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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte

Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | Folge 74

Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.

74

Der Dritte Weg als Ausweg

Gerhard Zwerenz
Gerhard Zwerenz 1949 nach Heimkehr aus der SU in der Hoffnung auf einen Dritten Weg
Es gibt viele Dritte Wege. Einer davon diente Friedrich Ebert zum Nieder­schlagen sparta­kistischer und kommunis­tischer Auf­stands­bewegungen, was den Mann zum deutschen Kerenski machte. Indem er Freikorps und andere Prä­faschisten zu Hilfe holte, öffnete er den Braunen Bataillonen das Tor. Das verargte ihm selbst sein Bundes­genosse Philipp Scheide­mann, der 1918 für die Sozial­demokratie eilig die Republik ausgerufen hatte, um Karl Liebknecht zuvorzukommen. Seither ist der Dritte Weg für die revolutionäre Linke sozial­demo­kra­tisch und reformistisch belegt. Die klassische, orthodoxe SED-Argumentation war in Neues Deutsch­land vom 15.10.1957 unter der Überschrift Die Illusion vom Dritten Weg nachzulesen. (Näheres in Folge 69 dieser Serie) Den Rest besorgen die Wieder­käuer. Sogar Angela Merkel spricht plötzlich, angetrieben von der Krise, vom Dritten Weg, und kein Mensch weiß, was sie damit meint. Immerhin studierte sie mal in Leipzig.
In der unaufhalt­samen Weltkrise von 2009 schwärmen unsere Romantiker mal wieder vom rheinischen Kapitalismus, den sie doch eben noch dem amerikanischen Falschgeld­kapitalismus opferten, als der ein Goldesel zu sein schien. Wir können romantisch dem vergangenen rheinischen Kapita­lismus einen sächsischen gegen­überstellen. Sachsen als Kernland funktionierte noch in der DDR. Hätte ihr die SU so helfen können wie die USA der BRD, wären die Ost-Babys mit goldenem Löffel im Mund geboren worden. Statt­dessen musste der kleine östliche Staat der kriegs­zerstörten Sowjetunion mit Kontri­butionen aufhelfen. Das DDR-Gold hieß Uran und wurde unterbezahlt wie die VEB-Produkte. Dazu setzte es Misstrauen, garniert mit schönen Worten und Feindschaft vom Westen. Die Kriegs­verlierer waren die Vertriebenen sowie die Besetzten und Verein­nahmten. Sie versuchten das Beste daraus zu machen. Das ist so ehrenwert wie der Versuch der von Hitler (und Stalin) verfolgten Kommunisten, sich gleich den Israelis eine verfolgungs­freie Heimat zu schaffen. Wer sie dafür befeindet und bestraft, setzt eine schandbare deutsche Rechts­extremistentradion fort. Ich weigere mich, das Leben meiner Landsleute und Genossen wie heute üblich zu verwerfen. Wer dem Gegner nach dem Friedens­schluss nicht gerecht zu werden vermag, bleibt unter seinem Niveau, falls er je eines besaß. .
Nach dem Abgang 1957 aus der DDR erlebte ich die Bundesrepublik ähnlich wie später unsere verehrten östlichen Schwestern und Brüder, die 89 enthusiasmiert aufbrachen, Westdeutsche zu werden und sich nach wenigen Jahren ostalgisch von diesem Hochziel absetzten. Mein Buch Ärgernisse registrierte 1961 als frühes Zeugnis die Gespaltenheit. Mich enttäuschte, ja ergrimmte das lange Ausbleiben reformerischer Oppositionsbewegungen in der DDR. Bringen die nicht zustande, was Polen, Tschechen, Ungarn, was wir in der DDR 1956 immerhin begonnen hatten? fragte ich mich oft.Und was ist im Westen?
Als ab 1989 aus DDR-Bürgerrechtlern übergangslos windelweiche Wessi-Parteigänger wurden, begann ich sie, wenn auch wegen Selbst­beschädigung wider Willen, zu verachten. Das Interesse an den Genossen im Osten lebte erneut auf. Eine Partei wie diese SED, die fast eine Million Parteistrafen verhängen musste, um ihre Leute bei Disziplin zu halten, kann nicht alle verdorben haben. Selbst die treuesten SEDler wuchsen mir wieder ans Herz, lebten sie doch für eine Idee, die unvergänglich bleibt, so sehr sie auch verunstaltet worden war. Verständnis und Freundlichkeit müssen versucht werden, sie sind die Elixiere des Überlebens im Zeitalter einer Bürokratie­herrschaft, in der zunehmend elektronische Apparate an die Macht drängen. Ingrid erinnert ans Beispiel des Computers, der übersetzen soll. Eingegeben wird der biblisch-poetische Satz: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ nach Matth. 26,41 und Mark. 14, 38. Als Resultat kommt heraus: „Der Wodka ist hervorragend, aber der Braten ist verrottet.“
Der PC, der die Sklavensprache der empirischen Moderne so glänzend meistert, signalisiert das Ende aller Poesie, indem er sie ins bloße Fressen und Saufen verwandelt, so als blicke er einem der unzähligen Fernseh-Köche über die Schulter.
Einigen Freiheitspredigern steht das Wasser bis zum Halse. Plötzlich beginnt ausgerechnet die FAZ mit dem Abdruck der Radio-Reden des John Maynard Keynes, der doch sonst befehdet wird wie ein leibhaftiger Kommunist. Jetzt also: On Air – der Weltökonom am Mikrofon der BBC und dazu gar höllische Einsichten: „Heute wie damals kommt in der westlichen Welt ein ›klug gesteuerter Kapitalismus‹ in Mode, in der Hoffnung, die staatliche Intervention könne die Instabilitäten der Märkte korrigieren.“
Vor Tische las man's anders, nein konträr. Sind rechte Ideologen bekehrbar – und linke? Kann mit Keynes die Ökonomie des Dritten Weges einsetzen?
Auf der Jahrestagung des West-PEN 1995 in Mainz war der Zusammen­schluss der östlichen und westlichen Sektion noch strittig. In Die Zeit 22/1995 berichtete Iris Radisch davon mit anschaulichen Details. Nach einem Dutzend Rede-Auszügen mit vielerlei Hin und Her heißt es: „Gerhard Zwerenz wünscht sich die Einheit der Gegensätzlichkeiten.“ In den Eingangszeilen unserer poetenladen-Serie ist von der „Einheit der Widersprüche“ zu lesen. diese ehrwürdige „coincidentia oppositorum“ ist zugleich konservativ und revolutionär im Gegensatz zu anderen Einheiten, die jeweils als Vereinigung angestrebt werden. Wer eine Widersprüche elimi­nierende Einheit zu realisieren sucht, gelangt zu den Dumm­heiten der Einheit von 1990 bis heute. War das Ostmodell des Staatssozialismus das Experiment eines zweiten Weges, der sich ab 1990 als nicht weiter gangbar erwies, sind die Möglich­keiten des ersten Weges ab 2008/9 offenbar ebenso erschöpft. Was also kann die dritte Möglichkeit sein?
Der Dritte Weg ist weder Ausweg noch Rezept. Jede Vorstellung von ihm ist historisch begrenzt. Die Ideen von Keynes allerdings kommen der Gegenwart so nahe wie die heutige Wirtschaftskrise der von 1929 – nur potenziert unsere globalisierte Welt die Folgen, während das agierende Personal intellektuell wie ethisch weit hinter dem damaligen zurückbleibt. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte bei ihrem ersten Amtsbesuch in Peking: „Indem China auch künftig unsere Anleihen zeichnet, akzeptiert es die gegenseitige Abhängigkeit unserer Länder. Wir werden gemeinsam erstarken oder untergehen, wir sitzen im selben Boot. Und Gott sei Dank rudern wir in dieselbe Richtung.“
Das ist kein diplomatisches Geplauder, sondern der Umriss eines Dritten Weges. Eine USA, die sich nach wie vor als einzige demokratische Supermacht sieht, bietet der aufstrebenden autoritären Supermacht Asiens das Du an. Inklusive Risiken: Will China nicht, gibt's Prügel. Kann China nicht, etwa infolge eigener Krisenwirren, gehen beide unter. Das ist so nüchtern gesagt, dass es Frau Merkel ganz als kühle Physikerin zur Kenntnis nehmen sollte. Politisch gesehen heißt das, der diktatorische US-Chaos-Kapitalismus ist gescheitert, der asiatische KP-Sozialismus soll helfen. Die beabsichtigte neue Einheit der Gegensätze droht Europa doppelt zu dominieren.
Wie sehr hier diese Aussicht als Untergang des Abendlandes verstanden wird, zeigt Nikolas Busse, FAZ-Korrespondent in Brüssel, in seinem neuen Buch „Entmachtung des Westens – Die neue Ordnung der Welt, für das sein Blatt schon zwei Tage nach der beunruhigenden Meldung über Clintons Peking-Gespräche die Werbetrommel schlug: „Die Finanzkrise lässt in Amerika und Europa Banken zusammenbrechen. Russland marschiert wieder in Nachbarländer ein. Indien legt sich die Atombombe zu, die chinesische Volkswirtschaft überholt die deutsche, in der islamischen Welt wird ein Krieg nach dem anderen geführt – immer neue Entwicklungen erschüttern das Weltbild des Westens und treiben seine Politiker an den Rand der Leistungsfähigkeit. Das sind gewaltige historische Umbrüche. Nikolas Busse … beschreibt, wie sich die Welt­ordnung mit der Vormacht­stellung des Westens allmählich auflöst. In Asien und Lateinamerika entstehen neue Großmächte, die ihren Platz in der Weltpolitik einfordern. Daher muss sich Europa viel stärker als bisher für seine Interessen und Werte einsetzen, notfalls auch mit militärischen Mitteln.“ (FAZ 25.2.09)

Helmut Kohls Antwort vom 4.12.96 auf den im Text erwähnten langen GZ-Brief
(Großversion per Klick aufs Bild)

Der Busse-Schlag auf die Kriegstrommel kann nur Naivlinge über­raschen. Der Abdruck der Radio-Reden von Keynes im FAZ-Feuilleton geht den Stahlhelmern im Blatt als Angebot schon zu weit. Auf alle Fälle werden Pflug­scharen zu Schwer­tern umgeschmiedet, denn die Helden des Abend­landes brauchen wiedermal mili­tärische Mittel, ihre kriminel­len Ziele durch­zusetzen. Ihre imperiale Linie ist nicht neu. Schon am 26.8.1996 schrieb ich in einem langen Brief an den damaligen Kanzler Kohl: „In letzter Konsequenz ist eine Ent­scheidung von Ihnen gefordert: Gibt es eine Alternative zu dem Kriegs­drama, das einige Ihrer Politiker; Militärs, Profes­soren an die Wand malen und das alle Züge einer sich selbst verwirk­lichenden Prophe­zeiung aufweist? Wenn ja, müsste jedes Partei­interesse vor der Friedens­suche zurück­stehen. Wenn nein, artikulierte sich zum Ausgang des Jahr­hunderts eine neue Existenz­frage, deren tenden­zielle Analogie zu den dreißiger Jahren eine Ent­scheidung zwischen Widerstand und Kriegs­schuld verlangte.“
Kohls Antwort war ausweichend.
Die Instabilitäten missbrauchter Märkte sind Folgen instabiler und miss­brauchter Intelli­genzen, die im Resultat gegen Null tendieren. Ein „Dr. Karl Wand, ehemaliger Botschafter A.D., Stockholm“ und ehemaliger Wehr­machts­offizier schreibt am 13. 2. 09 in einem FAZ-Leserbrief: „Nichts gegen ›Stolpersteine‹, die an Hitlers Greuel erinnern, aber ebenso wichtig ist für Deutschland und die Welt ein Denkmal von Stauffenberg. Wäre Hitler durch seine Bombe umgekommen, er hätte nicht nur Deutschland von den Nazis, sondern auch Auschwitz von den Sowjets befreit.“
Zwei Wochen wartete ich geduldig auf die Richtigstellung des oben zitierten Botschafter-Satzes. Sie unterblieb. Demnach hätte Stauffenberg „Auschwitz von den Sowjets befreit“? Eine Redaktion und Leserschaft, die das durchgehen lässt, ist die aggressiven Leitartikel der neuen Stahlhelmfraktion wert.
Der Erste Weg führte und führt in den Krieg. Der Zweite Weg der Sowjetunion führte in die Niederlage. Wir sind beim Dritten Weg und fragen, ob er einen Ausweg bietet.
Hillary Clintons Versuch einer Annäherung, wo nicht Koppelung USA-China ist entweder Bauernfängerei oder läuft darauf hinaus, Samuel P. Huntingtons The Clash of Civiizations zu widerlegen. Statt Kampf der Kulturen also Dialog der Kulturen, deren Gegensätzlichkeiten nicht geleugnet, sondern genutzt werden. Schon der Versuch dieses Dritten Weges alarmiert abendländische Kreuzritter, federführend, also PC-armiert die in kriegerischen Untergängen bewährten deutschen Siegfrieds in Politik, Medien, Militär. Nach Huntingtons Theorie wird die Weltpolitik nicht mehr von politischen, ideologischen oder wirtschaftlichen Konflikten bestimmt, sondern von kulturellen. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Ein sich mit Obama auf seine freiheitlichen Grundideen besinnendes Amerika kann auch anders. Steht zu hoffen, dass die USA auf diesem Weg durchhalten. Falls aber nicht?
Die heute grassierende Weltkrise galt noch drei Monate zuvor als unmöglich. Jetzt verkündigen die Talknudeln von gestern ohne zu erröten das Gegenteil von gestern. Wären sie so christlich wie sie tun, müsste sie die Short Story vom Tanz ums Goldene Kalb entsetzen. Die auf Gotttes Weisung hin erschlagenen 3000 Gold-Tänzer in heutige Proportionen hoch­gerechnet ergäben Zahlen gleich den Summen, die den Geldverfälschern als Boni zugeschanzt werden. Sachsens August der Starke sperrte seinen Böttger ein, damit er Gold zustande­bringe. Der erfand immerhin das Porzellan, das die Chinesen längst kannten. Die heutigen Goldmacher erfanden zum totalen Krieg die totale Globalkrise. Wer den Ausweg sucht, muss wissen, die finanzielle und öko­nomische Pleite ist nur Teil des allgemeinen Kultur­desasters einer Unwerte­gesellschaft, die sich seit dem 1. Weltkrieg im freien Fall befindet. Die Internationale der post­modernen Sklaverei ist unaus­weichlich, kommt es zum letzten Gefecht. Schon warnen die Ost­krieger vor „Unterwürfig­keit“ gegenüber China und im „Atomkonflikt mit Teheran“. (FAZ-Leitartkel 26.2.09) Die waffengeile Denkfabrik am Main warnt Obama vor „purer Ideologie“. So wird bei denen Friedens­vernunft genannt. Anthony Blair schwafelte einst vom Dritten Weg und zog lügen­lächelnd mit G.W. Bush in den Irak-Krieg.
Gerhard Zwerenz 2009 – noch immer in Erwartung eines Dritten Weges
Die Ideen des Dritten Weges gelangten 1956 von Polen in die DDR, wo sie spezifiziert wurden. In Berlin machte sich Wolfgang Harich dabei mit dubiosen West­kontakten angreifbar. In Leipzig wurde dieser Fehler vermieden. Walter Ulbricht ließ bei uns dennoch eingreifen. Im geheim­gehaltenen Teil vom 33. Plenum des ZK der SED beschuldigte Ulbricht Ernst Bloch konter­revolutionärer Pläne. Obwohl die Anschul­digungen unter der Hand nur an ausgesuchte Genossen verteilt wurden, er­reichten sie auf unbekannten Wegen den Bonner Verfassungs­schutz, wo der damals zuständige Leiter der Ost-Abteilung bald eine gegen die DDR gerichtete Zeitschrift Der Dritte Weg finanzierte. Darüber ein andermal. Der schöne Titel war jeden­falls zum Missbrauch im Westen angekommen. Ulbricht seiner­seits versuchte in den sechziger Jahren Teile unserer 56er Ideen unter eigener Leitung zu ver­wirklichen. Er war zu spät dran und stürzte darüber.
Die Frage nach einem Dritten Weg aus der heutigen Weltkrise ist lediglich rhetorischer Natur. Die machthabenden Politiker und ihre medialen Denk­fabrikanten sind eben erst widerstrebend bis heillos erschrocken beim Pragmatiker Keynes angelangt, den vorurteils­los zur Kenntnis zu nehmen bereits ihr Fassungsvermögen über­schreitet. Wie könnten sie dann die Komplexitäten einer Welt von Marx über Trotzki bis Bloch erfassen. Abgesehen davon, dass die Marxisten selbst ihre Klassiker nicht aus dem Gulag ihrer Vergangenheit zu befreien vermögen. Stattdessen verschwinden nach den Kommunisten auch die Sozial­demokraten aus dem euro­päischen Angebot. Ist der Rest nur Imitat und Sektierertum?
Der Dritte Weg ist ohne Revolution nicht gangbar. China versucht ihn als revolutionären KP-Kapitalismus. In Südamerika zeigen sich spezifische Mischformen. Die Sowjetunion verfolgte und bestrafte alle neuen Ansätze bis ins bittere Staats-Ende. Die DDR nicht anders, obwohl hier plurale Restbestände überdauern konnten, bis sie ab 1989/90 abgewickelt wurden, um jenen entfesselten Kapitalwahn zu installieren, der dem Ost-Versagen das West-Versagen anfügte. So wurde aus der friedlichen Revo­lution der Wende­punkt zu neuen Kriegen mit deutsch­vereinter Beteiligung.
Kann sein, es gibt eine Moderne des Globalmarxismus, den es noch gar nicht gibt, der aber jene futuristische Revolution zuließe, die den Krieg sabotiert und den Bürgerkrieg durch intellektuelle und ethische Konfliktlösungen ersetzt. Die Berliner Republik ist auch im intellektuellen Sinn so revolutionsunfähig wie chaosanfällig. Der regressive Aggregatzustand führt traditionell zu autoritären Reaktionen. Zum Kriegsende 1918 wäre ein sozial­revolutionärer Dritter Weg möglich gewesen. Die verratene Revolution führte mit dem Konflikt Hitler-Deutschland und Stalin-Sowjetunion in den Zweiten Weltkrieg, dem der Dritte als Gemisch von kalten und heißen Kriegen nachfolgt.
Am 9.10.1967 erschien der Spiegel mit einem Artikel über Ernst Bloch. Schon drei Tage später fand sich in unserem Briefkasten eine Kopie der ersten Seite des Spiegel-Textes mit hand­schriftlichen Zusätzen eines Münchner Klassikers, der offenbar seines Führers Tod überlebte:


(Zoom per Klick)

Der Spiegel-Artikel mit dem Titel Durch die Wüste nennt Bloch einen Endzeit-Denker. Endzeit ist, wenn jeder neue Aufbruch durch alten Abbruch erledigt wird. Tritt ein Philosoph auf, sitzt schon die erste Schmeiß­fliege drauf und singt das Deutschlandlied. Seit 1848 reihen sie Sieg an Sieg und Untergang an Untergang. Sachsens Nietzsche nannte das hochgestochen „Wiederkehr des ewig Gleichen“. Laut medizi­nischer Diagnose ist es Wieder­holuungs­zwang. Jede versäumte Wende führt näher zum Ende.
Die Dreiwegestory: Erstweg beglückt mit Arbeit, Gold, Krieg. Zweitweg revoltiert, will's besser machen und wird besiegt. Kommt Drittweg als Ausweg. Wird von Erstweg und Zweitweg als Holzweg verteufelt. Gerät Erstweg in globaltotale Weltkrise. Ruft Drittweg zu Hilfe. Drittweg aus dem Off: Jetzt soll ich euch retten? Revolutioniert erst mal eure Eierköpfe!
Mephisto in Auerbachs Keller:„O nein, die Kraft ist schwach, allein die Lust ist groß.“

Das nächste Kapitel erscheint am Montag, den 06.03.2009.

Gerhard Zwerenz   30.03.2009   
Gerhard Zwerenz
Serie
  1. Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
  2. Wird Sachsen bald chinesisch?
  3. Blick zurück und nach vorn
  4. Die große Sachsen-Koalition
  5. Von Milbradt zu Ernst Jünger
  6. Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
  7. Reise nach dem verlorenen Ich
  8. Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
  9. Van der Lubbe und die Folgen
  10. Unser Schulfreund Karl May
  11. Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
  12. Die Westflucht ostwärts
  13. Der Sänger, der nicht mehr singt
  14. Ich kenne nur
    Karl May und Hegel
  15. Mein Leben als Prophet
  16. Frühe Liebe mit Trauerflor
  17. Der Schatten Leo Bauers
  18. Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
  19. Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
  20. Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
  21. Tanz in die zweifache Existenz
  22. General Hammersteins Schweigen
  23. Die Pleiße war mein Mississippi
  24. Im Osten verzwergt und verhunzt?
  25. Uwe Johnson geheimdienstlich
  26. Was fürchtete Uwe Johnson
  27. Frühling Zoo Buchmesse
  28. Die goldenen Leipziger Jahre
  29. Das Poeten-Projekt
  30. Der Sachsenschlag und die Folgen
  31. Blick zurück auf Wohlgesinnte
  32. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
  33. Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
  34. Brief mit Vorspann an Erich Loest
  35. Briefwechsel mit der Welt der Literatur
  36. Die offene Wunde der Welt der Literatur
  37. Leipzig – wir kommen
  38. Terror im Systemvergleich
  39. Rachegesang und Kafkas Prophetismus
  40. Die Nostalgie der 70er Jahre
  41. Pauliner Kirche und letzte Helden
  42. Das Kickers-Abenteuer
  43. Unser Feind, die Druckwelle
  44. Samisdat in postkulturellen Zeiten
  45. So trat ich meinen Liebesdienst an …
  46. Mein Ausstieg in den Himmel
  47. Schraubenzieher im Feuchtgebiet
  48. Der Fall Filip Müller
  49. Contra und pro Genossen
  50. Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
  51. Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
  52. Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
  53. Als Atheist in Fulda
  54. Parade der Wiedergänger
  55. Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
  56. Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
  57. Fragen an einen Totalitarismusforscher
  58. Meine fünf Lektionen
  59. Playmobilmachung von Harald Schmidt
  60. Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
  61. Denkfabrik am Pleißenstrand
  62. Rendezvous beim Kriegsjuristen
  63. Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
  64. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
  65. Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
  66. Der Bunker ...
  67. Helmut auf allen Kanälen
  68. Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
  69. Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
  70. Die Sächsischen Freiheiten
  71. Zwischen Genossen und Werwölfen
  72. Zur Geschichte meiner Gedichte
  73. Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
  74. Der Dritte Weg als Ausweg
  75. Unendliche Wende
  76. Drei Liebesgrüße für Marcel
  77. Wir lagen vor Monte Cassino
  78. Die zweifache Lust
  79. Hacks Haffner Ulbricht Tillich
  80. Mein Leben als Doppelagent
  81. Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
  82. Vom Langen Marsch zum 3. Weg
  83. Die Differenz zwischen links und rechts
  84. Wo liegt Bad Gablenz?
  85. Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
  86. Der 3. Weg eines Auslandssachsen
  87. Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
  88. Am Anfang war das Gedicht
  89. Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
  90. Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
  91. Im Hotel Folterhochschule
  92. Brief an Ernst Bloch im Himmel
  93. Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
  94. Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
  95. 94/95 Doppelserie
  96. FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
  97. Rainer Werner Fassbinder ...
  98. Zähne zusammen­beißen ...
  99. Das Unvergessene im Blick
    1. Nachwort
Nachworte
  1. Nachwort
    siehe Folge 99
  2. Auf den Spuren des
    Günter Wallraff
  3. Online-Abenteuer mit Buch und Netz
  4. Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
  5. Die Leipziger Denkschule
  6. Idylle mit Wutanfall
  7. Die digitalisierte Freiheit der Elite
  8. Der Krieg als Badekur?
  9. Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
  10. Alter Sack antwortet jungem Sack
  11. Vor uns diverse Endkämpfe
  12. Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
  13. Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
  14. Kampf der Deserteure
  15. Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
  16. Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
  17. Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
  18. Was zum Teufel sind Blochianer?
  19. Affentanz um die 11. Feuerbach-These
  20. Geschichten vom Geist als Stimmvieh
  21. Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
  22. Trotz – Trotzalledem – Trotzki
  23. Der 3. Weg ist kein Mittelweg
  24. Matroschka –
    Die Mama in der Mama
  25. Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
  26. Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
  27. Jan Robert Bloch –
    der Sohn, der aus der Kälte kam
  28. Das Buch, der Tod und der Widerspruch
  29. Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
  30. Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
  31. Hölle angebohrt. Teufel raus?
  32. Zwischen Heym + Gauck
  33. Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
  34. Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
  35. Die Philosophenschlacht von Leipzig
  36. Dekonstruktion oder Das Ende der Ver­spä­tung ist das Ende
  37. Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
  38. Meine Weltbühne im poetenladen
  39. Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
  40. Die Internationale der Postmarxisten
  41. Dies hier war Deutschland
  42. Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
  43. Einiges Land oder wem die Rache gehört
  44. Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
  45. Macht ist ein Kriegszustand
  46. Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
  47. Damals, als ich als Boccaccio ging …
  48. Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
  49. Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
  50. Leipzig am Meer 2013
  51. Scheintote, Untote und Überlebende
  52. Die DDR musste nicht untergehen (1)
  53. Die DDR musste nicht untergehen (2)
  54. Ein Orden fürs Morden
  55. Welche Revolution darfs denn sein?
  56. Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
  57. Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
  58. Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
  59. Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
  60. Die heimatlose Linke (I)
    Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
  61. Die heimatlose Linke (II)
    Ein Zwischenruf
  62. Die heimatlose Linke (III)
    Wer ist Opfer, wer Täter ...
  63. Die heimatlose Linke (IV)
    In der permanenten Revolte
  64. Wir gründen den Club der
    heimatlosen Linken
  65. Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
  66. Links im Land der SS-Ober­sturm­bann­führer
  67. Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
  68. Leipzig. Kopfbahnhof
  69. Ordentlicher Dialog im Chaos
  70. Büchner und Nietzsche und wir
  71. Mit Brecht in Karthago ...
  72. Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
  73. Die Suche nach dem anderen Marx
  74. Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
  75. Vom Krieg unserer (eurer) Väter
  76. Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
  77. Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
  78. Die Heldensöhne der Urkatastrophe
  79. Die Autobiographie zwischen
    Schein und Sein
  80. Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
  81. Atlantis sendet online
  82. Zur Philosophie des Krieges
  83. Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
  84. Der Prominentenstadl in der Krise
  85. Der Blick von unten nach oben
  86. Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
  87. Vom Krieg gegen die Pazifisten
  88. Keine Lust aufs Rentnerdasein
  89. Von der Beschneidung bis zur
    begeh­baren Prostata
  90. Friede den Landesverrätern
    Augstein und Harich
  91. Klarstellung 1 – Der Konflikt um
    Marx und Bloch
  92. Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philo­sophie und Verbrechen
  93. Der Kampf ums Buch
  94. Und trotzdem: Ex oriente lux
  95. Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
  96. Der liebe Tod – Was können wir wissen?
  97. Lacht euren Herren ins Gesicht ...
  98. Die Blochianer kommen in Tanzschritten
  99. Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz