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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte

Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | Folge 37

Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.

37

Leipzig – wir kommen

Gerhard Zwerenz
Gerhard Zwerenz
Briefmarke von Ingo Graf
Genau zu meinem Geburtstag, am 3. Juni, will die Leipziger Uni, vormals Karl-Marx-Universität, der Bundeskanzlerin einen hc-Doktorhut aufsetzen, hoffentlich ohne die Frisur zu beschädigen. An Auszeichnungen und Titeln mangelt es Angela Merkel nicht, vielleicht gibt's demnächst noch den Schritt vom Blauhemd zum Blauhelm. In Leipzig werden die versammelten Bürgerrechtler dankbar und ordensgeschmückt von der Höhe ihres Karrieregestühls herab applaudieren. Man ist doch wieder wer in der neuen Welt. Fehlt noch der Friedensnobelpreis für Angela in den Schuhen Willy Brandts.
Eben entdeckte Götz Aly den Faschismus der 68er. Schon Hitler war ein 68er. Das mag die ganz eigene Bekehrung und Beichte eines religiös gewordenen vormaligen Krawalleurs sein, beleidigt aber zugleich andere 68er von Frankfurt/Main über West-Berlin bis Prag, zu denen Frau Merkel auch nicht gehörte. Könnte man sie wenigstens als Leipziger Oppositionelle ausgeben? Notfalls laudiert Marcel, den unsere Angela jüngst in einer Hamburger Hitparade so überzeugend und herzlich hofierte, dass man dem preisverleihenden Magazin fast Hitlers Tagebücher als authentisch abzunehmen geneigt war. Wer's nicht glauben mag, sitzt im falschen Film. Kurzum, wer noch ein Blauhemd im Koffer aufbewahrt, sollte aus Gründen der Pietät am 3. Juni an die Pleiße pilgern und entweder die Kanzlerin oder ersatzweise meinen Geburtstag feiern: Auferstanden aus Ruinen: Wir alten DDR-ler kommen …

Jetzt im Jahr 2008 rumort es in den eingeschwärzten Medien wegen 1968, denn der Konflikt liegt exakt 40 Jahre zurück, was werden die erst mosern und maulen wird es im Jahre 2018 ein Halbjahrhundert her sein. Vor einigen Monaten googelte Ingrid diesen Text aus meiner Vergangenheit aus dem www-Titel: hochschule ost 3-4/99 leipziger beiträge zu hochschule & wissenschaft. Herausgegeben von Peer Pasternak, darin steht dieses Zitat:
»Kaum jemand dürfte den Angriff auf die Ordinarienuniversität und die alten Bildungsprivilegien mit drastischeren Worten beschrieben haben als der Schriftsteller Gerhard Zwerenz:
›Ja, wir kommen, aufgepasst ihr akademischen Traditionstrottel und Universitäts-Erbhofbesitzer, eure Exklusivität ist im Eimer, eure Zeit läuft ab. Aufgepasst, wir kommen, kriechen aus den Gullys, den muffigen Mietskasernen, Hinherhofpißwinkeln, Kellerlöchern, Wanzendachkammern, kommen aus letzten Landschaften, die vor Jahrhunderlen vergessen worden sind, aus beschränkten Kleinstädten und Kaffs, entlaufen Fabriken, Meistern, Maschinen, Besitzern. Wir kommen …‹
Der ehemalige Leipziger Student, der bei Ernst Bloch Philosophie studiert hatte und 1957 in den Westen geflohen war, lag im objektiven Trend der Zeit. Nicht zufällig erkannte er sich in den wichtigsten Zielsetzungen der Studentenbewegung wieder.«

Gerhard Zwerenz | Kopf und Bauch
Gerhard Zwerenz
Kopf und Bauch
Von diesem Fund angeregt suche ich an der Quelle nach, meinem Büchlein Kopf und Bauch, S. Fischer Verlag, 1971 Frankfurt / Main. Was ich da lese, ist so schön bösartig, dass ich mich nicht enthalten kann, den Internet-Verweis durch die ganze Buchseite zu vervollständigen: »Alarmiere ich genug Spott und Verachtung? Verletze ich die Gedemütigten spürbar genug? Wir sind nun zu alt, als dass wir noch lange auf Revolutionen warten könnten?
Ja, wir kommen, aufgepasst ihr akademischen Traditionstrottel und Universitäts-Erbhofbesitzer, eure Exklusivität ist im Eimer, eure Zeit läuft ab. Aufgepasst, wir kommen, kriechen aus den Gullys, den muffigen Mietskasernen, Hinherhofpißwinkeln, Kellerlöchern, Wanzendachkammern, kommen aus letzten Landschaften, die vor Jahrhunderten vergessen worden sind, aus beschränklen Kleinstädten und Kaffs, entlaufen Fabriken, Meistern, Maschinen, Besitzern. Wir kommen. Die seit Ewigkeit Kolonisierten des europäischen Herrenkontinents, der seine Sklaven und Knechte versteckte und den Arbeitern die Klassenlosigkeit des Freiheit genannten Kapitalismus predigte, sie desto nachhaltiger auszuquetschen, zu peinigen, zu enteignen. Wir kommen nicht mit einem Male, in gewohnten Ordnungen und Bildern, als Steppe, Untermenschen, Faule, Arbeitsscheue, Minderrassige, Farbige; wir kommen anders, sickern einzeln ein, bleiben ungreifbar zu Anfang, keine Klasse, doch krepiert ihr daran.
Wir kommen. Wir holen euch ab, wenn ihr ausgeweidet, ausgenommen, ausgeschlachtet seid, so hohl, wie es euch in Wahrheit entspricht. Wir sind längst dabei, euch auszuhöhlen. Wir kommen und sind längst gekommen, einzeln am Tage oder nachts in kleinen Gruppen. Schon sind eure feinen Bürgersöhne keine feinen Bürgersöhne mehr, ein leichtes Zucken des Augenlids, ein Blinzeln, wir haben uns verständigt. Es ist höchste Zeit, euch abzuholen, euch abzufahren. Wir sind gekommen. Wir werden immer mehr. Andere kommen zu uns herüber, und wir gehen gemeinsam zu euch hinüber, und DRÜBEN sind wir Wir, WIR SIND GEKOMMEN, wir haben uns hervorgewagt, hervorgeschwindelt, hervortaktiert, hervorgeschlagen, hervorgebüffelt. Wir lehnen keine List ab, keine Gewalt, keinen Umweg, keine Tarnung. WIR KOMMEN IMMER NOCH. Wir nehmen euch in Besitz, ihr ängstigt euch noch vor der Revolution von gestern, wie IHR EURE Armeen auf den Krieg von gestern trainiertet. WIR ABER KOMMEN. In Ost und West und West und Ost. Wir sind unerfahrener als IHR, ungebildeter, ungeduldiger, unwissender, unwilliger, unbekannter, unberechenbarer, ungezügelter, unvermögender. Wir sind schroff, armselig, abhängig, unkonventionell, keine Augenweide, wir sind bösartig, verletzend, nach Gerechtigkeit rufend und nach Rache dürstend, sind nicht fein, nicht gut und nicht zu haben, wir vergreifen uns an euch, wir machen nicht mit, wie ihr denkt, was ihr wollt, verlangt. Wir vergiften euch, wir gehen euch an die Gurgel. Wir sabotieren euch. WIR KOMMEN.«
Leipziger Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung 1991
Lesend: Gert Neumann. Zuhörer (von l. nach r.): Ulrich Schacht, Werner Heiduczek, Lutz Rathenow, Horst Drescher, Joachim Walther, Dirk von Kügelgen, Hubert Witt, Erich Loest, Gerhard Zwerenz
Als ich neun Jahre zählte, verschwand der Mann, der uns Kindern in Schwarzarbeit die Haare schnitt. Gleich ihm verschwanden im Sommer 1934 in unserer Gegend viele Antifaschisten in den Gefängnissen oder konnten sich gerade noch über die Grenze retten. Der Friseur wurde, obwohl nach der Haft wehrunwürdig, 1943 zum Strafbataillon 999 eingezogen, desertierte und verlor sein Leben beim Schusswechsel mit deutschen Soldaten. Das Beispiel bestärkte mich in der löblichen Absicht, von der Fahne zu gehen. Aber nicht unbewaffnet. Die schwarzen Fundis von der Deutschen Christenheit wollen uns heute wie vor 1945 den Antifaschismus vergällen. Ich werde unser Leben nicht dementieren. Gegen Faschismus hilft nur Widerstand mit Kopf und Bauch.

Am 1. April 2008 erinnerte die Chemnitzer Freie Presse an unseren Leipziger Freund Joachim Wenzel, der seine journalistische Arbeit 1948 in Chemnitz begann und am 1.4.1958 im Haftkrankenhaus Leipzig-Meusdorf starb.
Seither sind 50 Jahre vergangen. Da offenbar erst der Sohn Andreas Wenzel den Anstoß für den Gedenkartikel »Die Stille am Grab des Journalisten« geben musste und, soweit ich es überblicke, weder das Dresdner Hannah-Ahrend-Institut noch der berühmte Chemnitzer Politikwissenschaftsprofessor Eckhard Jesse, die doch alle tüchtig den Totalitarismus aufarbeiten, von Wenzel und anderen sächsischen Oppositionellen Notiz nehmen, sah ich mich ein wenig in meinen eigenen Büchern um. Über Wenzel schrieb ich u. a. in Der Widerspruch, S. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1974, tb-Ausgabe Aufbau Verlag Berlin 1994, Links und lahm, Carlsen Verlag Hamburg 1994, außerdem in Sklavensprache und Revolte – Der Bloch-Kreis und seine Feinde in Ost und West, Schwartzkopff-Buchwerke, Hamburg-Berlin 2004.
Soviel als Nothilfe für die zuständigen Institutionen des Freistaates Sachsen, wo die Vergangenheit Löcher hat wie mottenzerfressene Kleidung.
Seit dem Sachsenschlag von 1923, als der sozialdemokratische Reichspräsident Ebert die sozialdemokratische sächsische Landesregierung von Reichswehrsoldaten davonjagen ließ, weil sie zwei Kommunisten als Minister aufgenommen hatte, herrschen in Sachsen illegitime, wo nicht illegale Zustände. Seitdem ist jeder Sachse ein wiedergeborener Ursachse und wir bilden die 5. Internationale nach der Formel: Buddha + Konfuzius + Christus + Marx = Widerstand im Gelächter, auch Auferstehung ohne Kreuzigung genannt. Das Experiment, ein Groß-Sachsen namens DDR zu errichten, scheiterte am herrschenden Prinzip der Feindschaft. Ergo schaffen wir die Feindschaften ab. Da wir als Jugend zwar kommen, aber nicht bleiben durften, kehren wir wieder als junggebliebene Alte.

Vom Altenburger Historiker Günter Hauthal las ich die Autobiographie Als junger Soldat der Fallschirmpanzerdivision HG von 1943 bis 1945 vom Kriegsglück begünstigt, 2007 im Selbstverlag erschienen, wo sonst bei den kaputten Kulturstrukturen des besiegten Ostlandes. Wieder fällt auf – 1. wie real und ungeschminkt der Krieg darzustellen ist, wenn keine Ideologie und kein die Verkaufs-Chancen kalkulierender Verlag eingreift. Vor Jahren besprach ich mehrere solcher Bücher, gab es jedoch bald auf, weil mir jede Rezension ein Dutzend Postsendungen mit Manuskipten zum Thema einbrachte – 2. berichtet Hauthal von der DHG, der Luftwaffenpanzerdivision Hermann Göring, die in Afrika unterging und danach mit lauter jungen Soldaten neu aufgestellt wurde. Als ich Anfang der sechziger Jahre darüber zu schreiben begann, ergab sich ein Streit mit dem Lektor, der wie ich der DHG angehört hatte, es jedoch verschwieg und erst viel später darüber zu berichten wagte. Ich ging mit meinen Kriegsgeschichten zu anderen Verlagen und seitdem meldete sich eine Reihe ehemaliger DHGler bei mir, die meisten waren geheilt als Kriegsgegner und Genossen von der Front zurückgekehrt. Ähnliches lese ich auch mit Spannung aus dem Hauthal-Buch heraus, in dem vieles enthalten ist, das sonst gestrichen wird.

Bush, Putin, Sarkozy, Merkel lauten die Namen der vier glorreichen imperialen Helden, die im April 08 natofriedensstiftend zusammentrafen, und alle sind sie erklärte Christen. Bush's USA genügte das Vietnamdesaster nicht, der fromme Lügenpräsident stieß noch die Iraker in den Krieg. Putin hat Tschetschenien kriegsbefriedet, Sarkozy sitzt auf dem algerischen Folter-Erbe und Frau Merkel gilt im atombestückten Quartett als gleichberechtigt, denn Hitler ist zwar Auschwitz, Merkel jedoch eine Pastorentochter und Deutschland auch ohne Atomwaffen wieder wer.
Natürlich hat jeder Kriegsfürst Grund zur machtvollkommenen Zufriedenheit. Bush stürzt Länder, die nicht selbstfolternd kuschen, in seine demokratischen Befreiungskatastrophen. Putin wird von der friedenstüchtigen NATO zur erneuten Landesverteidigung von der Lena bis zur Wolga gezwungen. Sarkozy hilft den USA, de Gaulle vergessend, in Afghanistan wie Merkel der SPD beim Verlieren von Wählerstimmen.
Es ist alles in bester Weltfriedensordnung. Ich frage mich auch nur ganz leise und nebenbei, wie unsere bibelfeste Pastorentochter sich beim Berühren massenmörderisch blutbesudelter Hände fühlt. Ja, ich weiß, bei großer Politik gilt Luthers Zwei-Reiche-Lehre. Christ ist das eine, Politik das andere. Auf diese Weise hatte die werte Christenheit 2000 Jahre Zeit, sich selbst zu widerlegen. Der atheistische Marxismus, der es auf kaum 150 Jahre brachte, hat also zum Gleichziehen noch 1.850 Jahre vor sich.

Als die Talkshows noch nicht zu witzlosen Kabarettparodien verkommen waren, fragte ich Frau Merkel in einer Berliner ARD-Runde, ob es ihr in der DDR schlecht ergangen sei. Sie verneinte, obgleich schon Kohls Mädchen und Ministerin, was für einen gewissen Hang zur protestantischen Offenheit spricht. Als Kanzlerin aber ist sie schlechthin genial. Weil die alte Frontlinie Dregger-Koch-Kohl bei den letzten Wahlen ins Risiko führte, verordnete Angela der CDU energisch Kurs auf sozialen Demokratismus, was die SPD zum einzigen Hort der neoliberalen Neokonservativen verdonnerte. Zur selben Zeit stand August Bebels Wiedergeburt im linken Zwillingspaar Lafontaine-Gysi an, die allerdings, um keinen roten Schrecken zu verbreiten, als gedoppelter Napoleon auftreten, was genügt, um Schlachten zu gewinnen wie einst in Jena-Auerstedt. Angelas Leipziger Doktorhut erinnert zudem an 1813 – das Schlachtenglück wendet sich schnell. Zum erst kurz zurückliegenden Pfingstfest hatte das landesweite Jahrestreffen der Gruftis in Leipzig stattgefunden. Während zur vorherigen Buchmesse bunt kostümierte junge Leute oder in strahlendes Weiß gekleidete Engelsfiguren die Hallen verstopften, wird Pfingsten in glitzernden schwarzen Lack gehüllt, doch die ausschwärmenden Friedhofsverehrer sind nicht von höllischer Natur, so wie der Teufel ja auch nur ein gefallener Engel sein soll. Also realisieren massenhafte Grufti-Gruppen feierlich und fröhlich den Zustand des Landes jenseits von Leben und Tod, neutral eben wie keine frühere Generation, aber auf Abruf. Da erscheint uns die gefeierte Kanzlerin am Ufer der Pleiße nicht weniger symbolhaft, wie sie da für erfolgreiche Studentinnenjahre gepriesen wird und in des Lebens Mitte verharren darf zwischen sozialistischer Vergangenheit und künftigem Harmageddon, diesem politphysikalischen Endzustand bourgeoiser Ordnungen.
Hoffentlich erscheint sie nicht so prachtvoll dekolletiert wie neulich in Oslo, sondern akademisch hochgeschlossen, sonst blicken die versammelten Profs zu tief, als dass sie noch den fabulösen Hut sehen könnten. Vielleicht empfiehlt die Gepriesene in ihrer Dankesrede die geliebte Gottheit Dalai Lama als dritte Möglichkeit zur Bundespräsidenten-Wahl, wo ein erklärter Pazifist schon deshalb hingehört, weil Angelas Jesus Christus ja auch als Pazifist lebte, starb und zum Himmel fuhr.

In Folge 13 wurde von Ingo Graf berichtet, dem »Sänger, der nicht mehr singt« und ich zitierte aus seinen phantastischen Briefen. Das Schöne an einer Internet-Serie ist, man kann jederzeit vor- und zurückschalten und so dem Faktor Zeit eine lange Nase drehen. In der Folge 13 also heißt es: »Der märchenhaft quicke Briefschreiber Hartwig Runge aus Leipzig war unter dem Pseudonym Ingo Graf ein erfolgreicher, geschätzter DDR-Schlagersänger, der sich nach der Wende als Liebhaber einer Nationalhymne gefiel, die er nach der Musik von Joseph Hayden mit Texten der Hoffmann von Fallersleben, Johannes R. Becher und Bertolt Brecht zusammenmixte – ein Kunstwerk mit Sinn und Witz, eine Hymne gar mit Verstand, was bei Nationalhymnen ein Widerspruch in sich ist. Endlich erfand er den explosiven Satz vom Anteil der Arbeitslosigkeit an der Affenwerdung des Menschen, womit er dem sächsischen Sarkasmus klassische Qualitäten verleiht. Zudem greife ich die postmodernen Paradoxien im Brief auf, um sie geschmeidig weiterzuführen. Wer seine schönsten Träume verleugnet, fälIt den Angstträumen anheim. Lasst eure Phantasien tanzen … Unser eigenes Copyright betrifft die Innovation per Montage von Tod und Glosse, Fakt und schwarzer Romantik, Autobiographie und Geisterseherei alias Religion, Karl May und Karl Marx, Pleiße und Elbe, Sachsen und China. Es geht ums Erwachen der Sachsen aus ihrem traumatischen Dämmerschlaf …«
Von Hartwig Runge bzw. Ingo Graf, der nicht mehr singt, aber unverdrossen schreibt und graphische Kunstwerke in original sächsisch-satirischer Qualität schafft, stammt ein Postwertzeichenentwurf, den ich als Geburtstagsgeschenk zum 3. Juni gern akzeptiere. Unsere frühere Leipziger Physikstudentin und tüchtige FDJlerin Merkel kriegt einen Ehrendoktorin-Hut, ich aber gehe als rote Briefmarke um die Welt … Irgendein kräftiges Detail sollte schon noch an die große rote sächsische Vergangenheit zwischen August dem Starken, Walter Ulbricht, Herbert Wehner und Karl May erinnern. Der Dr. h.c., h.c., h.c. und so fort Kanzlerin aber gestatte ich mir dieses freundliche Gedicht zu widmen:
8. Mai

Hundertmäulige Prominente und
angeschlossene Intellektuelle erklären uns
den Krieg wie er nicht war und
als ob er seit 1945 vorbei wäre

Ich suche nach einem revolutionären
Gewehr das nach hinten losgeht
nach Bomben die die Bomber treffen
nach Generälen die sich vorher selbstmorden

Der Urvater starb vor Verdun
Der Großvater blieb in Stalingrad
Der Vater erkämpft den Frieden am
Hindukusch Sein Sohn ist ein Computer

Du glaubst gar nicht wie viele
Feinde dir erwachsen wenn du
dich einfach zu schießen weigerst
statt die befohlenen Ziele zu vernichten
Gerhard Zwerenz | Briefmarke von Ingo Graf
Gerhard Zwerenz
Briefmarke von Ingo Graf

Am Montag, den 9. Juni 2008, erscheint das nächste Kapitel.

Gerhard Zwerenz   02.06.2008

Gerhard Zwerenz
Serie
  1. Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
  2. Wird Sachsen bald chinesisch?
  3. Blick zurück und nach vorn
  4. Die große Sachsen-Koalition
  5. Von Milbradt zu Ernst Jünger
  6. Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
  7. Reise nach dem verlorenen Ich
  8. Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
  9. Van der Lubbe und die Folgen
  10. Unser Schulfreund Karl May
  11. Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
  12. Die Westflucht ostwärts
  13. Der Sänger, der nicht mehr singt
  14. Ich kenne nur
    Karl May und Hegel
  15. Mein Leben als Prophet
  16. Frühe Liebe mit Trauerflor
  17. Der Schatten Leo Bauers
  18. Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
  19. Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
  20. Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
  21. Tanz in die zweifache Existenz
  22. General Hammersteins Schweigen
  23. Die Pleiße war mein Mississippi
  24. Im Osten verzwergt und verhunzt?
  25. Uwe Johnson geheimdienstlich
  26. Was fürchtete Uwe Johnson
  27. Frühling Zoo Buchmesse
  28. Die goldenen Leipziger Jahre
  29. Das Poeten-Projekt
  30. Der Sachsenschlag und die Folgen
  31. Blick zurück auf Wohlgesinnte
  32. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
  33. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
  34. Brief mit Vorspann an Erich Loest
  35. Briefwechsel mit der Welt der Literatur
  36. Die offene Wunde der Welt der Literatur
  37. Leipzig – wir kommen
  38. Terror im Systemvergleich
  39. Rachegesang und Kafkas Prophetismus
  40. Die Nostalgie der 70er Jahre
  41. Pauliner Kirche und letzte Helden
  42. Das Kickers-Abenteuer
  43. Unser Feind, die Druckwelle
  44. Samisdat in postkulturellen Zeiten
  45. So trat ich meinen Liebesdienst an …
  46. Mein Ausstieg in den Himmel
  47. Schraubenzieher im Feuchtgebiet
  48. Der Fall Filip Müller
  49. Contra und pro Genossen
  50. Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
  51. Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
  52. Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
  53. Als Atheist in Fulda
  54. Parade der Wiedergänger
  55. Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
  56. Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
  57. Fragen an einen Totalitarismusforscher
  58. Meine fünf Lektionen
  59. Playmobilmachung von Harald Schmidt
  60. Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
  61. Denkfabrik am Pleißenstrand
  62. Rendezvous beim Kriegsjuristen
  63. Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
  64. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
  65. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
  66. Der Bunker ...
  67. Helmut auf allen Kanälen
  68. Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
  69. Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
  70. Die Sächsischen Freiheiten
  71. Zwischen Genossen und Werwölfen
  72. Zur Geschichte meiner Gedichte
  73. Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
  74. Der Dritte Weg als Ausweg
  75. Unendliche Wende
  76. Drei Liebesgrüße für Marcel
  77. Wir lagen vor Monte Cassino
  78. Die zweifache Lust
  79. Hacks Haffner Ulbricht Tillich
  80. Mein Leben als Doppelagent
  81. Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
  82. Vom Langen Marsch zum 3. Weg
  83. Die Differenz zwischen links und rechts
  84. Wo liegt Bad Gablenz?
  85. Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
  86. Der 3. Weg eines Auslandssachsen
  87. Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
  88. Am Anfang war das Gedicht
  89. Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
  90. Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
  91. Im Hotel Folterhochschule
  92. Brief an Ernst Bloch im Himmel
  93. Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
  94. Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
  95. 94/95 Doppelserie
  96. FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
  97. Rainer Werner Fassbinder ...
  98. Zähne zusammen­beißen ...
  99. Das Unvergessene im Blick
    1. Nachwort
Nachworte
  1. Nachwort
    siehe Folge 99
  2. Auf den Spuren des
    Günter Wallraff
  3. Online-Abenteuer mit Buch und Netz
  4. Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
  5. Die Leipziger Denkschule
  6. Idylle mit Wutanfall
  7. Die digitalisierte Freiheit der Elite
  8. Der Krieg als Badekur?
  9. Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
  10. Alter Sack antwortet jungem Sack
  11. Vor uns diverse Endkämpfe
  12. Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
  13. Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
  14. Kampf der Deserteure
  15. Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
  16. Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
  17. Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
  18. Was zum Teufel sind Blochianer?
  19. Affentanz um die 11. Feuerbach-These
  20. Geschichten vom Geist als Stimmvieh
  21. Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
  22. Trotz – Trotzalledem – Trotzki
  23. Der 3. Weg ist kein Mittelweg
  24. Matroschka –
    Die Mama in der Mama
  25. Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
  26. Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
  27. Jan Robert Bloch –
    der Sohn, der aus der Kälte kam
  28. Das Buch, der Tod und der Widerspruch
  29. Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
  30. Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
  31. Hölle angebohrt. Teufel raus?
  32. Zwischen Heym + Gauck
  33. Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
  34. Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
  35. Die Philosophenschlacht von Leipzig
  36. Dekonstruktion oder Das Ende der Ver­spä­tung ist das Ende
  37. Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
  38. Meine Weltbühne im poetenladen
  39. Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
  40. Die Internationale der Postmarxisten
  41. Dies hier war Deutschland
  42. Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
  43. Einiges Land oder wem die Rache gehört
  44. Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
  45. Macht ist ein Kriegszustand
  46. Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
  47. Damals, als ich als Boccaccio ging …
  48. Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
  49. Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
  50. Leipzig am Meer 2013
  51. Scheintote, Untote und Überlebende
  52. Die DDR musste nicht untergehen (1)
  53. Die DDR musste nicht untergehen (2)
  54. Ein Orden fürs Morden
  55. Welche Revolution darfs denn sein?
  56. Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
  57. Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
  58. Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
  59. Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
  60. Die heimatlose Linke (I)
    Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
  61. Die heimatlose Linke (II)
    Ein Zwischenruf
  62. Die heimatlose Linke (III)
    Wer ist Opfer, wer Täter ...
  63. Die heimatlose Linke (IV)
    In der permanenten Revolte
  64. Wir gründen den Club der
    heimatlosen Linken
  65. Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
  66. Links im Land der SS-Ober­sturm­bann­führer
  67. Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
  68. Leipzig. Kopfbahnhof
  69. Ordentlicher Dialog im Chaos
  70. Büchner und Nietzsche und wir
  71. Mit Brecht in Karthago ...
  72. Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
  73. Die Suche nach dem anderen Marx
  74. Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
  75. Vom Krieg unserer (eurer) Väter
  76. Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
  77. Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
  78. Die Heldensöhne der Urkatastrophe
  79. Die Autobiographie zwischen
    Schein und Sein
  80. Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
  81. Atlantis sendet online
  82. Zur Philosophie des Krieges
  83. Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
  84. Der Prominentenstadl in der Krise
  85. Der Blick von unten nach oben
  86. Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
  87. Vom Krieg gegen die Pazifisten
  88. Keine Lust aufs Rentnerdasein
  89. Von der Beschneidung bis zur
    begeh­baren Prostata
  90. Friede den Landesverrätern
    Augstein und Harich
  91. Klarstellung 1 – Der Konflikt um
    Marx und Bloch
  92. Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philo­sophie und Verbrechen
  93. Der Kampf ums Buch
  94. Und trotzdem: Ex oriente lux
  95. Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
  96. Der liebe Tod – Was können wir wissen?
  97. Lacht euren Herren ins Gesicht ...
  98. Die Blochianer kommen in Tanzschritten
  99. Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz