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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 84. Nachwort
Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
84. Nachwort |
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Der Prominentenstadl in der Krise
Der Promi ist ein Prominenter. Das hat nicht unbedingt etwas mit Promille zu tun. Kann es aber durchaus, weil das Promileben schwer zu ertragen ist. Zum Beispiel der Hürdenlauf von Kamera zu Kamera. Wer nur eine einzige verpasst, läuft schon Gefahr, unprominent zu werden, was zu vermeiden die Superpromis ein bis zwei Dutzend hauptberufliche Doppelgänger unter Vertrag nehmen. Das erleichtert ihr Leben. Gewisse Schwierigkeiten stellen sich ein, wenn der Arbeitgeberpromi sterben sollte. Müssen seine Doppelgänger nun ebenfalls sterben? Wie sind die Vertragskonditionen? Kämen die Feuilletons mit den stoßweise anfallenden ein bis zwei Dutzend Beerdigungen, vielleicht gar Staatsbegräbnisfeierlichkeiten zurecht? Oder sind die Doppelgänger vertraglich zur weiteren Tätigkeit verpflichtet? Offen gestanden, ohne professionelle Doppelgängerei herrschte in den Talkshows und Köpfen längst gähnende Leere. Letzte Weihnachten hieß es, Heesters sei abgelebt. Habe zur Vergewisserung ins Internet geschaut und gelesen:
Jopie Heesters wird einen Tag vor Silvester beerdigt
Welt Online – vor 8 Stunden
Der an Heiligabend gestorbene Johannes Heesters wird einen Tag vor Silvester in München beerdigt. Der Schauspieler und Sänger wurde 208 Jahre alt. ...
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208 Jahre, da hat der Niederländer ganze Scharen von Doppelgängern hinterlassen. Werden die nun auf Schadenersatz wegen beruflicher Behinderung klagen? Wovon sollen die Armen leben? Und was wird mit Prof. Baring, dessen sieben Ersatz-Schwätzer noch jeden Talk zubrüllten und zumüllten? Die Herren sind freilich auch angejahrt. Angenommen, sie segnen einer nach dem anderen das Zeitliche, müssen wir dann den Urtyp wieder erwecken, nur damit der Betrieb weiterläuft? Und wer kriegt den Rückkehrer dann – ARD, ZDF oder die Privaten? Da müssen die sieben Doppelgänger auch wieder auf die Beine und Bühne. Darin sehen wir, die Prominenten sind ständig überfordert. Sogar nach dem wohlverdienten Tod haben sie keine Ruhe. Nehmen wir uns nur mal die round about eintausendundelf Hitler-Filme vor. In Der Untergang spielte Bruno Ganz mit unglaublichem Aplomb den Führer. Oder war es der Führer, der den Bruno Ganz mit soviel Genie spielte? Prominente haben ein ewiges Leben wie uns der Vatikan verkündet. Aber, Spaß beiseite, könnte Hitler tatsächlich in allen eintausendundelf Hitler-Filmen sich selbst spielen? Mit den Diensten seiner Doppelgänger schon. Es müssen nur unendlich viele sein, einschließlich der Nachkommen.
Warum kroch Maschke beim Staatsjuristen Schmitt unter und ging nicht zum
Freiheitsjuristen Fritz Bauer?
Denken wir an das Trio von Zwickau, das bald verfilmt wird mit echten V- Männern vom Verfassungsschutz Doch wie viele Hitler samt Doppelgängern es auch geben mag, Stalin hat mehr davon, berichten die V-Männer aus Linkspartei, Kirchen und Gewerkschaften. Welch ein Glück, dass wir so viele toffe Geheimdienstler haben. Es gibt auch weithin unbekannte Prominente. Zum Exempel unseren ehemaligen Hausgast Günter Maschke. In einem meiner frühen Bestseller, es ist wohl Kopf und Bauch, einem Bestienseller mit zoologischen Skizzen zur Leipziger, Kölner und Münchner Ansammlung kleinerer und größerer Promi-Tiere tauchte auch Maschke auf in seinem Abenteuerritt zwischen SDS, Kuba und Carl Schmitts Nachlassverwaltung. Bettelarm zog er durch die eisige bayerische Kälte, Ingrid schrieb einen Bettelbrief an wohlsituierte Münchner Freunde von Ernst und Karola Bloch und so spendete das Ehepaar Metzger Geld, von dem Günter M. sich einen Wintermantel anschaffen konnte. Hilfe für den linken Genossen auf der Flucht von Linkerhand nach Rechterhand, wer will's schon genau wissen, ist Solidarität unter Genossen in Not gefragt. Es ist, an den Fingern abgezählt, fünf Jahrzehnte her, dass Maschke nach seiner Stadelheimer Haft in unserer Waldtruderinger Badewanne lag und später im gespendeten warmen Mantel Richtung Frankfurt/Main und die weite Welt aufbrach.
Am 29. Juni 2012 nehmen wir bei der Morgenlektüre im Hochtaunus zur Kenntnis, wie der aktuell agile FAZ-Starmarxist Dietmar Dath sich kunstvoll über Günter Maschkes rechte Gesamtschule äußert. Das geht herrlich-herzlich-herrschaftlich her mit pro und contra links bzw rechts voller Verständnis, wo nicht Liebe zum Schmitt-Maschke, bis zur warnenden Distanzierung, wenn Dath den Maschke- Buchtitel Verräter schlafen nicht zitiert. Wer, ihr Hausgeistergespenster, verrät wann und wo wen? Im allerletzten Satz formuliert Dath nach langem Hängen und Würgen trauernd verschämte Entfremdung: »… weil die Kräfteverhältnisse sich ändern, wird hoffentlich keine Rechte zur Stelle sein, die auf ihren Lehrer Maschke hört.«
Woran erinnert mich Maschkes universaler Halbkreis? Die Erwähnung von Kopf und Bauch bringt Günter Zehm ans Licht. Nachgeblättert. Seite 118/19 – festgelesen bei München Stadelheim. Und wo steht Zehm? Auf Seite 139 bis 152. Erster Satz: »Im Jahre 1953 kam ein hoffnungsvoller, vielversprechender junger Mann an das von Ernst Bloch geleitete Philosophische Institut der Universität Leipzig.« Letzter Satz: »Günter begriff nichts, und ich begriff nicht, dass ich fortan für ihn der Feind sein würde.« Auf dreizehn Seiten Kurzroman Freundschaft – Feindschaft. Sächsische Geschichte mit Untoten. Mir fällt auf, per westdeutscher Dominanz gibt es nur westdeutsche Kultur. (Gedächtnis) Die dominante DDR-Erinnerung ging mit ihrem Staat unter. Ein paar Einzelstimmen als Grabredner ausgenommen. Sind auch sterblich. Abgesehen von den giftigen Erbfeinden. Hitlers Nachlass deutschlandweit – weltweit. Stalin – sogar in Georgien nationalverehrtes Gespenst. Hitler lebt von seinen Nachkommen. Stalin von seinen Feinden.
Maschke-Inventar: Adoptivkind illegale KPD Max Bense Gudrun Ensslin Ernst-Bloch-Studium Redakteur Subversive Aktion SDS Kriegsdienstverweigerung Exil Österreich Kuba-Exil Kuba-Ausweisung Haft wegen Bundeswehr-Fahnenflucht Kritik des Guerillero FAZ-Feuilleton Freier Mitarbeiter vorerst letzte Flucht zu Carl Schmitt Staatsbriefsteller Junge Freiheit Das bewaffnete Wort Ausnahmezustand Alle Linken sind Stalinisten nur Carl Schmitt ist demokratischer Staatsdenker und Günter Maschke seine Auferstehung auf dem Weg zu Weimar II – Ausarbeiten im Detail zur gefälligen Widerlegung oder Bestätigung bis dahin ab ins Archiv, Abteilung Honigbienen, Maschke als heimlicher, aber vielgelesener Un-Promi für verschämte Übermenschen … Je intensiver ich Material und eigene Notizen sichte, desto klassenkämpferischer wird die Tiefe des Staates. In Kopf und Bauch verwendete ich das Bergbauprinzip als ästhetisches Konzept. Eingraben und den Erzspuren folgen – nach allen Seiten und in die tiefsten Tiefen vordringend. Maschkes Weg zu Carl Schmitt führte zu dessen liquidatorischer Stärke der Begrifflichkeit. Dieser Carl nahm seinen Aristoteles rechterhand ernst. Wo die Kameraden sich mit Gefühlen begnügten, schärfte er das Wortschwert, bis es ins Gefüge der Guillotine passte. Bei den Deutschen resultiert daraus die Triade Handbeil, Erschießung (Erhängen) Vergasung. Soweit die logische Konsequenz der Feind-Erkennung als Vorstufe zur Feind-Beseitigung.
Der Weg Maschkes vom SDS zu Schmitt ist die Flucht zum Vater. Das Echo von Maschke in der FAZ verband sich mit dem Haus-Echo. Soweit der werte Westen. Aber die werte DDR? Selbst Heiner Müller pilgerte zum Schmitt-Kameraden Ernst Jünger. Deutsche wie französische Philosophie-Söhne treffen einander beim Schmitt-Jünger-Spießgesellen Heidegger, um ihren Papa Nietzsche zu heiligen. Nichts ändert sich, geht es nach diesen Übermenschen, die bestimmen, wer als Feind und Untermensch zu eliminieren sei. Der schwarze Büchner-Preisträger Martin Mosebach schaut vorbei. Krieg den Hütten, Friede den Palästen. Lorenz Jäger deutet Maschkes Kriegstheorie in der FAZ vom 15.1.2003. Hans-Dietrich Sander, früher tüchtig bei Springers Welt, verteilt fatale Tief-Staatsbriefe, Habermas schilt Maschke den »einzigen Renegaten der 68er« – den einzigen? Ein Zählfehler, Horst Mahler – Wir verlieren die Lust an der Parade konterrevolutionärer Bürgerbewegungen mit Ex-Genossen-Begleitung. Als Kind schon versuchte ich die Weimarer Republik nicht wie angeordnet in Vergessenheit geraten zu lassen. Ihr Ende ist der Beginn meiner Heimatlosigkeit. Was tun? Gegen Weimar II samt Staatsstreich-Wiederkehr hilft nur Widerstand mit Kopf und Bauch. Sind die Fundis von Parteien, Wirtschaft, Religion bekehrbar oder droht die unendliche Wiederkehr vormaliger Macht-Promis? Die letzte Revolution ist der Pazifismus von Bekehrten. Sollen doch die Christen ihren Jesus wiederentdecken und die Marxisten ihren Marx wie die Rotchinesen, die Marx mit Konfuzius sinistrieren.
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Kampf, nicht Krieg |
Kampf, nicht Krieg, so Ernst Bloch 1918, Jahrzehnte, bevor er in der DDR aufgenommen und nach nicht langer Zeit fortgeekelt, in der BRD begrüßt und nach kurzer Zeit neutralisiert worden ist. Kampf, nicht Krieg und was wird aus dem halben, wo nicht ganzen Dutzend atomarer USA-Flugzeugträger und den deutschen in alle Welt gelieferten Panzern und U-Booten?
Unser FAZ-Aufklärer Dietmar Dath, der sich am 29. Juni von der Redaktion aus Richtung Günter Maschke weiter vor wagte als sein Blatt, nahm sich am 3. Juli schon wieder einer agilen Dunkelfigur an. Ging es satz- und denkverschachtelt erst gegen Maschke als nationalen Schmittianer, mithin gegen um sich greifende Rückfälle ins Dritte Reich Hitlers samt Jura-SA, befasst Dath sich danach mit dem famosen Büchnerpreisträger Martin Mosebach und seiner Empfehlung von Zensur z.B. bei Gotteslästerung. Was wohl Matussek in seinem Hausorgan Spiegel zum Thema beitragen wird? Die Gaucksche Freiheit trägt dicke Früchte. Die Talkshows sind dankbar für Nachschub an Promis. Dath ist immerhin, obwohl bei der FAZ in Lohn und Brot, so wach, kregel und munter, dass er mit den vier Wörtern Nihilist auf der Kanzel ungetarnt auf Mosebach zielt und, nehmen wir mal an, auf Maschke ebenso, denn wer einst bei Bloch hörte, wenn auch nur in Tübingen und nicht in Leipzig, der muss noch vom letzten Rest Geist verlassen sein, landet er bei des Führers Wortscharfrichter Schmitt wie Mosebach bei vatikanischen Zensoren. Diese Herren rechten Anheizer sind auf dem Vormarsch wie einst in Weimar Nummer I.
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Schlagzeilen von Mosebach-Artikeln und Stimmen zum Büchnerpreisträger aus dem Jahr 2007 | (Klick aufs Bild) |
Von den aus tiefsten Untiefen deutscher Vergangenheit auftauchenden Rechtsintellektuellen, die, obwohl Tiefstaatsbürger, erneut Idol-Charakter erhalten, zu den realen U-Booten: Im Mai 2008 feierten unsere zuverlässig wehrtüchtigen Medien 100 Jahre deutsche U-Bootwaffe, die es im 2. Weltkrieg auf über 30.000 eigene und eine Vielzahl fremder Tote brachte. So etwas muss festlich begangen werden. Jetzt besitzen wir schon wieder die besten U-Boote der Welt. Pakistan, Israel, USA u.a. stehen als Käufer Schlange. Spione in Massen suchen unsere Geheimnisse modernster Technik auszuspähen. Besonders stolz sind wir auf U 34, das es schon in der kaiserlichen Marine gab, dann bei den Nachfolgern, und immer gingen die Pötte heldenhaft unter, ohne je wieder aufzutauchen. Unser heutiges Spitzen-Boot 34 ist endlich so wiedergeboren wie unversenkbar, deutsche Werftwertarbeit eben, eine neue Art von Religionsdienstleistung, das Ding kostet ja auch nur schlappe 450 Millionen Euro und mehr und mehr. Vorwärts zu neuen U-Boot-Triumphen! Die Kirchen ziehen wie üblich in jeden Krieg mit, gehen unter und wieder auf - Unsterblichkeit nennt man das theologiegeschichtlich. Die glauben an die ewige Auferstehung von Bomben, Raketen, Panzern, U-Booten. Ich glaube an die Auferstehung des ewigen Sachsen Karl May im Lichte des Karl Marx. Doch die Gegenwart lebt von Verdunkelungen. Als die Mauer fiel, ahnte ja keiner, dass Merkel dahinter steckte und zu uns kam, sinnierte neulich in 3 Sat ein zungenflinker junger Mann namens Mann – das Kabarett als bessere Regierung?
Würde ein Kabarettist statt Merkel – Schröder – Kohl an der Regierung ebenfalls U-Boote, Panzer, Flugzeuge in alle Welt exportieren? Sagen wir ja, ist unser Gelächter ein bloßer Spaß. Sagen wir nein, erläutern wir zugleich den Tatbestand, weshalb unsere Regierenden Waffen und unsere Kabarettisten politische Pointen liefern. Das ist strikte Arbeitsteilung, so wie wir, historisch gesehen, jeweils erst unsere Kriege siegreich begannen, dann verloren und bedauerten, bis sich neue Kriege führen ließen und alles von vorn beginnt. Wiederholungen eben. Kochtöpfe statt Stahlhelmen, Pflugscharen statt Schwertern – so gestern noch die lieben DDR-Bürgerrechter. Inzwischen ist alles umgekehrt. Dennoch gibt's Fortschritte. Merkel ist Angela die Große aus dem Osten, ihre Umfragewerte in Deutschland steigen stetig, der Osten assoziiert Stalin – das ist ungerecht. Stalin ließ seine Feinde umbringen. Merkel macht sie bisher nur mundtot. Das lernte sie aus der Kirchengeschichte von Luther über Adenauer bis Kohl. Als erster geriet ihr Gerhard Schröder ins Visier, der schließlich entnervt unter Putins Fittiche flüchtete, weshalb Merkel nach den zur Strecke gebrachten elitären Christen von Koch bis Röttgers endlich auch den Leningrader Moskowiter Wladimir P. absägen möchte. Das hat weltpolitische Folgen: »Im deutsch-russischen Verhältnis zieht eine neue Eiszeit herauf. Berlin ist wie selten zuvor auf die Zusammenarbeit mit Moskau angewiesen, doch Merkel misstraut dem wiedergewählten Putin. Sie will die Opposition stärken.« So der Spiegel am 26.5.2012 auf Seite 20. Auf Seite 21 heißt es schon: »Die Kanzlerin ist nun entschlossen, Putin auf andere Weise unter Druck zu setzen.« Angela die grenzüberschreitende Drückerin. »In Sotschi ließ Putin seine schwarze Labrador-Hündin Koni an der Hose« Merkels schnüffeln. Die aber wurde schon mal gebissen und hat Angst vor Hunden. Für einige Zeitgenossen ist offen, ob Weltgeschichte von Menschen gemacht wird, kein Zweifel, dass hier das Labrador-Weibchen Geschichte machte und fürs erste ganz ohne Zubeißen. Zunächst jedoch hat die Kanzlerin daheim noch allerlei zu regeln, Druck ausgeübt werden muss auf den bayerischen Putin Horst Seehofer, soll die Christen-Allianz nicht eiern wie jüngst die Linkspartei. Wenn sie Pech haben, bleiben von ihnen nur ein paar lausige Prominente fürs Talkshow-Gewerbe.
Plötzlich taucht der tiefe Staat als Begriff wieder auf. Anlass ist das Geheimdienst-Fiasko des Umgangs mit dem NS-Untergrund. Entern etwa braune Klabautermänner unsere U-Boote oder liegt es an den Eliten, die den Feind seit 1848 nur links auszumachen vermögen? Dienstbare Staatsbeamte schreddern eigene Akten, damit sie garantiert ungenutzt und unausgewertet bleiben. Kommt dennoch ans Licht, ein Geheimer war bei einem Mord anwesend, darf der nicht genauer befragt werden. Verdunkelnd wird aufgeklärt. Gemunkelt wird, er habe sich bei fünf Morden in der Nähe aufgehalten – noch mehr Gründe für Personenschutz per Reißwolf? Eine Satire. Soviel Freiheit nimmt sich kein Dichter. Wir kehren zu Dietmar Dath zurück, dessen Streifzüge durch rechte Provinzen nicht nur der in Ferienzeiten geschwächten Redaktion zu danken sind – hin und wieder neigt die Zeitung tatsächlich zum Walzer linksherum. Bevor Die Zeit Sahra Wagenknecht entdeckte, gab es sie längst auf FAZ-Doppelseiten. Da müssen jW und nd sich sputen, um nicht linkerhand überholt zu werden. Schon die Weimarer Frankfurter Zeitung hatte der Linken mitunter Platz eingeräumt, bevor sie ab 1933 mit den Braunen kompatibel wurde. Wirft heute Weimar II seine Schatten voraus oder will man nur der Frankfurter Rundschau Paroli bieten, die sich neuerdings partiell an Karl Gerold zu erinnern scheint. Die FR ist immerhin ein linksliberales und antifaschistisches Blatt von Format gewesen.
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Verrat der Intellektuellen |
In Die grundsätzliche Differenz – Ein Streitgespräch in Wort und Schrift zwischen Sahra Wagenknecht und mir, 1999 im Dingsda Verlag erschienen, ging es um Grundsätzliches. Sahra gab sich in jugendlicher Unkenntnis DDR-stalinistisch, ich verordnete ihr ein paar Blochismen mit Marx-Tropfen – Näheres im 73. Nachwort. Am 3. Juni 2012 druckte die junge Welt Wagenknechts letzte Bundestags-Philippika ab, wenn auch leicht gekürzt. Worum handelt es sich? Nicht schwer zu erraten – um ein Ungeheuer namens Fiskalpakt, diesen »kalten Putsch gegen das Grundgesetz«, wie Sahra diagnostizierte, wobei sie auch noch selbst für Bürger nachvollziehbar argumentierte. Der rechten Gegenseite fielen dazu nur Zwischenrufe aus dem Brüderle-Sortiment ein – etwa: »Viele Grüße von Erich … Es lebe der Sozialismus …« Viele Grüße vom Reinerle eben … Der ganze Prominentenstadl steckt selbst in der Krise. Mich freut jedoch, dass unser Streitgespräch Wagenknecht-Zwerenz von vor dreizehn Jahren Wirkungen nach sich zieht. Ist die Linke etwa noch gar nicht wie in Weimar dem Untergang nahe? Wir erkennen – die Schwäche der Linken macht die Mitte zur Rechten. Das befürchtet heute Moshe Zuckermann für Israel, wobei er auf Julien Bendas Verrats-Essay von 1927 zurückgreift. Wir müssen eher vor dem Schwarzen Freitag 1929 warnen. Zur Pleite der Finanzwirtschaft gesellt sich die chronische Rückfälligkeit der Eliten. Ein Büchnerpreisträger lechzt nach Zensur. Ein Spiegel-Fechter erklärt Afghanistan den gerechten Krieg, ein Dresdner CDU-Häuptling befürchtet Schande für die Stadt, wird eine Straße nach Guernica benannt, wo deutsche Bomber 1937 die Stadtvernichtung probten, die dann 1945 in Dresden eskalierte. Verrat der Intellektuellen oder nichts dazugelernt, aber alles vergessen? Warum landete Maschke beim Nazi-Juristen Carl Schmitt und nicht bei unserem antifaschistischen Widerstands-Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der übrigens vor einiger Zeit in der FAZ bei weitem schlechter behandelt wurde als Schmitt? Ja und warum wählten die Westdeutschen einst Adenauer statt Niemöller? Warum ist diese Welt heute voll von Kriegen und Europa mit Merkel an der Spitze in einer unleugbaren Existenzkrise? Am 6. Juli 2012 gab es bei 3 Sat eine Sendung »Die Welt auf Pump«, deren Fazit lautete: »Ohne das Geld der Profiteure aus der Krise gibt's keinen Weg aus der Krise.« Der Satz ist weder sprachlich noch logisch widerlegbar. Für postrevolutionäre und postdemokratische Gesellschaften jedoch von einer Konsequenz wie einst am Schwarzen Freitag 1929.
Zurück zum Fall Maschke. Da mäandert einer auf Vatersuche vom SDS über Max Bense und Ernst Bloch ausgerechnet zu Carl Schmitt. Der FAZ-Autor Dietmar Dath greift die Story gerade jetzt auf mit faszinosen Satzbelegen und einer Distanz zum guten Schluss, die als Distanzierung des Blattes zu seiner früheren Maschke-Nähe verstanden werden kann. Der Casus Maschke ist im Kern ein Casus Schmitt, des Mannes also, der vom Weimarer Staatsjuristen zum juristischen Staats-Nazi aufstieg. Der Schwarze Freitag von 1929 machte es möglich. Das sollte als Warnung begriffen werden. Brechts Wort vom noch fruchtbaren Schoß weist die Spur. Noch sind es Schoßhündchen, die da kläffen. Übrigens erschien 1929 auch Remarques Roman Im Westen nichts Neues. Ein Schriftsteller als Prophet.
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