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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 51. Nachwort
Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
51. Nachwort |
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Scheintote, Untote und Überlebende
In Frankfurt am Main geht ein untoter Generalstaatsanwalt um. Am 1. Juli 1968 leblos in seiner Badewanne aufgefunden. Wiederauferstanden in Fritz Bauer – Tod auf Raten – Dokumentarfilm von Ilona Ziok. „In Frankfurt sorgt ein Film über Fritz Bauer für heftige Irritationen bei den anwesenden Juristen.“ ( FAZ 2.12.2010) So ist das im Leben – kehrt ein Toter zurück, darf im Zweifelsfall angenommen werden, er sei nur scheintot gewesen. Kann aber auch sein, wir befinden uns in einem Stück mit Untoten. Oder wir sehen alte Filme an, die Darsteller sind längst verstorben, das Lichtspiel verleiht Leben ganz ohne religiöse Dimensionen. Anders in der Kirche, wo die Gedanken der Christen leichtfüßig zweitausend Jahre zurückschweifen. Wenn es sich nicht gerade um Abtreibung, Kondome und Missbrauch handelt. Das ist Gegenwart. Der Gläubige nimmt sie hin. Der Ungläubige konstatiert sie ohne teilzuhaben. Den Fall des Hessischen Generalstaatsanwalts stellten wir im Nachwort 15 dar und zur Debatte:
Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
Als ich 1957 Leipzig verlassen musste blieb mein erstes Pseudonym Gert Gablenz bekanntlich inkognito an der Pleiße zurück, um die Geschichte in der sozialistischen Ebene zu beobachten. Als GZ stieß ich später zu meinem Glück mitten in Frankfurt am Main auf Fritz Bauer. Wer dieser Mann war, erklärt der tüchtige Saarländische Rundfunk in dieser Presse-Information:
Pressemitteilung vom 02.02.2010 | 16:39
Pressefach: Südwestrundfunk (SWR)
Koproduktion des Saarländischen Rundfunks läuft auf der BERLINALE 2010 – Dokumentation Fritz Bauer – Tod auf Raten – Ein Film von Ilona Ziok
Ilona Zioks Dokumentation Fritz Bauer – Tod auf Raten, eine CV Films Produktion in Koproduktion mit dem Saarländischen Rundfunk, wird im Rahmen der Sektion PANORAMA DOKUMENTE im offiziellen Programm der BERLINALE 2010 präsentiert. Fritz Bauer – Tod auf Raten ist eine von nur insgesamt 14 Dokumentationen, die auf diesem international bedeutsamen Filmfestival im Programm gezeigt werden: Der Saarländische Rundfunk ist Kooperationspartner dieser internationalen Kinoproduktion.
Zum Inhalt:
„Wir Emigranten hatten so unsere heiligen Irrtümer. Dass Deutschland in Trümmern liegt, hat auch sein Gutes, dachten wir. Da kommt der Schutt weg, dann bauen wir Städte der Zukunft. Hell, weit und menschenfreundlich.“ (Fritz Bauer)
Diese Sätze, die Fritz Bauer 1967 gegenüber dem Schriftsteller Gerhard Zwerenz äußerte, beschreiben den Enthusiasmus, mit dem der schwäbische Jurist das Nachkriegsdeutschland aus den Fängen der Nazidiktatur in ein demokratisches und humanes Staatswesen überführen wollte. Nicht nur die Politik, vor allem auch die Jurisprudenz sollte hierzu ihren Beitrag leisten.
Mit Fritz Bauers Namen verbinden sich die Überführung Eichmanns nach Israel, die Wiederherstellung der Ehre der Widerstandskämpfer des 20. Juli und die legendären Frankfurter Auschwitzprozesse. Bauer ahnte nicht, dass sich seine Vorhaben zu einer wahren Sisyphusarbeit entwickeln würden, zu einem Weg voller Behinderungen und Feindseligkeiten, der in einem viel zu frühen Tod endete, dessen genaue Umstände bis heute rätselhaft geblieben sind.
Ilona Zioks Film Tod auf Raten erzählt von Bauers mutigem Kampf für Gerechtigkeit. Mit Akribie hat die Regisseurin Archive durchforscht und gewichtige Statements des hessischen Generalstaatsanwalts ausgegraben. Um sie herum montiert sie in Form eines filmischen Mosaiks beeindruckendes Archivmaterial und die Aussagen von Bauers Zeitzeugen: Freunde, Verwandte und Mitstreiter. Dabei entsteht nicht nur die spannende Handlung einer einzigartigen Biographie, sondern auch das eindrucksvolle Porträt eines der bedeutendsten Juristen des 20. Jahrhunderts. Ausgesuchte Werke klassischer und zeitgenössischer Komponisten begleiten die Dokumentation.
Länge: 90 Minuten. Redaktion SR: Michael Meyer, Andrea Etspüler
SR Kommunikation
Saarländischer Rundfunk
Funkhaus Halberg – 66100 Saarbrücken
Internet: sr-online
An linkssozialistischen Untoten und Überlebenden herrscht bei uns kein Mangel. Im Oktober 1970 gab es breiten Protest gegen die Entlassung des Chefredakteurs der Gewerkschaftlichen Monatshefte Prof. Walter Fabian.
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Walter Fabian – Linkssozialisten im Westen unerwünscht
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Die Schwierigkeiten Fabians im Westen liefen parallel mit denen des oppositionellen Ökonomen Prof. Fritz Behrens im Osten. Dazu und über Ernst Bloch wird in der Folge 94/95 unserer Serie berichtet. Linkssozialistische Positionen waren beiderseits der Grenze unerwünscht bis unerlaubt. Ein 3. Weg sollte weder dort noch hier erprobt werden. In den Politikerköpfen ist kein Platz für die Alternative. Meine Antwort darauf ist 1971 in Kopf und Bauch zu finden, unterm Kennwort poetologisches Prinzip Tiefenbohrung. Ohne Rücksicht auf Politik, Ideologie, Ost/West und Lesergeschmack geschrieben, jede Möglichkeit zur anarchischen Ausschweifung wahrnehmend – heute hätte so ein Buch als Schlag ins Zentrum keine Chance mehr – damals wurde es inklusive TB-Ausgabe ein Hunderttausender.
Kiergegaard: Selbstbezichtigung im Existenzsinn
Wie das? Es handelte vom Risiko der „Selbstbezichtigung im Existenzsinn Kierkegaards.“ (Bloch) In Leipzig hatte ich das noch hoffnungsvoll als Trotz und Hoffnung festgehalten und danach im Roman Die Liebe der toten Männer mit der DDR abgerechnet. Aus dieser Traum. Jetzt ging es ums Ganze: „Nie mehr einen Hut tragen, auf Menschen schießen, die alten Formeln hören … Richte dich auf …“ ( Kopf und Bauch) Soviel war noch in Blochs Ästhetik begründet, daraus entstand die konkrete Poetik des Romans als Dekonstruktion:
„Untersuchen müsste man, inwieweit die herkömmliche Belletristik Sklavensprache, deren Theorie und Rezensionswesen dazugehörige Ideologie ist. Etwa die Unterscheidungen verschiedener ICHs, das autobiografisch direkte Ich, das Ich einer vom Autor erfundenen Gestalt und die daraus resultierende ewige Rätselei, wieviel Autobiografisches, also Authentizität einem jeweiligen Ich zukomme. Wie denn, wenn der Autor sein erfundenes Ich hauptsächlich vorführte, weil er sein eigenes nicht zu bekennen wagte? Gustave Flaubert, auf seine Heldin Madame Bovary hin befragt, antwortete entwaffnend: Madame Bovary, das bin ich.
Vielleicht ist die bürgerliche Belletristik in der Wolle gefärbte Verkleidung, sind die gesellschaftlichen Zwänge primär bestimmend auch darin, dass der Roman als Fictions-Genre entstand, mit all seinen Personen- und Darstellungstechniken? Die wahre Literaturgeschichte bestünde dann in der Durchbrechung dieser Konvention, im Ablegen der Maskeraden und im Durchstoßen der Masken. Unter den Verhüllungen wird erst die nackte Wirklichkeit sichtbar ... Indem alle Belletristik, ihre apologetische Ästhetik einbeschlossen, als Technik von Sklavensprachen dechiffriert wird, gewinnt Literatur eine neue Dimension. Die Masken sind ab, nun gehören die stinkenden Lumpen der alten Verhüllungen verbrannt, der Leib leuchtet auf in all seinen Scheußlichkeiten, Schönheiten und beider Steigerungen, von denen die bürgerliche Idylle nichts ahnte.“ ( Kopf und Bauch)
Scheintote, Wiedergeborene – die Weimarer Republik bringt sich durch vielerlei kulturelle Potentiale in Erinnerung. Fritz Bauer, Walter Fabian, Fritz Behrens sind vergessen? Bei uns nicht. Die Bekanntschaft mit Fritz Bauer war für mich eine freundliche Frankfurter Fügung. Es gab, still und abseits, Gespräche wie ich sie seit Leipzig vermisste. Sein Charakter stark und weit gespannt zwischen Vitalität und plötzlicher Melancholie. Das heutige mainische Befremden wegen Bauers unerwarteter Rückkehr ist Entfremdungsfolge. Kraftvolle Geister überleben, angezogen vom Sog der Leere, in jeder Wüstenlandschaft. Auf Deutschland bin ich nicht stolz. Welches soll es denn sein? Beglückt bin ich von Begegnungen mit widerständigen Charakteren, die ich zum Anlass nehmen darf, der Weltbühnen- Autor zu sein, der ich war, bis es verhindert wurde. So schreibe ich eben meine Weltbühne anderswo weiter, nahm ich mir vor und bald kamen Ingrid, geborene Hoffmann, ein Halbdutzend Pseudonyme, zwei eigenwillige Katzen und der noch eigenwilligere Chow-Chow Billy dazu. Die plötzlich aufscheinende Präsenz des angeblich toten Freiheitsjuristen Fritz Bauer passt in die Erwartung wie die Faust aufs Auge. Das Auge aber muss sich erst einmal aufschlagen, um sehen zu lernen.
In Leipzig faszinierte mich gleich zu Anfang Blochs Schilderung seiner Jugendzeit, als er, ein wissensdurstiger, neugieriger Schüler, von Ludwigshafen in die Mannheimer Schlossbibliothek eilte, um sich die schwierigsten Schriften vorzunehmen. Zweieinhalbtausend Jahre Philosophiegeschichte waren ihm ein zeitraffendes, ergo zeitlos verfügbares Weisheitswissen inklusive mörderischer Dummheiten, wenn's missriet. Na schön, dachte ich, mein Grunderlebnis waren die 300 Bücher aus der Weimarer Republik, gesammelt in der Bodenkammer in Gablenz an den Teichen. Bloch lebte mit Aristoteles, Platon, Sokrates, Hegel, ich lebte mit Arnold Zweig, Ludwig Renn, Remarque und Barbusse. In der Marx- und Nietzsche- Lektüre trafen wir zusammen. Bei ihm inklusive Lenin und Stalin, bei mir inklusive Lenin und Trotzki. Er musste emigrieren, um zu überleben, wir vergruben die verfolgten Bücher der politischen Linken im Wald. Die Romane las ich verschwiegen und heimlich weiter. Für mich war Bloch, als ich ihm in Leipzig begegnete, kein Fremder. Für mich war auch Fritz Bauer in Frankfurt kein Fremder. Zwar zählte ich zur jüngeren, nachfolgenden Generation. Spät geboren, doch mit der Botschaft von Büchern in Hirn und Herz, die uns verband. Was ist schon ein Generationenunterschied von ein bis zwei Jahrzehnten? Bloch hatte sich von der Jugend an zweieinhalbtausend Jahre Philosophie einverleibt.
Im Nachwort 15 „Fritz Bauers unerwartete Rückkehr“ ist ein Gespräch abgedruckt, das zuerst in Horst Bingels Streit-Zeitschrift und 1972 in Bericht aus dem Landesinneren erschienen war, der Band wurde als Buch des Monats der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung viel beachtet, rückte aber bald in den Hintergrund. 1973 erregte mein Roman Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond über eine lange Zeit hin Aufsehen und Ärger. Verblüffend war, dass der zur Romanfigur verwandelte Fritz Bauer in all dem Zoff und Zank unbeachtet blieb. Die Zitate zum Hessischen Generalstaatsanwalt finden sich ebenfalls im 15. Nachwort. Offenbar wird das Schicksal Bauers in Frankfurt zwischen absichtsvoller Nichtachtung und getarnter, aber verschworener Feindseligkeit polarisiert. So verwundert es nicht, dass die FAZ Ilona Zioks Film nicht mögen kann. Der Erika Steinbach nahestehende Prof. Manfred Kittel hatte dem Sozialdemokraten Bauer in der FAZ bereits am 13. 5. 2009 „kommunistischen Umgang“ angekreidet, einschließlich seiner „weitreichenden Bereitschaft … mit den von der Stasi gefütterten ›Justiz‹-Organen der DDR zusammenzuarbeiten.“ Was sollen diese Vorwürfe? Will hier nachkommender rechter Groll den Frankfurter Auschwitz-Prozess revidieren? Fakt ist, der aus dem Exil zurückgekehrte Jurist hatte immer wieder den Unwillen der BRD erfahren, sich mit der Nazi-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Diesem Vertuschen und Verschweigen entgegenzuwirken handelte er. Das schmerzt die Leugner und Lügner noch heute, selbst nach einem Halbjahrhundert mangelt es ihnen an Einsicht. Deshalb verkündet die FAZ noch im Jahr 2010: „In Frankfurt sorgt ein Dokumentarfilm über Fritz Bauer für heftige Irritationen …“ Das war, ihr Herren von der konservativen Re(d)aktion zu dessen Lebzeiten auch schon so.
Eine konservative Reaktion gab es auch in der DDR. Der bis heute andauernden Befremdung über Fritz Bauer im Westen entspricht die Verfeindlichung Blochs im Osten. Die üblen Attacken des Prof. Kittel auf Fritz Bauer bilden das Verdächtigungs-Gegenstück zur Unmenschensprache des „Genossen Paul Fröhlich“, der damit ins SED-Politbüro aufrückte. Der Nazi-Wehrmacht-Feldwebel hatte deren Idiom tief inhaliert und behielt es auch in der DDR bei. Als stalinistischer Reaktionär erwarb er Ulbrichts Gottvertrauen. Das war 1956. Als Honecker 1971 Ulbricht von der Macht verdrängte, lief Fröhlich als erster zum neuen Vorsitzenden Erich H. über. Aus den Jahren zuvor hier eines seiner rhetorischen Glanzstücke:
„Protokoll der Bürositzung der SED-Bezirksleitung Leipzig vom 19.4.1956 (Auszüge)
Genosse Fröhlich:
... Die Genossen kritisieren den Genossen Walter Ulbricht. Es ist jedem erlaubt, Kritik zu üben. Aber diese sogenannte Kritik an Genossen Ulbricht ist in Wirklichkeit nur die Tarnung für das Anbringen von fäulniserregendem Intellektualismus.
Diese stinkende Ideologie ist ein Versuch, die Partei zu zersetzen. Deswegen darf man die Nachbeter kapitalistischer Propaganda nicht als eine harmlose oder als einen falschen Zungenschlag gemachte Äußerung hinnehmen, sondern muss sie ideologisch entlarven und die ganze Partei im Kampf zur Zerschlagung dieser feindlichen Ideologie erziehen.
Jetzt, nachdem die Partei offensiv auftritt, treten diese Heuchler mit einem weiteren Argument auf, indem sie sich hinter die Massen stellen und sagen: ›Wenn man uns und unsere Diskussionen als reaktionär und feindlich bezeichnet, dann muss man auch die Massen als reaktionär bezeichnen, denn das, was wir sagen, ist die Meinung der Massen.‹
Hier zeigt sich erneut die ideologische Versumpfung. Sie versuchen, ihre als Mitglied der Partei feindliche Haltung mit der angeblichen Meinung und Haltung der Masse solidarisch in einen Topf zu werfen.
Das zeigt, dass einerseits diese Mitglieder nicht mehr unterscheiden zwischen Partei und Masse und andererseits eine Unwahrheit, eine Behauptung gebrauchen, so, wie sie überhaupt ihre ganzen Argumente auf Behauptungen aufstellen, die nicht bewiesen werden, in Wirklichkeit die Arbeiterklasse, die werktätigen Massen beleidigen. Das zeigt, wie tief man sinken kann, wenn man sich von der Parteilinie entfernt –-
Deswegen muss mit aller Konsequenz dieser ideologische Fäulnisherd in der Parteiorganisation der Deutschen Hochschule für Körperkultur, sowie an der Karl-Marx-Universität, in den einzelnen Parteiorganisationen der Fakultäten, sowie auch in der Universitätsparteileitung beseitigt werden …
Aber wir sehen, dass auch dort sich dieser Sumpf bürgerlicher Ideologien, man kann von einer ideologischen Verrottung sprechen, eine Halunkenideologie breitmacht. Da muss man mit aller Kraft dagegen angehen. Mit Stumpf und Stiel ausrotten über den Weg der prinzipiellen ideologisch-politischen Auseinandersetzung …
An der Philosophischen Fakultät herrscht eine gegen die Partei und damit gegen die Arbeiter- und Bauernmacht gerichtete Atmosphäre. Unter der Flagge der Kritik. unter der Flagge der Freiheit der Kritik kam es wiederholt durch Prof. Bloch zu Äußerungen wie ›Zur Einheit Deutschlands kann man nur kommen wenn Ulbricht abgetreten ist.‹ Assistenten Studenten, die Mitglied der Partei sind, verhalten sich nicht nur neutral, sondern unterstützen offensichtlich diese Meinung. Darüber hinaus wurde kritiklos die philosophische Darlegung von Bloch als einzig richtig anerkannt. Es ist aber erwiesen, dass die Philosophie Blochs nicht exakt basiert auf den Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Es vollzieht sich eine Verflachung der marxistischen Philosophie, annähernd an den Vulgärmarxismus. Die politische Konzeption entspricht der eines bürgerlich liberalen Menschen mit den Tendenzen der politischen Herrschaft gegen unsere Politik ...“
Soweit Genosse Fröhlichs Zielangabe. Es folgt die Namensangabe durch den Genossen Wetzel:
„Die Meinung, dass die philosophischen Auffassungen Blochs unwidersprochen hingenommen werden, muss eingeschränkt werden. Sie trifft zu auf die Studenten im vorletzten Studienjahr, vor denen Bloch liest. Sie gehen für Bloch durchs Feuer. Unter den marxistischen Wissenschaftlern gibt es Gegnerschaft. Das kam zum Ausdruck in der Rede zum 70. Geburtstage Blochs, worin sie sich abgegrenzt haben von den Auffassungen Blochs. Von den marxistischen Wissenschaftlern sind nur wenige, z.B. Prof. Gropp.
Bloch wird außerordentlich gefördert, schon allein durch die Tatsache, dass er den Nationalpreis erhielt als Philosoph, nicht etwa als Friedenskämpfer o. ä.
Die Genossen des wissenschaftlichen Rates sind auch in ihrer Darstellung gegen die feindlichen Auffassungen Blochs aufgetreten. Aber es gibt viele andere Äußerungen Blochs zur Oder-Neiße-Frage, zur Abtrennung der ehemaligen deutschen Gebiete, das sind feindliche Äußerungen. Das wollen wir exakt formulieren.
Die Genossen Zwerenz (?) und Zensentz (?) sollen aus der Parteileitung raus und in die Produktion gehen, damit sie Verbindung zur Arbeiterklasse bekommen. Nach zwei Jahren evtl. wieder zum Studium zulassen. ...
(Archiv der Partei des Demokratischen Sozialismus. Leipzig. Akte IV/2/3/204) “.
Die Konstruktion des Feindbildes Bloch diente der Karriere der östlichen Polit-Konstrukteure und zählte zugleich zu den systemimmanenten Fehlern ihrer Partei, der sie zu dienen glaubten. Der antifaschistische Kampf des so vitalen wie entschlossenen Juristen Fritz Bauer beunruhigte und verunsicherte die westlichen Machtinhaber, bei denen sich Täter und Opportunisten von gestern auf eine ungestörte Karriere-Fortsetzung eingerichtet hatten. Der Hessische Generalstaatsanwalt dekonstruierte mit seiner pflichtgemäßen Tätigkeit den morbiden Zustand der BRD, wie der Philosoph dabei gewesen war, den morbiden Zustand der DDR zu signalisieren. Die Gleichheit in der Ungleichzeitigkeit beider Fälle ist so evident wie der Widerstand, auf den die unerwünschte Dekonstruktion stößt. Eine Mehrheit der jeweiligen Macht-Eliten verharrt in den Gewohnheiten des Vergangenen. Indem sie ihre Macht retten wollen, betreiben sie ihr Ende. Die Göttin der Geschichte kennt da offenbar keine Gnade.
Fritz Bauer empfahl oft und gern Goethe zu lesen, was in den sechziger Jahren etwas außerhalb der Kultur-Zeit anmutete. „Nehmen Sie diese ewigen Krimis im Fernsehen“, sagte er. „Das ahmen welche nach! Schießen wird zum Leitbild! … Statt dieser hässlichen Krimis sollte man lieber ein Goethestück zeigen! Das wirkt zum Guten! Die Leute müssen was Gutes sehen!“ (Nachwort 15)
In dieser Serie verwies ich oft auf Auerbachs Keller und halte unseren Olympier Goethe schon aus lokalpatriotischen Gründen hoch. Bei ihm findet sich immer etwas Passendes: „Dankt Gott mit jedem Morgen, dass ihr nicht braucht fürs Römsche Reich zu sorgen!“ Am Abend des 8.12.2010 sorgten sich in hart aber fair ein Halbdutzend Leute, von denen einige sich mit Hans Olaf Henkel für heutige Talk-Olympiers halten, ums Berliner Reich der bedrohten Republik. Henkel will den Euro teilen in Süd und Nord! Die anderen Gäste: Der Euro war falsch! Der Euro war richtig! Zurück zur D-Mark! Nostalgie – Ostalgie. Die Berliner Politik macht die anderen Länder kaputt. Nein umgekehrt. Der deutsche Steuerzahler muss für alle blechen. Griechenland, Irland, Portugal, Spanien – Fass ohne Boden. Anschluss, denke ich, hat die DDR sich angeschlossen, könnten Griechenland, Portugal, Spanien usw. sich doch auch anschließen … Deutschland über nicht alles. Deutsch-Europa sollte reichen. Inzwischen bringt Wikileaks die Weltunordnung noch mehr durcheinander. Ein polyglotter Australier mit dem französischen Namen Assange spielt den universalen Dekonstrukteur und hält den Politikern rund um den Erdball ihren Wortspiegel vor. Der Kampf der medialen Gladiatoren ist voll im Gange. Die USA wollen den tapfren Dissidenten fangen, foltern, umbringen. London hält ihn gefangen. Schweden hätte ihn gern. Zwei Schwedinnen hatten einvernehmlich Sex mit ihm. Wolltens mit Kondomen. Der Papst hats erlaubt. Assange hat nicht kondomiert – oder doch? In Schweden treten die Männer in Sex-Streik. Wer weiß denn, ob die Frauen nicht am Morgen danach Vergewaltigung rufen?
Wir dekonstruktieren im eigenen Land freiweg weiter. Die FAZ kommt immer noch nicht über Fritz Bauer hinweg. Seine Geschichte macht landesweit Furore. Im Weltexpress, Berlin erscheint am 7.12.2010 ein kluger Bericht über Ilona Zioks Dokumentation, den google news mit diesen Zeilen einleitet:
Der folgende Weltexpress-Artikel ist überaus lesenswert. Nur dass ich „längst verstorben“ bin, erlaube ich mir ein wenig zu dementieren. Schließlich steht dieses Nachwort unter dem Titel Scheintote, Untote und Überlebende.
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Gerhard Zwerenz
Serie
- Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
- Wird Sachsen bald chinesisch?
- Blick zurück und nach vorn
- Die große Sachsen-Koalition
- Von Milbradt zu Ernst Jünger
- Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
- Reise nach dem verlorenen Ich
- Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
- Van der Lubbe und die Folgen
- Unser Schulfreund Karl May
- Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
- Die Westflucht ostwärts
- Der Sänger, der nicht mehr singt
- Ich kenne nur
Karl May und Hegel
- Mein Leben als Prophet
- Frühe Liebe mit Trauerflor
- Der Schatten Leo Bauers
- Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
- Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
- Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
- Tanz in die zweifache Existenz
- General Hammersteins Schweigen
- Die Pleiße war mein Mississippi
- Im Osten verzwergt und verhunzt?
- Uwe Johnson geheimdienstlich
- Was fürchtete Uwe Johnson
- Frühling Zoo Buchmesse
- Die goldenen Leipziger Jahre
- Das Poeten-Projekt
- Der Sachsenschlag und die Folgen
- Blick zurück auf Wohlgesinnte
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
- Brief mit Vorspann an Erich Loest
- Briefwechsel mit der Welt der Literatur
- Die offene Wunde der Welt der Literatur
- Leipzig – wir kommen
- Terror im Systemvergleich
- Rachegesang und Kafkas Prophetismus
- Die Nostalgie der 70er Jahre
- Pauliner Kirche und letzte Helden
- Das Kickers-Abenteuer
- Unser Feind, die Druckwelle
- Samisdat in postkulturellen Zeiten
- So trat ich meinen Liebesdienst an …
- Mein Ausstieg in den Himmel
- Schraubenzieher im Feuchtgebiet
- Der Fall Filip Müller
- Contra und pro Genossen
- Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
- Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
- Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
- Als Atheist in Fulda
- Parade der Wiedergänger
- Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
- Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
- Fragen an einen Totalitarismusforscher
- Meine fünf Lektionen
- Playmobilmachung von Harald Schmidt
- Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
- Denkfabrik am Pleißenstrand
- Rendezvous beim Kriegsjuristen
- Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
- Der Bunker ...
- Helmut auf allen Kanälen
- Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
- Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
- Die Sächsischen Freiheiten
- Zwischen Genossen und Werwölfen
- Zur Geschichte meiner Gedichte
- Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
- Der Dritte Weg als Ausweg
- Unendliche Wende
- Drei Liebesgrüße für Marcel
- Wir lagen vor Monte Cassino
- Die zweifache Lust
- Hacks Haffner Ulbricht Tillich
- Mein Leben als Doppelagent
- Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
- Vom Langen Marsch zum 3. Weg
- Die Differenz zwischen links und rechts
- Wo liegt Bad Gablenz?
- Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
- Der 3. Weg eines Auslandssachsen
- Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
- Am Anfang war das Gedicht
- Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
- Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
- Im Hotel Folterhochschule
- Brief an Ernst Bloch im Himmel
- Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
- Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
- 94/95 Doppelserie
- FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
- Rainer Werner Fassbinder ...
- Zähne zusammenbeißen ...
- Das Unvergessene im Blick
1. Nachwort
Nachworte
- Nachwort
siehe Folge 99
- Auf den Spuren des
Günter Wallraff
- Online-Abenteuer mit Buch und Netz
- Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
- Die Leipziger Denkschule
- Idylle mit Wutanfall
- Die digitalisierte Freiheit der Elite
- Der Krieg als Badekur?
- Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
- Alter Sack antwortet jungem Sack
- Vor uns diverse Endkämpfe
- Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
- Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
- Kampf der Deserteure
- Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
- Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
- Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
- Was zum Teufel sind Blochianer?
- Affentanz um die 11. Feuerbach-These
- Geschichten vom Geist als Stimmvieh
- Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
- Trotz – Trotzalledem – Trotzki
- Der 3. Weg ist kein Mittelweg
- Matroschka –
Die Mama in der Mama
- Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
- Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
- Jan Robert Bloch –
der Sohn, der aus der Kälte kam
- Das Buch, der Tod und der Widerspruch
- Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
- Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
- Hölle angebohrt. Teufel raus?
- Zwischen Heym + Gauck
- Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
- Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
- Die Philosophenschlacht von Leipzig
- Dekonstruktion oder Das Ende der Verspätung ist das Ende
- Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
- Meine Weltbühne im poetenladen
- Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
- Die Internationale der Postmarxisten
- Dies hier war Deutschland
- Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
- Einiges Land oder wem die Rache gehört
- Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
- Macht ist ein Kriegszustand
- Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
- Damals, als ich als Boccaccio ging …
- Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
- Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
- Leipzig am Meer 2013
- Scheintote, Untote und Überlebende
- Die DDR musste nicht untergehen (1)
- Die DDR musste nicht untergehen (2)
- Ein Orden fürs Morden
- Welche Revolution darfs denn sein?
- Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
- Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
- Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
- Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
- Die heimatlose Linke (I)
Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
- Die heimatlose Linke (II)
Ein Zwischenruf
- Die heimatlose Linke (III)
Wer ist Opfer, wer Täter ...
- Die heimatlose Linke (IV)
In der permanenten Revolte
- Wir gründen den Club der
heimatlosen Linken
- Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
- Links im Land der SS-Obersturmbannführer
- Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
- Leipzig. Kopfbahnhof
- Ordentlicher Dialog im Chaos
- Büchner und Nietzsche und wir
- Mit Brecht in Karthago ...
- Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
- Die Suche nach dem anderen Marx
- Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
- Vom Krieg unserer (eurer) Väter
- Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
- Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
- Die Heldensöhne der Urkatastrophe
- Die Autobiographie zwischen
Schein und Sein
- Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
- Atlantis sendet online
- Zur Philosophie des Krieges
- Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
- Der Prominentenstadl in der Krise
- Der Blick von unten nach oben
- Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
- Vom Krieg gegen die Pazifisten
- Keine Lust aufs Rentnerdasein
- Von der Beschneidung bis zur
begehbaren Prostata
- Friede den Landesverrätern
Augstein und Harich
- Klarstellung 1 – Der Konflikt um
Marx und Bloch
- Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philosophie und Verbrechen
- Der Kampf ums Buch
- Und trotzdem: Ex oriente lux
- Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
- Der liebe Tod – Was können wir wissen?
- Lacht euren Herren ins Gesicht ...
- Die Blochianer kommen in Tanzschritten
- Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz
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