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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte

Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 80. Nachwort

Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coinci­dentia opposi­torum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.

  80. Nachwort

Auf der Suche nach der verlorenen Sprache



Zwischen Dietmar Dath, Heiner Geißler und Aristoteles: Gegen die Begriffsnot

Frankreich hat gewählt. Griechenland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein haben gewählt. Die Welt hat's überlebt, der Hahn steigt auf den Mist und alles wird schlimmer als es ist. Sind Wahlen Kriegsersatz? Wenn's schiefgeht, wird Krieg zum Wahl-Ersatz. Vorläufig lassen die Übermenschen den Euro mit Sarrazin gegen Merkel nur eiern. Eine Elite in sprach-chaotischen Ängsten.
  Am 29.3.2012 warnt der diensthabende FAZ-Marxist Dietmar Dath in seinem Blatt, China wolle bis 2015 die „Weltführung beim E-Commerce übernehmen“, zudem seien allgemein Energie und Information „in die Apparate gerutscht“, also nicht mehr menschen- sondern maschinengesteuert, eine Welt, von Automaten bestimmt und China mit seinen „diktato­rischen Methoden“ beanspruche die Leitung. Alarm also. Zudem fehlen die zeitgemäßen Worte für den „erreichten technischen Stand“, wir nennen es fehlende Begrifflichkeit der Weltmaschine, bei Dath heißt es treffend Begriffsnot. Er findet die Welt in einem „unhaltbaren Zustand“, wobei ihm China Angst macht. So sah schon Oswald Spengler den Untergang des Abendlandes.
 
Dietmar Dath will seine Welt retten. Ist China tatsächlich die Gefahr? Die Sprache verfehlt ihre Objekte. Es ist, als wolle man auch in der FAZ annehmen, Talkshows und tv-Kabaretts signalisierten Realitäten. Beide zielen vorbei, doch die Kleinkünstler-Garde lässt wenigstens lachen. Der schöne Satz Wittgensteins„Die Sprache ist ja kein Käfig“ wird demen­tiert. Den Untergehenden gerät Sprache zum Käfig, weil Energie und Charakter zur Befreiung fehlen.
  Die Angst vor China teilt übrigens der amtierende deutsche China-Botschafter Michael Schäfer keineswegs. China hat 100 Städte größer als Berlin und 500 Millionen Internetnutzer, weiß er und sagt es in der ganz einfachen Sprache eines Vortrages, über den die FAZ regional berichtet. Asien ist eben Veränderung, Europa wird Vergangenheit. Gewöhnt euch dran oder ändert es.

Im vorigen Nachwort machten wir aufmerksam auf Bloch-Zitate und -Verweise in FAZ und nd. Im nd vom 11.5.2012 empfahl dessen hauseigener Psychoreporter Martin Koch zum Thema Lust am Denken gar Blochs Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie, was gewiss anerken­nungs­wert sein mag, auch wenn diese Ausgabe Ernst Bloch in seiner Sprengkraft verfehlt und sich als Schweizer Käse der Philosophie mit unzähligen Luft­löchern heraus­stellt. Ein von Koch ange­führ­ter Satz ist un­über­treff­lich: „Philosophen haben einander in fast jedem Aspekt der Philosophie widersprochen.“ Alles in allem sind die Kerle, was ihre Karrie­ren betrifft, Gehir­nboxer, Profis eben, d.h. knock­out­süch­tige Möchte­gern­welt­meister, eis­kalte Wut­beulen in Paral­lele zum Typ des heuti­gen Wut­promi – Hochhuth beschimpft Grass samt Berliner Akademie­anhang als Anti­semiten, Klaus Staeck spielt linken Rechtsv­ertei­diger. Darauf folgt Ent­schuldigung von Rolf H. sowie deren Rück­nahme. Hochhuth verlangt wütend Maul­halten in Sachen Israel, Arnulf Baring hatte statt­dessen die DDR-Bürger schon lange vorher als verhunzt und verzwergt defi­niert, so lebt jeder in seiner eigenen Wut­welt. Wir führten die Klassen­kämpfe der Wüter­li schon von Ossietzky bis zum poeten­laden ein wenig vor. Die brauchen Aner­ken­nung wie ein Auto Benzin. Wut kennt keine Grenzen. In Südkorea zum Beispiel fand der Zoll bei Kon­trollen neulich Menschen­fleisch in Konser­ven. Soweit sind wir an der Spree noch nicht wieder. Oratorisch aber geht was. Sloterdijk haut Richard David Precht, der ihn im ZDF kurzum ersetzen soll. Keine Zukunft mehr fürs dröge Philo­sophische Quar­tett. Statt­dessen darf der Neue dort sein Licht anknipsen. Die Philo­sophen haben die Welt nur ver­schieden inter­pretiert, es kommt darauf an, das Fern­sehen zu verändern.

Markus Metz / Georg Seeßlen
Blödmaschinen
Die Fabrikation der Stupidität
edition suhrkamp 2011
Die horrende Begriffsnot, das Kauder­welsch der Kapital­elite samt Medien­anhang, wird im Suhr­kamp-Epos Blöd­maschinen. Die Fabrikation der Stupi­dität von Metz / Seeßlen adäquat dargelegt. Das nd spendete dem Buch am 12./13.5.12 eine ganze Seite, spät zwar, doch der fabel­hafte Medien­re­ferent Detlef Kanna­pin wusste es tref­fend zu ver­melden: „Im Herbst eines Zeit­alters … Es geht nur noch darum, die eta­blierte Ord­nung auf­recht­zu­erhalten … Die Inhalte von Freiheit und Demo­kra­tie neu zu defi­nieren – das wäre wirk­lich anti­kapita­lis­tisch …“
  Das ist gut gesprochen. Aber wer solls denn tun? Von Dath und Wagen­knecht / Lafontaine, von der FAZ bis zu Suhrkamp und nd wissen jetzt alle, was inzwi­schen sagbar geworden ist, die Krise treibt's raus, doch was zu tun wäre, steht seit zwei­einhalb­tausend Jahren einsam und unge­nutzt bei Aristo­teles herum. Das wis­sen Linke wie Rechte. Die Rechten leben davon, dass es vergessen wird. Und die Linken streiten untereinander wie Luther und Münzer statt wie Marx und Engels. FDP und Links­partei aber schwanken heute zwischen allge­meinem Abstieg und geographisch determinierten Aufstieg. Die Links­partei hält eine Wähler­schaft von ca. 10 % in Reserve, versäumt nur, sie zu akti­vieren und kehrt immer wieder unter­gangs­süchtig unter 5 % zurück. So teilt sich die ver­suchte gesamt­deutsche Links­partei in eine Links-SPD-West und eine Rechts-SPD-Ost, was so un­sinnig und dennoch unaus­rottbar ist wie das Dauer-Duell zwischen Lafontaine und Bartsch.
  Ich liebe beide auf Distanz, wie ich mir im Alter­nativ­marathon angewöhnt habe, jeden einzelnen Linken zu lieben. Links zu sein in Deutsch­land heißt nicht nur die Mehrheit gegen sich zu haben, sondern ein Großteil der Linken ebenfalls. Das nennen die dann plura­listisch. Denk mal nach Genossin und Genosse. Es gibt unge­heuer viele Vernunft­wesen im ganzen Land, alle Zeiten zusammen­genom­men, dazu die zur Vernunft gekom­menen Bürger­lichen. Heiner Geißler seit einiger Zeit und der vom scharf­mache­rischen CDU-MdB zum Frie­dens-Christen gewandelte Jürgen Todenhöfer – mit denen könnte man doch – oder nicht? Und was trennt Sozial­demo­kraten und diverse Varian­ten von Kommunis­ten auf Ewigkeit, wenn nicht blödsinnige Ego­zentrik, Macht­ver­blendung und Linkswut? Ach ja, die Linkspartei lässt sich rechts von den Sozis die Butter vom Brot nehmen und halbrechts bis halblinks von den flotten groß­mäu­ligen Piraten. Dann gibt's noch die hoch­gelehr­ten Marx-Dok­toren. Sie atmen Marx ein und aus, vermögen Hegel samt Lenin im Schlaf aufzusagen und ver­langen das von jedem, der mitreden möchte. Da lachen die Piraten sich dominant ins Fäus­tchen, beherr­schen so beden­kens­wert wie bedenk­lich das Internet, sind aktivie­rend und anregend wie partiell unzu­rechnungs­fähig, man lese nur nach, was sie übers Urheber­recht für eine ge­quirlte Kacke abson­dern.

Notizen vom 3. Juni 2012

Meine Einschätzung der Linken muss ich nach dem Göttin­ger Partei­tag korrigieren. Die neuen Vor­sitzenden sind ein Gewinn, halten sie, was sie in ihren Göttinger Partei­tags­reden eben versprachen. Bernd Riexinger tritt an als ein jüngerer Lafontaine, gewerkschaftlich exakt, rhetorisch bestes Niveau, politisch links und emotional eingrei­fend. Katja Kipping aus Dresden entwickelte in ihrer Rede eine Kultur kluger Zurück­haltung, deren Angebote gerade deshalb stark wirkten. Eine neue Gene­ration mit neuen Ideen, neuer Sprache? Die Nichtwahl des so lange Jahre hin­durch aktiven Dietmar Bartsch ist mindestens für seine Anhänger ein Verlust. Der Rückzug Lafontaines dürfte bei den nächsten Wahlen Stimmen kosten. Gysis Auftritt befolgt seine kürzlich in einer Talk­show formulierte Devise, er sei Politiker, Jurist, Moderator. Mit­unter scheint es, er habe die Politik einfach satt. Das ist ver­ständlich, wäre jedoch ein herber Verlust.
  Insgesamt als erster Eindruck: Der Göttinger Parteitag dementiert das voraus­gesagte Desaster. Der absolute Zerfall und Zusammen­bruch fand nicht statt. Wurden die nur verschoben oder bewies die Partei eine gewisse Reife? Kuschten die Flügel oder beflü­gelten sie? Bloße Show auf Regie hin oder polit­kultu­relle Energie­wende? Das ist heute, morgen und übermorgen die Frage, die sich stellt, während ringsherum das marode Finanz­kapital­system ein Land nach dem andern chaotisiert. Die Linke als Rettungs­anker? In der bisherigen Geschichte benötigte kein Deutschland, welches es auch sei, eine Linke. Im Gegenteil, sie wurde jeweils abge­schafft, um den Untergang zu sichern. Demokratie verkehrt­rum. Die Elite von Links­wut beherrscht. Oskar Lafon­taine sagte die heutige Weltkrise früh genug voraus. Nur 17% der Deutschen bedauern seinen Rückzug. Sie haben's nicht anders gelernt und wollen's nicht besser wissen. Die Lust am Untergang laut Friedrich Sieburg. Oder einfach die Exis­tenz­form der Geld­schränke zwischen Apa­thie und Todes­angst­trieb Jetzt passt mal auf, ihr Orgel­pfeifen und fausti­schen Bet­schwes­tern. Obwohl wir diesem Deutsch­land gar keine Linke gönnen sollten, weil die ewigen Krieger sowas Seltenes nicht wert sind, können wir nicht aus der Haut springen. Wenn's denn aber eine Linke sein soll, dann bitte unbe­grenzt nach innen und außen, inklusive Solidarität in der Partei, bis hin zur Feindesliebe, wie es die Pfarrer zwar täglich predigen doch nicht reali­sieren. Statt der Engel entsenden die super­christli­chen USA mörde­rische Drohnen. Wirtschafts­krieg und Religions­krieg sind nur die zwei Seiten des Kreuzes, daran der gute Jesus leidet, der es längst satt hat, immerzu in diese Hölle auf­erstehen zu müssen, nur um angebetet und erneut gekreuzigt zu werden.

Am 6.3.2012 erreichte uns übern poetenladen eine Anfrage: „Da ich 1949/50 an der Leipziger Uni wenigstens mal ›Staub wischen‹ durfte, bevor mein Mann nach Thüringen versetzt wurde, war ich ebenfalls unter den andächtigen Hörern von Fritz Behrens, Gerhard Harig, Julius Lips, Hans Mayer usw. zu finden, obwohl ich von dieser ›Direkt-Studienzeit‹ ein schlechtes Gewissen davontrug, weil ich, ehrlich gesagt, weniger in den Hörsälen, sondern mehr als FDJ-Funktionärin unterwegs war. (Aber wenigstens habe ich mein danach begonnenes 4jähriges Fernstudium diszipliniert absolviert.) Mit Ihren Auffassungen zur (DDR-)Vergangenheit stimme ich oft leider nicht oder nur teilweise überein (obwohl ich mich dennoch um Ver­ständnis und Erkennt­nis­gewinn bemühe). mit denen zu aktuellen Problemen dafür um so mehr. Danke dafür!“
  Unsere Antwort lautete: Man muss nicht übereinstimmen, doch der Bezug auf Leipzig Anfang der 50iger Jahre braucht mehr Übereinstimmung als heute erwartet, wo nicht erlaubt ist. Diese DDR begann mit einem Personal, das sich sehen lassen konnte. Was, zum Beispiel, brachte Fritz Behrens, Hans Mayer, Ernst Bloch in Leipzig zusammen? Wer fand sich da ein aus Widerstand, Verfolgung, Flucht?

Katja Kippings ursprüngliches Angebot (Aufgebot) einer weiblichen Doppelspitze als 3. Weg wurde in Göttingen so nicht realisiert, erweitert aber den 3. Weg zu mehreren 3. Wegen. Frau Kipping ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift Prager Frühling, wo SPD, Grüne und Linkspartei vertreten sind. Auch das ein 3. Weg? Lange vor dem Prager Frühling hatte es einen Leipziger Frühling gegeben, einen 3. Weg 1956/57 in der weiland DDR, was in Dresden wie Berlin und heute gar wieder oder immer noch in Leipzig selbst vergessen wird. Mag ja sein, 1989/90 waren Behrens und Bloch ebenso jenseits wie Harich und Janka als an Ort und Stelle Überlebende unbequem. Die PDS als SED-Nachfolgepartei wollte mit den früheren SED-Oppo­sitio­nellen nichts zu schaffen haben. Das hatte seine Gründe. Man vertei­digte unlustig, aber pflichtgemäß die Mauer (in den eigenen Köpfen), bis sie von anderen abgebaut werden konnte. Murx statt Marx. Nun ist man wieder links und minoritär. So kann der Berliner Außenminister Wester­welle eine dicke Lippe riskieren: „Niemand darf seine Hand über das System in Syrien halten.“ (FAZ 5.6.2012) Das geht gegen Putin und ist normaldeutscher Politjargon als hätte es die 50.000 deutschen Wehr­machts­helden, die sich 1944 als Kriegs­gefangene stolpernd und humpelnd durch Moskaus Straßen schleppten, nie gegeben. Moskau war und ist der Feind. Ein 3. Weltkrieg gegen Russland wird leicht­fertig riskiert, wo nicht kalkuliert?
  Lektüre-Ratschlag zum 3. Weg: 74. Folge „Der 3. Weg als Ausweg“86. Folge „Der 3. Weg eines Auslandsachsen“23. Nachwort: „Der 3. Weg ist kein Mittelweg“. So jedenfalls der autobiographisch gefasste bescheidene Ratschlag eines weggenossischen Rentners.


Vervielfältigt: So schlug er sich durchs Leben bis ins späte Rentnerdasein

Der Rentner im achten Jahrzehnt erinnert sich des Achtzehnjährigen, der als Soldat den ersten Gefallenen sah. Seine Wut erblickte den Getöteten auferstehend, wie er das zer­fetzte Gekröse in den Bauch zurückschob und feierlich erklärte: Dich nehme ich mit! Ver­blüfft hörte er sich blitz­schnell ant­worten: Mich kriegt ihr nie! So schlug er sich durchs Leben bis ins späte Rentner­dasein. Ob 18 oder 87 Jahre – die Zeit wird gewogen und nicht gezählt: Seit ich auf der Welt bin, ging es immer um irgend­einen Krieg. Wer nicht wollte oder sich gar dagegen auf­lehnte, musste sehr acht­sam sein. War ich – bin ich ein Idiot, wenn ich alle diese Kriege und jeden ein­zelnen von ihnen ablehne? Heute folgen die USA der deut­schen Triade Angriff – Sieg – Nieder­lage. Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan … Die nächsten Aspiranten stehen bereit. Deutsch­land immer dabei? Wo wie im Falle Libyen nicht, kreidet's die Elite spielende Medien­schicke­ria als feigen Pazi­fismus übel an statt als Versuch, Charak­ter zu zeigen. In den fünfziger Jahren, die Wunden des 2. Welt­kriegs waren noch unver­gessen, wurde mit der Bundes­wehr-Gründung zum nächsten Waffen­gang gerüstet. Ob nun in Zukunft Berlin oder Brüssel das Ober­kommando bekommt – Deutsch­land mischt wieder weltweit mit. Der Krieg liegt nicht in den Genen, er nistet in Köpfen und Her­zen und in den vielen falschen Büchern, die den rechten Ton angeben. Deutsch­land zum dritten Mal: Links geht – rechts kommt.

Die neugewählte linke Doppelspitze lässt hoffen oder bangen. Riexinger steht für eine nötige Linksfront, Kipping für das Neue. Als uralter Nichtgenosse füge ich hinzu: Und wer spricht für uns? Die Ex-Genossen, bunten Widerständler, Oppo­sitio­nellen, Trotzkisten, Revi­sionisten, Refor­misten, Deser­teure samt ca. einer Million schwer definier­baren ent­täuschten Linken, Anarchis­ten, nicht zu vergessen, viele Anti­kom­munisten, die erst dazu gemacht wurden von Genossen, die sich fälsch­lich als Kom­munisten ver­standen. Was ist mit den christ­lichen Oppo­sitio­nellen, den ver­ein­samenden Partei­kommunis­ten, den sozial­demo­kra­tischen Linken auf der Suche nach der einst gemein­samen Sprache, die nicht nur im feind­seligen Wirr­warr des Turm­baus zu Babel in Moskau verloren ging? Seitdem gilt Geld anhäufen, Kultur mani­pulieren, Geist auf­geben – dies die Triole des Kapitals ohne Gegenwehr. Das soll wirklich schon alles gewesen sein? Welch eine Freude – noch gibt's diese Links­partei. Aber: „Es fehlt der Frei­heits­klang des alten Antriebs, des impli­zierten Ziels, das Erbe an 1789, mit der nicht mehr rückgängig zu machenden neunten Sympho­nie.“ Bloch, Nach­schrift 1962 zu Erbschaft dieser Zeit.

Gestern, am 6.6.2012 fragte Anne Will in der ARD: Assad lässt Kinder töten – wie lange wollen wir noch zuschauen? Der seit längerem fest eingeplante Jürgen Toden­höfer sagte wegen dieser Herodes-Pau­schale ab, Scholl-Latour ging couragiert hin und gab den ganzen Abend über Saures, Bild-Chefreporter Julian Reichelt verkün­dete seine Kriegsn­aivi­täten, der Bundes­wehr-Pro­fessor Wolff­sohn schlug den israe­lischen Hardliner-Weg vor: Granaten, Untergrund-Aktionen, Bomben, Terror (gegen -?) Eska­lation. Diese brachiale Methode lernte ich Anfang August 1944 kennen, als Wehrmacht und SS den national­polnischen Aufstand in Warschau nieder­schlugen. Meine alt­modische Pazi­fisten-Antwort war und bleibt Deser­tion von den kom­man­dierenden Maul­helden und ihren multi­medial aktiven Kriegs­knechten und Kriegs­mägden. Soviel zur unver­lierbaren Sprache. Tacheles statt Begriffs­not.
Gerhard Zwerenz    11.06.2012   

 

 
Gerhard Zwerenz
Serie
  1. Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
  2. Wird Sachsen bald chinesisch?
  3. Blick zurück und nach vorn
  4. Die große Sachsen-Koalition
  5. Von Milbradt zu Ernst Jünger
  6. Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
  7. Reise nach dem verlorenen Ich
  8. Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
  9. Van der Lubbe und die Folgen
  10. Unser Schulfreund Karl May
  11. Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
  12. Die Westflucht ostwärts
  13. Der Sänger, der nicht mehr singt
  14. Ich kenne nur
    Karl May und Hegel
  15. Mein Leben als Prophet
  16. Frühe Liebe mit Trauerflor
  17. Der Schatten Leo Bauers
  18. Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
  19. Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
  20. Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
  21. Tanz in die zweifache Existenz
  22. General Hammersteins Schweigen
  23. Die Pleiße war mein Mississippi
  24. Im Osten verzwergt und verhunzt?
  25. Uwe Johnson geheimdienstlich
  26. Was fürchtete Uwe Johnson
  27. Frühling Zoo Buchmesse
  28. Die goldenen Leipziger Jahre
  29. Das Poeten-Projekt
  30. Der Sachsenschlag und die Folgen
  31. Blick zurück auf Wohlgesinnte
  32. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
  33. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
  34. Brief mit Vorspann an Erich Loest
  35. Briefwechsel mit der Welt der Literatur
  36. Die offene Wunde der Welt der Literatur
  37. Leipzig – wir kommen
  38. Terror im Systemvergleich
  39. Rachegesang und Kafkas Prophetismus
  40. Die Nostalgie der 70er Jahre
  41. Pauliner Kirche und letzte Helden
  42. Das Kickers-Abenteuer
  43. Unser Feind, die Druckwelle
  44. Samisdat in postkulturellen Zeiten
  45. So trat ich meinen Liebesdienst an …
  46. Mein Ausstieg in den Himmel
  47. Schraubenzieher im Feuchtgebiet
  48. Der Fall Filip Müller
  49. Contra und pro Genossen
  50. Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
  51. Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
  52. Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
  53. Als Atheist in Fulda
  54. Parade der Wiedergänger
  55. Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
  56. Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
  57. Fragen an einen Totalitarismusforscher
  58. Meine fünf Lektionen
  59. Playmobilmachung von Harald Schmidt
  60. Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
  61. Denkfabrik am Pleißenstrand
  62. Rendezvous beim Kriegsjuristen
  63. Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
  64. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
  65. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
  66. Der Bunker ...
  67. Helmut auf allen Kanälen
  68. Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
  69. Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
  70. Die Sächsischen Freiheiten
  71. Zwischen Genossen und Werwölfen
  72. Zur Geschichte meiner Gedichte
  73. Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
  74. Der Dritte Weg als Ausweg
  75. Unendliche Wende
  76. Drei Liebesgrüße für Marcel
  77. Wir lagen vor Monte Cassino
  78. Die zweifache Lust
  79. Hacks Haffner Ulbricht Tillich
  80. Mein Leben als Doppelagent
  81. Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
  82. Vom Langen Marsch zum 3. Weg
  83. Die Differenz zwischen links und rechts
  84. Wo liegt Bad Gablenz?
  85. Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
  86. Der 3. Weg eines Auslandssachsen
  87. Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
  88. Am Anfang war das Gedicht
  89. Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
  90. Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
  91. Im Hotel Folterhochschule
  92. Brief an Ernst Bloch im Himmel
  93. Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
  94. Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
  95. 94/95 Doppelserie
  96. FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
  97. Rainer Werner Fassbinder ...
  98. Zähne zusammen­beißen ...
  99. Das Unvergessene im Blick
    1. Nachwort
Nachworte
  1. Nachwort
    siehe Folge 99
  2. Auf den Spuren des
    Günter Wallraff
  3. Online-Abenteuer mit Buch und Netz
  4. Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
  5. Die Leipziger Denkschule
  6. Idylle mit Wutanfall
  7. Die digitalisierte Freiheit der Elite
  8. Der Krieg als Badekur?
  9. Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
  10. Alter Sack antwortet jungem Sack
  11. Vor uns diverse Endkämpfe
  12. Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
  13. Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
  14. Kampf der Deserteure
  15. Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
  16. Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
  17. Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
  18. Was zum Teufel sind Blochianer?
  19. Affentanz um die 11. Feuerbach-These
  20. Geschichten vom Geist als Stimmvieh
  21. Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
  22. Trotz – Trotzalledem – Trotzki
  23. Der 3. Weg ist kein Mittelweg
  24. Matroschka –
    Die Mama in der Mama
  25. Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
  26. Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
  27. Jan Robert Bloch –
    der Sohn, der aus der Kälte kam
  28. Das Buch, der Tod und der Widerspruch
  29. Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
  30. Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
  31. Hölle angebohrt. Teufel raus?
  32. Zwischen Heym + Gauck
  33. Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
  34. Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
  35. Die Philosophenschlacht von Leipzig
  36. Dekonstruktion oder Das Ende der Ver­spä­tung ist das Ende
  37. Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
  38. Meine Weltbühne im poetenladen
  39. Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
  40. Die Internationale der Postmarxisten
  41. Dies hier war Deutschland
  42. Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
  43. Einiges Land oder wem die Rache gehört
  44. Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
  45. Macht ist ein Kriegszustand
  46. Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
  47. Damals, als ich als Boccaccio ging …
  48. Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
  49. Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
  50. Leipzig am Meer 2013
  51. Scheintote, Untote und Überlebende
  52. Die DDR musste nicht untergehen (1)
  53. Die DDR musste nicht untergehen (2)
  54. Ein Orden fürs Morden
  55. Welche Revolution darfs denn sein?
  56. Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
  57. Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
  58. Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
  59. Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
  60. Die heimatlose Linke (I)
    Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
  61. Die heimatlose Linke (II)
    Ein Zwischenruf
  62. Die heimatlose Linke (III)
    Wer ist Opfer, wer Täter ...
  63. Die heimatlose Linke (IV)
    In der permanenten Revolte
  64. Wir gründen den Club der
    heimatlosen Linken
  65. Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
  66. Links im Land der SS-Ober­sturm­bann­führer
  67. Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
  68. Leipzig. Kopfbahnhof
  69. Ordentlicher Dialog im Chaos
  70. Büchner und Nietzsche und wir
  71. Mit Brecht in Karthago ...
  72. Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
  73. Die Suche nach dem anderen Marx
  74. Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
  75. Vom Krieg unserer (eurer) Väter
  76. Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
  77. Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
  78. Die Heldensöhne der Urkatastrophe
  79. Die Autobiographie zwischen
    Schein und Sein
  80. Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
  81. Atlantis sendet online
  82. Zur Philosophie des Krieges
  83. Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
  84. Der Prominentenstadl in der Krise
  85. Der Blick von unten nach oben
  86. Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
  87. Vom Krieg gegen die Pazifisten
  88. Keine Lust aufs Rentnerdasein
  89. Von der Beschneidung bis zur
    begeh­baren Prostata
  90. Friede den Landesverrätern
    Augstein und Harich
  91. Klarstellung 1 – Der Konflikt um
    Marx und Bloch
  92. Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philo­sophie und Verbrechen
  93. Der Kampf ums Buch
  94. Und trotzdem: Ex oriente lux
  95. Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
  96. Der liebe Tod – Was können wir wissen?
  97. Lacht euren Herren ins Gesicht ...
  98. Die Blochianer kommen in Tanzschritten
  99. Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz