor jedem rechtschaffenen Ja und Nein. Sie haben, seit einem Jahrtausend beinahe alles verfilzt und verwirrt, woran sie mit ihren Fingern rührten, sie haben alle Halbheiten – Dreiachtelsheiten! – auf dem Gewissen, an denen Europa krank ist, – sie haben auch die unsauberste Art Christentum, die es gibt, die unheilbarste, die unwiderlegbarste, den Protestantismus auf dem Gewissen .. Wenn man nicht fertig wird mit dem Christentum, die D e u t s c h e n werden daran schuld sein .. Hiermit bin ich am Schluß und spreche mein Urteil. Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christlichste Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in den Mund genommen hat. Sie ist mir die höchste aller denkbaren Korruptionen ...“ (Der Antichrist – Umwertung aller Werte)
Old Friedrich N. ist hier etwas ungerecht prokatholisch. Im Jahr 2011 kommt der Papst nach Berlin, um im Bundestag zu predigen. Motto: Wann dürfen christliche MdB Kondome benutzen? Von evangelischer Seite werden Bedenken laut. Diese Sorgen teile ich nicht, solange Benedikt XVI keine Zwangstaufe verlangt. Als MdB sprach ich, obwohl Atheist, oft genug im Plenum und was mir als Heiden recht war, sollte dem Heiligen Vater billig sein, falls er ausnahmsweise etwas Relevantes zu sagen hat. Die antiprotestantischen Impertinenzen Nietzsches aber dienen als klassische Kostprobe jenes Dekonstruktivismus, auf den sich inzwischen die werten Nachkommen von Heidegger bis Derrida berufen. Zu Recht oder nicht.
Der Heidelberger Michael Buselmeier erhielt den Hamburger Ben-Witter-Preis 2010, seine Rede ist im poetenladen als Gedicht in Prosa nachzuerleben: Genug der hehren Töne rief ich/ im Licht der Straße liegt mein Lied … Der Siebzigjährige mit Magengrimmen faulen Zähnen ist mir seit Jahrzehnten bekannt wie das Heidelberger Schloss, von wo aus er lyrisch-ingrimmig auf der Abschiedsorgel spielt. Einst als 68er aufgebrochen, nun bei Becketts Krapp angelangt, vom Neckar-Rhein-Raum ausgreifend zu Novalis, Brentano, Eichendorff, Kleist, Hölderlin, Schlegel … Romantik als Wunschtraum einer Neuen Mythologie und fetzenhaften progressiven Universalpoesie … Denn: Ich in ein autobiographischer Autor. Ein Abseitssteher: Am Rand. Wo soll da das Zentrum sein, nachdem das Herz in Heidelberg verloren ging. Gratulation von Oldy zu Oldy.
Als wäre in diesen Tagen der deutsche Südwesten angesagt, meldet sich via poetenladen der nächste Poet mit dem Poem Herbstblätter: Dich frage ich: an den Bergen, an den Flüssen und Seen/ So spurlos bist du verschwunden, hat keiner gesehen … Tränen fließend suche ich dich … Das spannt sich aus von Aschaffenburg bis Lindau und weht so hin wie Herbstlaub. Der Typ ist herrlich romantisch-frech, heißt Ibrahim Sediyani und kommt aus der Türkei sowie aus Aschaffenburg. Im SÜDKURIER lese ich unter dem Titel: Wie fremde Augen auf Konstanz blicken über den Autor: „Der 38-jährige Journalist sieht sich als Karl May des Orients. Während May das Morgenland bereist und für den Westen geschrieben hat, reist Ibrahim Sediyani durch das Abendland und berichtet für den Osten. Durch seine Internetseite habe er Konstanz in der Türkei zu großer Bekanntheit verholfen, sagt er. Viele Leser haben seine Artikel kommentiert. Einen der Kommentare hat der Journalist für uns übersetzt. Ein Türke schreibt: ›Ich habe gelernt, dass es in Deutschland und der Schweiz sehr schöne Natur und Sehenswürdigkeiten gibt und Europa nicht nur aus Häusern und Autos, besteht.‹ Wie wahr.“
Georg Elser: Hitler-Attentat unmoralisch?
Unser türkischer Karl May führt flugs nach Dresden zurück, wo der originale Western-Sachse lebte und starb und heute ein Hannah-Arendt-Institut seiner Namensgeberin spottet, denn die deutsch-jüdische Philosophin hielt viel von Rosa Luxemburg, von der in diesen Tagen oft die Rede ist: Der Doppelmord geht um. Noske lässt grüßen. Das Dresdner Institut unter CDU-Regime ist die postume Vergewaltigung einer freiheitlichen Linksdenkerin. Die junge Studentin damals mag dem Prof. Heidegger ihr Hymen gespendet haben, die spätere Juden-Verfolgung führte zum Widerstand mit einem intellektuellen Format, das Rosa Luxemburgs Lauterkeit einbeschließt und heute an der Elbe schamlos unterschritten wird. Erinnert werden muss auch ans politische Schindluder, das in Dresden mit einem anderen großen Namen getrieben wird und in der Behauptung gipfelt, Georg Elsers tapferer Anschlag auf Hitler sei unmoralisch gewesen. Zurück zur Frage, warum Ernst Bloch in Leipzig die Leerstelle bleiben soll, auf die man ihn 1957 verwies. Diese Position wurde ab 1990 verfestigt und dauert bis heute an.
Rosa Luxemburg: Ermordung als Risiko der Revolutionärin?
In Blochs Buch Geist der Utopie (1918) heißt es: „›Wir haben keinen sozialistischen Gedanken. Sondern wir sind ärmer als die Tiere geworden. Wem nicht der Bauch, dem ist der Staat sein Gott.‹ Das ist eine mit Rosa Luxemburg gleichlaufende Kritik an Lenins Diktatur. Rosa Luxemburgs Begriff von der Freiheit, die immer auch die Freiheit des Andersdenkenden sei, wird ins Anthropologische gebracht, und das Blochsche Philosophieren ist, seit es sich in den Umkreis des Marxismus begab, immer zugleich ein den Marxismus verlassendes Denken gewesen, ein Versuch, die Amputation des Menschen aufzuheben, der Versuch, Ontologie und Anthropologie in den Marxismus zu bringen, ihn überhaupt wieder philosophisch zu machen, metaphysisch nicht im Missverständnis eines Friedrich Engels, sondern im Sinne der philosophischen Tradition.“
Das Zitat entstammt meinem Vortrag Ernst Bloch oder die Heimat und das Exil bei Bonner Studenten im November 1961, Abdruck in Wider die deutschen Tabus, Paul List Verlag, München 1962, und auch wenn Rosa Luxemburgs Satz von der Freiheit des Andersdenkenden inzwischen inflationierte, so bleibt doch die Charakterisierung der Blochschen Philosophie bis heute aktuell und mit einem favorisierten Wort des Philosophen „uneingelöst“. Der Bonner Vortrag, damals als Begrüßung des von Leipzig nach Tübingen Exilierten gedacht, deutete die alten und neuen Schmerzlinien an: Utopie, Staat, Gott, Rosa Luxemburg, Anthropologie, Ontologie, Marxismus und ein den Marxismus vorantreibendes Denken … An anderer Stelle wird Nietzsche genannt. Bloch war Nietzscheaner, bevor er Marxist wurde und als Nietzscheaner sowie Marxist wurde er der Bloch, der noch heute nicht sein soll und darf, was er war und ist. So entstand die Geheimlehre Bloch. Wenn sein Sohn Jan Robert im Konflikt zwischen denen, die seinen Vater als Marxisten sahen und denen, die ihm Revisionismus vorwarfen, auf der Eigenständigkeit von Blochs Denken beharrte, hat das tiefere Gründe als den bloßen politischen Streit.
Die DDR musste nicht untergehen, lautet dieser Nachwort-Titel schon zum zweiten Mal. Unser Leipziger Diplomphilosoph, Mathelehrer, Komponist Kommentator, Sänger, Fotomontageproduzent Hartwig Runge, auch bekannt unter ingografrunge, meldet sich zum Nachwort 52 zur Stelle:
Das Theater in Auerbachs Keller wird mal eine erfolgreiche Welt-Tragimödie!
…so kann nur noch die Renationalisierung Europas helfen, möglichst mit dem Aspekt eines klügeren und kleineren Versuchs von Europa-Konstruktion.
Es lebe „meine Hymne“!
…Dem Ende der DDR folgte das Ende der SU. Moskaus Finale steht Pekings Anfang und Aufstieg entgegen.
Eigentlich umgekehrt, denke ich: Dem Ende der SU folgt das der DDR.
Denn: Wenn das parteistaatliche Ende der DDR dem der SU auch erst folgte, war die SU als Zivilgesellschaft schon verfault, als die DDR ihren Sozialismus noch in den „Farben der DDR“ aufpolieren wollte. Parole: „Vorwärts immer – rückwärts nimmer!“ Allerdings waren ihre Polierer derart strohdummeigen(ohn)mächtig und voller Unterlegenheitsangst, dass sie, die Wandlitzianer, dann die glasnostischen Tapeten aus der Gorbatschow-Fabrikation „mit Fug und Recht“, wie der immer Hager-er werdende Honny doch des öfteren hervorhob, als Leichentuch des DDR-Politbüros empfanden, ohne dieses natürlich je auszusprechen …
…Von China lernen heißt siegen lernen? Die DDR ging voran. Hätte sie sich von Moskau ab- und Peking zuwenden sollen? Da sie es versäumte,…
Da war wohl nichts mehr zu versäumen…
…Nachdem die Leipziger Universität infolge Entrevolutionierung nicht mehr den Namen Karl Marx tragen darf, steht zur Debatte, soll sie nach Hans-Dietrich Genscher oder Erich Loest benannt werden.
Makaber-lustig…
…Tucholsky am 24. August 1935: „Der Kommunismus in Europa ist tot, und man darf sich bei Stalin bedanken.“ Vier Monate später war auch Tucholsky tot. Und Stalin verband sich 1939 mit Hitler, bevor er dessen Tod von 1945 besorgte. Die DDR? Sie war unser Versuch, daraus zu lernen. Sie musste nicht untergehen.
Das Publikum erinnerte sich an Kurt Tucholsky, der uns immer wieder lachen ließ und lässt. 1933 aber schrieb er in einem Brief an den Freund Walter Hasenclever: „Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass das, was wir einmal die deutsche Linke genannt haben, nicht mehr wiederkommt. Und mit Recht nicht.“
Dieses Fazit w i l l w i d e r l e g t w e r d e n .
Na, denn man tau! – sächt de Mäckelbörger Michel-Stichel-Hartwingo
Von dieser Mail akzeptiere ich fast jedes Wort. Meine aphoristische, wo nicht apodiktische Schreibweise erlaubt, soweit sie nicht absurdistanisch abgesichert ist, jede Relativierung, ausgenommen die eine: Unsere DDR musste nicht untergehen!
Das will bewiesen sein, na denn man tau, wie Hartwig Runge von der Pleiße her signalisiert. Am Heiligabend 2010 darf der SPD-Genosse und Ex-Bundesbanker Sarrazin die ganze erste FAZ-Feuilleton-Seite mit einem revolutionären Geständnis füllen, das generalstabsmäßig abgehangen lautet: Ich hätte eine Staatskrise auslösen können … Hätte er wirklich. Hat er aber zu unserem Glück nicht. Wenn er aber mal hätte? Wo war denn da der zuständige Staats&Verfassungsschutz? Die wachten an der Totalitarismusfront, besonders mit Argusaugenmerk auf Linksradikale. Gegen Staatskrisen aus der Banken und Parteien Mitte, gar von oben, wo die Elite sitzt, ist niemand abwehrbereit auf dem Posten. Man war zudem abgelenkt, weil der noch von F.J. Strauß zum Präsidenten des Verfassungsschutzes hochgepuschte Ex-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls mal wieder inhaftiert werden musste. Hier Korruption und Berufsverbrechen – dort drohende Staatskrise, was bleibt da vom deutschen Bürgertum, außer der Bundeskanzlerin, die als Weihnachtsfrau zur Truppe nach Afghanistan floh, wo zuvor schon die zu Guttenberg-Gemahlin geweilt hatte. Der Krieg findet nun auch um die Publizitäts-Rangfolge der prominenten Damen statt. Merkel durfte auch gleich einen gefallenen Bundeswehrsoldaten betrauern. Er hatte sich beim Waffenreinigen aus Versehen erschossen oder ohne Versehen selbstgemordet. Mutti Bundeskanzlerin spendete tiefes Mitgefühl. Was aber geschieht im Berliner Ehrenmal. Wird des von eigener Hand getöteten tüchtigen Hauptgefreiten amtlich ehrend gedacht? Und wenn nicht, was dann?
Pabst mit Pickelhaube: Hauptmann als Mordbefehlsgeber
Nicht amtliche, doch öffentliche Trauer findet jedes Jahr in Berlin zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht statt. In der 11. Folge über „Über Hannah Arendt und die Sturmbannführer“ ist mein Brief vom 23.2.1962 an den damaligen Welt-Chefredakteur Hans Zehrer abgedruckt, in dem ich dagegen protestiere, dass in seiner Zeitung behauptet wurde, Luxemburg und Liebknecht seien „zum Tode verurteilt“ und das „Urteil vollstreckt“ worden. Am 12. Dezember 2010 sendete das ZDF im Rahmen seiner historischen Serie mit Die Deutschen II eine Dokumentation: Rosa Luxemburg und die Freiheit. Bei Bild ist am Tag vorher diese Inhaltsangabe zu finden: „Am 15. Januar 1919 werden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gefangen genommen und erschossen. Rosa Luxemburg war eine Frau, die für ihre Ideale ihr Leben riskiert und am Ende verloren hat. Die Mörder wurden niemals ernsthaft zur Verantwortung gezogen.“ So ist ein Stück Wahrheit nach kleinen 48 Jahren wo nicht bei der Welt, aber immerhin teilweise bei Bild angelangt. In welchen Wirbel ich geriet, weil ich den für diesen Doppelmord verantwortlichen Waldemar Pabst damals aufscheuchte, wird ein andermal berichtet. Was jedoch das Dresdner Hannah-Arendt-Institut betrifft, so könnte es sich, solange Leipzig kein Ernst-Bloch-Institut zustande bringt, als relevant und nützlich erweisen, indem es Arendts Nähe zu Rosa Luxemburg und ihre Hochachtung für die revolutionäre Sozialistin erforscht und dokumentiert. Da ist noch Aufklärung geboten. Einige Hinweise zum Thema waren in unserer 11. Folge vom 20. 11. 2007 schon enthalten. Fehlt noch eine umfassende Antwort auf unsere These, die DDR habe nicht untergehen müssen. Sie hatte, wie der Sozialismus, noch gar nicht angefangen. Darüber demnächst, denn es geht um Blochs zum Geheimnis verrätselte, aber decodierbare Revolutionslehre als Versuch, das Urchristentum zu materialisieren.
Wie zu lesen ist, enthielt die Rede der Linksparteivorsitzenden Gesine Lötzsch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz am 8.1.2011 in Berlin ein umfassendes Bekenntnis zu Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Das registriere ich mit Freude und Sympathie. Vor fast einem halben Jahrhundert, im Juni 1962 erschien im Periodikum Der Monat – wie inzwischen allgemein bekannt ist, eine vom amerikanischen Geheimdienst gesponserte Zeitschrift – dessen ungeachtet mein von keinerlei politischer Rücksichtsnahme getrübter Rundumschlag: Ein Orden fürs Morden – Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Hauptmann Pabst. Als Konsequenz hatte ich sofort danach die wutschäumenden regierenden Bonner Kameraden von Waldemar Pabst am Hals und einige schwer vergrätzte SED-ZK-Genossen ebenfalls. Wie schön, dass so etwas in West wie Ost passé ist. Zur geflissentlichen Erinnerung an diese turbulenten Zeiten wird der Monat-Artikel im nächsten Nachwort abgedruckt.
54. Nachwort |
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Ein Orden fürs Morden
Kaum war der letzte Satz fürs 53. Nachwort geschrieben, bewirkte Gesine Lötzsch mit ihrer in der jungen Welt vom 31.12.2010 vorab veröffentlichten Rede ein Schlagzeilen-Gewitter, das den Anschluss von Nachwort 54 dringlich macht.Zu Beginn ein Foto vom 80. Geburtstag meines Freundes Heinrich Graf Einsiedel im Jahr 2001 in Berlin. Der rechterhand sitzende Herr – weißes Dinner-Jacket schwarze Fliege – ist Melvin J. Lasky, Begründer jener seriös-dubiosen Zeitschrift Der Monat, wo es mir gelang, 1962 einen umfangreichen Artikel zur Verteidigung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu veröffentlichen, hier die Ankündigung der Redaktion zu meinem Text:
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Gerhard Zwerenz
Serie
- Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
- Wird Sachsen bald chinesisch?
- Blick zurück und nach vorn
- Die große Sachsen-Koalition
- Von Milbradt zu Ernst Jünger
- Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
- Reise nach dem verlorenen Ich
- Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
- Van der Lubbe und die Folgen
- Unser Schulfreund Karl May
- Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
- Die Westflucht ostwärts
- Der Sänger, der nicht mehr singt
- Ich kenne nur
Karl May und Hegel
- Mein Leben als Prophet
- Frühe Liebe mit Trauerflor
- Der Schatten Leo Bauers
- Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
- Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
- Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
- Tanz in die zweifache Existenz
- General Hammersteins Schweigen
- Die Pleiße war mein Mississippi
- Im Osten verzwergt und verhunzt?
- Uwe Johnson geheimdienstlich
- Was fürchtete Uwe Johnson
- Frühling Zoo Buchmesse
- Die goldenen Leipziger Jahre
- Das Poeten-Projekt
- Der Sachsenschlag und die Folgen
- Blick zurück auf Wohlgesinnte
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
- Brief mit Vorspann an Erich Loest
- Briefwechsel mit der Welt der Literatur
- Die offene Wunde der Welt der Literatur
- Leipzig – wir kommen
- Terror im Systemvergleich
- Rachegesang und Kafkas Prophetismus
- Die Nostalgie der 70er Jahre
- Pauliner Kirche und letzte Helden
- Das Kickers-Abenteuer
- Unser Feind, die Druckwelle
- Samisdat in postkulturellen Zeiten
- So trat ich meinen Liebesdienst an …
- Mein Ausstieg in den Himmel
- Schraubenzieher im Feuchtgebiet
- Der Fall Filip Müller
- Contra und pro Genossen
- Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
- Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
- Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
- Als Atheist in Fulda
- Parade der Wiedergänger
- Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
- Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
- Fragen an einen Totalitarismusforscher
- Meine fünf Lektionen
- Playmobilmachung von Harald Schmidt
- Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
- Denkfabrik am Pleißenstrand
- Rendezvous beim Kriegsjuristen
- Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
- Der Bunker ...
- Helmut auf allen Kanälen
- Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
- Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
- Die Sächsischen Freiheiten
- Zwischen Genossen und Werwölfen
- Zur Geschichte meiner Gedichte
- Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
- Der Dritte Weg als Ausweg
- Unendliche Wende
- Drei Liebesgrüße für Marcel
- Wir lagen vor Monte Cassino
- Die zweifache Lust
- Hacks Haffner Ulbricht Tillich
- Mein Leben als Doppelagent
- Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
- Vom Langen Marsch zum 3. Weg
- Die Differenz zwischen links und rechts
- Wo liegt Bad Gablenz?
- Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
- Der 3. Weg eines Auslandssachsen
- Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
- Am Anfang war das Gedicht
- Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
- Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
- Im Hotel Folterhochschule
- Brief an Ernst Bloch im Himmel
- Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
- Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
- 94/95 Doppelserie
- FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
- Rainer Werner Fassbinder ...
- Zähne zusammenbeißen ...
- Das Unvergessene im Blick
1. Nachwort
Nachworte
- Nachwort
siehe Folge 99
- Auf den Spuren des
Günter Wallraff
- Online-Abenteuer mit Buch und Netz
- Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
- Die Leipziger Denkschule
- Idylle mit Wutanfall
- Die digitalisierte Freiheit der Elite
- Der Krieg als Badekur?
- Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
- Alter Sack antwortet jungem Sack
- Vor uns diverse Endkämpfe
- Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
- Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
- Kampf der Deserteure
- Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
- Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
- Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
- Was zum Teufel sind Blochianer?
- Affentanz um die 11. Feuerbach-These
- Geschichten vom Geist als Stimmvieh
- Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
- Trotz – Trotzalledem – Trotzki
- Der 3. Weg ist kein Mittelweg
- Matroschka –
Die Mama in der Mama
- Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
- Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
- Jan Robert Bloch –
der Sohn, der aus der Kälte kam
- Das Buch, der Tod und der Widerspruch
- Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
- Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
- Hölle angebohrt. Teufel raus?
- Zwischen Heym + Gauck
- Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
- Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
- Die Philosophenschlacht von Leipzig
- Dekonstruktion oder Das Ende der Verspätung ist das Ende
- Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
- Meine Weltbühne im poetenladen
- Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
- Die Internationale der Postmarxisten
- Dies hier war Deutschland
- Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
- Einiges Land oder wem die Rache gehört
- Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
- Macht ist ein Kriegszustand
- Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
- Damals, als ich als Boccaccio ging …
- Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
- Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
- Leipzig am Meer 2013
- Scheintote, Untote und Überlebende
- Die DDR musste nicht untergehen (1)
- Die DDR musste nicht untergehen (2)
- Ein Orden fürs Morden
- Welche Revolution darfs denn sein?
- Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
- Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
- Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
- Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
- Die heimatlose Linke (I)
Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
- Die heimatlose Linke (II)
Ein Zwischenruf
- Die heimatlose Linke (III)
Wer ist Opfer, wer Täter ...
- Die heimatlose Linke (IV)
In der permanenten Revolte
- Wir gründen den Club der
heimatlosen Linken
- Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
- Links im Land der SS-Obersturmbannführer
- Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
- Leipzig. Kopfbahnhof
- Ordentlicher Dialog im Chaos
- Büchner und Nietzsche und wir
- Mit Brecht in Karthago ...
- Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
- Die Suche nach dem anderen Marx
- Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
- Vom Krieg unserer (eurer) Väter
- Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
- Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
- Die Heldensöhne der Urkatastrophe
- Die Autobiographie zwischen
Schein und Sein
- Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
- Atlantis sendet online
- Zur Philosophie des Krieges
- Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
- Der Prominentenstadl in der Krise
- Der Blick von unten nach oben
- Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
- Vom Krieg gegen die Pazifisten
- Keine Lust aufs Rentnerdasein
- Von der Beschneidung bis zur
begehbaren Prostata
- Friede den Landesverrätern
Augstein und Harich
- Klarstellung 1 – Der Konflikt um
Marx und Bloch
- Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philosophie und Verbrechen
- Der Kampf ums Buch
- Und trotzdem: Ex oriente lux
- Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
- Der liebe Tod – Was können wir wissen?
- Lacht euren Herren ins Gesicht ...
- Die Blochianer kommen in Tanzschritten
- Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz
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