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Gerhard Zwerenz
Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte
Sächsische Autobiographie in Fortsetzung | 74. Nachwort
Dies ist eine sächsische Autobiographie als Fragment in 99 Fragmenten. Schon 1813 wollten die Sachsen mit Napoleon Europa schaffen. Heute blicken wir staunend nach China. Die Philosophen nennen das coincidentia oppositorum, d.h. Einheit der Widersprüche. So läßt sich's fast heldenhaft in Fragmenten leben.
74. Nachwort |
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Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
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nicht gestreichelt – geohrfeigt
Dem Pimpf wird der Mund zugehalten
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Oberleutnant Helmut Schmidt, Oberleutnant Strauß, Hauptmann Dregger, Major Mende und die Karriereleiter hoch zu Hitlers und Adenauers Generälen samt Staatssekretären der Sorte Globke – ich find' sie im Rückblick alle zum Davonlaufen und bin diesen Herren als Neunzehnjähriger im Krieg mangels Alternative davongelaufen. Soll unsereiner vor den Nationalkotzbrocken immer nur die Flucht ergreifen? Dann gab's das andere Deutschland. Großer Anfang, schräges Ende. Wenn sich die Genossen Generäle nach ihrer Niederlage gegen die siegreichen Westoffiziere heute verbal zur Wehr setzen, versteh' ich das, nur geht es mir zu sehr um die beidseitige armselige Offiziers-Ehre und zu wenig um die Niederlage, deren Gründe kaum artikuliert werden. Wäre ich Ost-General, wollte ich vom West-General nicht anerkannt sein. Ich hätte mich, nebenbei bemerkt, erschossen. Wer aber lebt, also überlebt, sollte entweder schweigen oder die Dekonstruktion der eigenen Seite und Vergangenheit wagen. Jede Niederlage beruht erst einmal auf eigenen Fehlern. Für uns von der deutschen Linken heißt das, die Entfernung von Marx war zur Unendlichen geworden. Nicht Selbstaufgabe ist das Motto, sondern Bewahrheitung und Widerstand gegen den kollektiven Trend zur Endzeit. Dieser Text stammt aus Folge 67 unserer Sachsen- Geschichten. Der seltsame Freistaat macht es einem nicht leicht. Die Farben schwarz und braun mischen sich nicht nur in den Medien zum Schwarzbraun. Es ist nicht die Haselnuss. Die Sätze von oben werden zitiert, weil sie die Beschaffenheit der Großväter- und Vätergeneration in Ost und West signalisieren. Der Spiegel wagte die Bonner Nazi-Bräune erst jetzt in Heft 1/2012 zu bemerken. Sogar mit einem ganzen Satz Selbstkritik.
Brandreden gegen Ernst Bloch
Die aus Weltkrieg II heimgekehrten Leutnante, deren Karrieren 1945 abrupt abbrachen, die sie jedoch fortzusetzen gedachten, wählten den Zwitter zum Leit-Typ, halb unbeschädigt und halb postheroisch. Die Nachkommen teilten sich in aufgeschreckte 68er und fleißverschwitzte Aufsteiger, die es bald zu was brachten. Ihr Held aber ist und bleibt Ernst Jünger, der Meister Blutwurscht aus Weltkrieg I, ein Richthofen der Infanterie, der akzeptabel ist, weil ohne Auschwitz. So ungefähr die innere Messlatte des elitären Gelichters und soviel zum Westen. Nun zum Osten. In seiner Brand-Rede gegen Bloch bedauerte sein Hauptfeind Gropp, dass „eine Reihe von Philosophen in der Deutschen Demokratischen Republik sich nicht mit ihm befassen zu brauchen“ glaubte. „Man fand die Lektüre seiner Schriften zu mühselig und zeitraubend.“ (Ernst Blochs Revision des Marxismus 1957) Mag sein, das war und ist so. Gropp, zu seiner Stalin-Ehre sei`s gesagt, war die Bloch-Lektüre nicht zu mühselig, allerdings entnahm er daraus nur, was ihn in der Feindschaft gegen den Philosophen bestärkte. Nicht zu mühselig war sie auch dem Logiker Dr. Horn, den seine Fleißarbeit gegen Bloch in die Kehre zum Freitod führte, was seine marxistische Integrität zwar wieder herstellte, zugleich zum Verschwinden des Abschiedsbriefs führte. Wer ließ ihn verschwinden? Welches Geheimnis enthielt das Papier? Nehmen wir an, Horn sei ein moderner Biologe gewesen und habe das Elixier ewigen Lebens gefunden. Das machte den Freitod verständlich. Wer möchte schon des Menschen Ewigkeit verantworten. Im Brief legte Horn seine Gründe dar. Er war kein Biologe, nur ein Philosoph bei der Aufkündigung eines Irrwegs..
Am 28./29.05.2011 erschien im ND eine Seite mit dem Titel „Es kömmt darauf an …“ Worauf? Darauf: „Re Thinking – Marx – Notizen von einer internationalen Konferenz an der Humboldt-Universität zu Berlin.“ Es berichtet der Philosoph Hans-Christoph Rauh, den die Redakteure mal mit ›h‹ und mal ohne enden lassen. In der Sache geht es sogar um vier Buchstaben. An der Seite wird deshalb die 11. Feuerbach-These von Marx in der Urfassung nachgedruckt: Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern. Der Text wurde meist um ein Minimum falsch zitiert durch ein von Friedrich Engels eingefügtes … es kommt aber darauf an, sie zu verändern. Das aber ist es, das dem schlussfolgernden Halbsatz noch mehr Gewicht verleiht, obwohl schon die Ausgangsthese fragwürdig ist, weil die gesamte 11. These nur mit den vorangehenden 10 Thesen gilt. Die Gründe erörterte Bloch in Das Prinzip Hoffnung, 1. Band, 19. Kapitel, erschienen 1954 im Aufbau Verlag Berlin. Wir berichten darüber in Sklavensprache und Revolte sowie x-mal in verschiedenen anderen Publikationen und sind hocherfreut, die Aussage schon 57 Jahre nach Blochs erster Intervention in Neues Deutschland in korrekter Fassung vorzufinden.
Ein profunder Satz zum Dank noch aus dem Rauh-Artikel: „Marx ist wieder da – postmarxistisch.“ Es gibt noch Fortschritte. Derart animiert stelle ich mir den Inhalt des verschwundenen Briefes vor, den unser Genosse Horn 1958 bei seinem signifikanten Freitod hinterließ. Vielleicht sind es drei versammelte Dreisätze. So von Brecht über Karthago:
Erstens: Nach 3 Kriegen war die Stadt a) noch mächtig b) noch bewohnbar c) unauffindbar.
Zweitens: Immanuel Kants 3 Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?
Drittens: Blochs Dreier-Proklamation: Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.
Kann man das wirklich noch hoffen? Wohl kaum. Inzwischen eilte Zarathustra zu Horns Grab und sonderte seinen obersten Leitspruch ab: „Der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss.“ Im Himmel der Marxisten, der auch Leipzig noch überwölbt, hört Herbert Marcuse die irdische Donnerstimme und flüstert: Ich hab's vorausgesagt, die Zukunft gehört dem eindimensionalen Menschen.
Der Jubeltag von Potsdam: Wäre der nationale Hindenburg 1933 noch so kampfstierstark wie 1914 bei Tannenberg gewesen, hätte er Adolf den Kopf abgebissen. Der Führer hielt ihm die Rübe passgenau vor die Feldherrenschnauze. Ein Stahlhelmer stand als Dritter bereit.
Aufs 2. Foto verwiesen wir im 72. Nachwort: Die Aufnahme ist enthalten in einem Spiegel-Leserbrief, das vielgezeigte Bild stinkt stellvertretend fürs deutsche Heldenvaterland gen Himmel. Der Führer streichelt einem kleinen HJ-Soldaten die brave Wange? Einfach süß.
Zweimal war Hitler in seinen Auftritten als German-Satan ehrlich bis auf den tiefsten Grund der nationalen Seele: Als er Hindenburg die Birne zum Abbeißen hinhielt und als er zwölf Jahr später den letzten blöden braunen Kindersoldaten ohrfeigte. Ja, richtig gelesen. Die Backpfeife galt der ganzen dummen Heldenmeute im „Einsatz“.
Da dürfen die alten Partei- und Wehrmachtkameraden in den Spiegel blicken und ihre von des Führers Ritterschlag geröteten Backen mit Schwefelsäure ausbrennen. Des Teufels Generalstabshölle ist heute noch in Betrieb.
Am 15.12.2011 wird im FAZ-Wirtschaftsteil der Auftritt einer „Gerechtigkeitsphilosophin im Bundestag“ gemeldet. Wir staunen. Nach Benedikt schon wieder eine Weisheitspredigt? Gemach: „Eine amerikanische Philosophin sitzt in einem Plenarsaal und plädiert dafür, Wachstumskritik und Fragen globaler Gerechtigkeit zusammen zu denken. Etwa ein Dutzend Politiker aus der Regierung und Opposition sind gekommen …“ Alle Achtung, Damen und Herren! Die Philosophin ist „Gast der Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität in Berlin …“ Das heißt im Klartext: „Folgt man der Gerechtigkeitsphilosophin, lassen sich Wohlstand und Lebensqualität also kaum am BIP ablesen.“ (BIP = Bruttoinlandsprodukt)
Was für eine umstürzende Erkenntnis! Um soviel geballte Weisheit aus Übersee ins Land eines Karl Marx und obendrein noch ins Hirn eines Dutzend Bundestagsmitglieder zu transportieren sollten wir keine Reise- und Hotelkosten scheuen. BIP ist nicht alles. Aber bei vielen Leuten piept's!
Hitlers Backpfeife für den letzten treudoofen Wehrmachtszwerg ist an die deutsche Lehrerschaft adressiert, die ihre Schüler aufs Soldatenleben vorbereitet hatte als wär's der Sinn des Lebens. Vorab die feige NS-Garde, vorab Göring im Nürnberger Prozess, wo er die deutsche Hauptrolle spielte – Dorfrichter Adam. Das Unschuldssyndrom passte ihm wie die Uniform des Reichsmarschalls mit und ohne Land. Noch in der Anatomie hob der abgemagerte Kadaver den Marschallstab zur Parade. Da war sein Führer offenherziger, wenn er einen Hitlerjungen ohrfeigte. Das hat er nicht getan? Diese Hierarchien samt Gefolgschaft und Nachlass setzen sich unentwegt fort. Denen fehlt die Phantasie für Schmerzempfindung.
Hartwig Runge mailt aus Leipzig eine luft(-ige) Aufnahme von Oberreifenberg, das so zauberhaft aussieht, wie es ist, wenn wir es verzaubern, also ernennt er es zu Oberzuckerberg und setzt es strikt dem Obersalzberg entgegen, in dem Barbarossa II überdauert und seine Späh- und Sturmtrupps aussendet, die versuchsweise in den Nahkampf gehen – Partisanen ihres Führers. Feuer frei. Wem sitzt die braune Laus im Pelz? Ich glaubte im August 1944 bei Warschau desertiert zu sein, doch wie weit du auch läufst, Deutschland holt jeden wieder ein. Fahnenmächtig, hymnentreu und niederträchtig: Werwolfrechtlich. Das vergesse ich keinem. Es ist Kopf- und Bauch-Gravur.
Da hilft doch nur die Flucht in den Briefwechsel mit der Marionettenmärchenfee:
Liebe Edith,
las eben die bewegenden Zeitungsberichte über Dein Marionettentheater-Programm: Eine Nacht mit Pinocchio. Die Zauberatmosphäre. die Du ganz alleiniges Menschlein irn dichten Bad Homburger Wald unter den wunderschönen Zwergen, die Deinen Händen folgen, erreichst, erinnert mich an Deine erste Vorführung, die wir erleben durften in Eurem privaten Zollstocktheater. Beim Blick auf das Foto mit Dir und die Finger, die so viele Fäden ziehen, an denen unsere Träume hängen, kommt mir ein zweiter Blick auf. Als ich über mein Leben/Überleben in der Schlacht von Monte Cassino zu schreiben begann, erinnerte ich mich plötzlich an die verbotenen Antikriegsbücher, mit denen ich als Kind aufgewachsen bin. Mir schien, ich hatte den Krieg als Lektüre erlebt und bin gar nicht dabei gewesen. Es waren aufgeschlagene Buchseiten, die ich rekapitulierte.
Erst die intensive Märchenform erlaubt den Sprung in eine ganz andere Welt. Schwerelos ist das wie der Gang aus Eurem Haustheater in die Nacht, so erinnere ich mich heute an Deine zurückliegende Premiere. Dein Marionettenspiel Iässt die Fäden vergessen, an denen wir hängen.
Herzlich, Euer GZ
Lieber Gerhard,
Du hast mir einen so wunderschönen Brief geschrieben, dass mir jetzt buchstäblich die Worte fehlen Ja, ich weiß noch sehr gut, dass Ihr bei der Premiere von RETTUNG FÜR SIRIUS dabei wart und dass Du sagtest: „Am Schluss hast du was verschenkt.“ Das stimmte. Wie schön, dass man nicht aufhört zu lernen. Mittlerweile habe ich ein dickes Dramaturgiebuch durchgeackert (Lajos Egri) und neue Blicke gewonnen, und die Begeisterung der Menschen zeigt, dass das nicht umsonst war. Ich bin jetzt tatsächlich bis Ende Februar ausgebucht. Zwischendurch kommen noch Schulklassen. Gestern war ein erstes Schuljahr hier, heute schon brachte die Lehrerin mir ein „Andenkenbuch“ von allen Schülern zum Dank. So süß! Und sie sagt: „Sie brauchen nur ein Wort der Zustimmung zu sagen, dann rennen Ihnen viele Schulen hier die Bude ein, wenn ich d a s erzähle.“ Aber das eine Wort habe ich n i c h t gesagt, weil es mich sonst zerreißt.
Johannes ist ja auch noch da 3und Haushalt und alles Aber weißt Du, was einfach unfassbar ist? Ich habe mir das so glühend gewünscht, als ich jung war und die ersten Marionetten sah, und nie schien das erfüllbar. Und dann – irgendwann im Alter – auf einmal ist alles möglich. Das ist Glück und Geschenk und Fügung und alles auf einmal.
Ich wünsche Euch beiden eine richtig gute ruhige befriedete Zeit und grüBe Euch ganz herzlich und mit Dank für Deinen Brief, Edith
Der Mann in der Mitte wird nicht überleben – Mann rechts überlebt und wird in der DDR Offizier – Gerhard Zwerenz ganz links auf dem Bild war damals stinksauer, konnte nicht per Flieger flüchten, musste zu Fuß türmen
Als der Siebenjährige erfahren hatte, die Bücher in seiner Bodenkammer waren ab sofort verboten, fühlte er sich erstmals in seinem Leben bedroht und erlernte die Technik der Geheimhaltung erworbenen Wissens. So überstand er Schule, Lehrlingszeit und Wehrmacht. Der Plan, bei der Hitlerjugend das Segelfliegen zu erlernen und übers Erzgebirge nach Prag zu entkommen, scheiterte. In Prag marschierte die Wehrmacht ein. Ab also mit 17 Jahren zur Luftwaffe. Was Hitlers Stellvertreter Hess konnte, konnte ein Trotzkist schon lange. Her mit der Messerschmidt und fort in die weite Welt. Wir sehen drei Luftwaffenrekruten am Tag der Entscheidung, abkommandiert in die Kaserne nach Utrecht, wo die Luftwaffendivision Hermann Göring, die bei Rommel in Afrika gerade unterging, neu aufgestellt werden sollte. Zwei freuen sich auf Holland. Der dritte erstarrt zur Eissäule. Scheibenkleister ist es mit der ersehnten Flugschule, er wird nicht wegfliegen, er wird wegstiefeln müssen. In seinen luftigen Wünschen hatte er sich's leichter vorgestellt. Kinderleichter.
Zweimal missglückte der Versuch, sich von der Truppe zu entfernen. Zwischen Monte Cassino und Gaeta stach ein Riesenkerl von Feind den Begleiter nieder. Ich wollte sein Bajonett nicht auch noch kosten und drückte ab. Das war Schreck, Panik, Angst, Verlust, Wut. Bald gab es Gerede in der Kompanie. Die schiefen Blicke der Verdächtigung. Hatten die beiden abhauen wollen? Da bin ich ganz und gar ein tüchtiger Soldat. Dumm und gehorsam wie gewünscht. Das wäre ja gelacht. Im Ernstfall spiel ich den Jünger tagelang bis zum Kotzen. Als sie mir den Orden anhefteten „Für den Fronteinsatz im Erdkampf in mindestens drei Gefechten an drei verschiedenen Tagen“ – das Weiße im Auge des Feindes sehen hieß das im Heldendeutsch. Da wusste ich doch, die dritte Flucht musste glücken.
Das Erdkampfabzeichen der Luftwaffe wurde am 31. März 1942 vom Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, gestiftet und konnte an alle Angehörige der Luftwaffe verliehen werden, die sich durch „ausgezeichnete Kampfleistungen“ im Erdkampf bewährt hatten. So der stiftende Reichsmarschall. Und nun Ernst Jünger in Sturm, Seite 11: „An diesen Gedanken erinnerte sich Sturm, als er vor dem Toten stand. Hier hatte wieder ein Einzelner gegen die Sklavenhalterei des modernen Staates nachdrücklich protestiert. Der aber stampfte als unbekümmerter Götze über ihn hinweg.“ Das ist beim einen wie dem anderen Herren- und Sklavensprache, fern jeder Ahnung von Revolte, ein Schweineschnauzengrunzen vorm Schlachthof.
Im Brief an die Marionettenmärchenfee Edith steht der Satz: „Mir schien, ich hatte den Krieg als Lektüre erlebt und bin gar nicht dabei gewesen.“ Löscht das Fixierte die Realität aus oder wird sie damit erst dazu? Im Rückblick erscheint mir mein Leben als wäre es in der Gablenzer Bodenkammer aus den verbotenen Büchern geholt worden. Hier fauchen Blitz und Donner vom Obersalzberg herunter. Hartwig Runges Einfall vom Oberzuckerberg konstituiert das Gegenmodell. Vom Gefreiten Adolf, dem Führer Hitler stammt der Satz: „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben.“ Der Obergefreite GZ dementiert das ab August 1944 bis zum heutigen Tag vom Oberzuckerberg aus. Das reicht für klare Rückblicke.
Klaus Gietinger:
Eine Leiche im Landwehrkanal
Jeden Januar gedenken Sozialisten in Berlin der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht im Januar 1919. Intern erfuhr ich von den Umtrieben des dafür verantwortlichen Mannes im Umfeld der Bonner Regierung. Klaus Gietinger dazu in junge Welt vom 10./11. 1. 2009: „Im November 1961 veröffentlichte Gerhard Zwerenz im stern einen Artikel unter der Überschrift ›Ulbricht lässt die andern schießen‹. Der Beitrag brachte nun aber nicht Ulbricht, sondern den Major a. D. Pabst aus der Windscheidstraße in Rage. Denn Zwerenz hatte auch den weißen Terror der Freikorps 1919 verurteilt und Pabsts Tat Mord genannt. Pabst war außer sich und ging zum Gegenangriff über …“ In seinem Buch Eine Leiche im Landwehrkanal kommt Gietinger darauf zurück.
In welchen postnazistischen und postheroischen Mörderkreisen die Bonner Elite sich Anfang der sechziger Jahre bewegte, erfuhr ich durch die Folgen und Konsequenzen meiner stern-Serie. Unser Hausarchiv enthält eine Reihe von Belegen zu dem Fall. Hier einige Fragmente davon:
Per Klick zu den Dokumenten
In Gietingers erwähntem jw-Artikel vom Januar 2009 berichtet er, dass der DDR-Rechtsanwalt Karl Kaul die Morde an Luxemburg / Liebknecht in Westdeutschland zur Anklage bringen wollte: „Als Zeugen nannte Kaul auch Zwerenz. Das wiederum störte Arne Rehhahn vom Zentralkomitee der SED: ›Unter keinen Umständen dürfen wir den republikflüchtigen Strolch und Erzlügner Zwerenz als Zeugen benennen.‹“ Wer ist Arne Rehhahn vom ZK der SED? Kaul warnte mich streng vertraulich vor diesem Mann. Die Entführung meines Freundes Heinz Brandt spielte eine Rolle. Eine andere Geschichte oder nicht. Ich werde im Archiv nachschauen. Damals gefiel es mir, aus allen Schreibmaschinentasten zurückzufeuern. Zum Beispiel in der Kultur, die Zeitung galt als eine Stimme der Gruppe 47 – ich durfte mich in Leitartikeln äußern. Als es jedoch um den Doppelmord an Luxemburg / Liebknecht ging, war der Ofen aus. Das Münchner Blatt wurde am selben Tag eingestellt. Von wem? Viel Feinde gabs in West wie Ost und im Geheimen. Nach diesem Konflikt ergab sich noch einer mit Hermann Kant, über den wir uns drei Jahrzehnte später in einem Leipziger Streitgespräch mit dem Titel Unendliche Wende zu verständigen suchten, erschienen im Dingsda Verlag 1998. Dazu schrieb ich eine Bühnenfassung, 2. Akt abgedruckt in poetenladen, Folge 75.
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H. Kant, G. Zwerenz
Unendliche Wende
Ein Streitgespräch
Dingsda Verlag 1998
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In diesem Januar 2012 gedenken wir wieder. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hätten weder Hitler noch Stalin überlebt. Genauso wenig wie der Genosse Trotzki. Da sich der Doppelmord an Rosa und Karl bis heute als fundamentale Differenz zwischen SPD, Linkspartei und anderweitig Engagierten erweist, schlage ich eine Mediation vor. Der PEN, immer auf Suche nach aktuellen Themen, könnte sich dazu bereit erklären. Günter Grass und Hermann Kant sind gewiss in der Lage, ihre früheren Positionen zum Fall zu vertreten oder um der historischen Wahrheit willen zu korrigieren. Das setze ich einfach voraus. Nicht zu vergessen: „Noske selbst sprach von Pabst …als einem ›bewährten Offizier‹ … Im übrigen erklärte Pabst, die Beseitigung von Liebknecht und Luxemburg sei ›anders verlaufen, als sie befohlen war.‹“ (Das Deutsche Wort 1.4.1962) Befohlen war sie.
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Gerhard Zwerenz
Serie
- Wie kommt die Pleiße nach Leipzig?
- Wird Sachsen bald chinesisch?
- Blick zurück und nach vorn
- Die große Sachsen-Koalition
- Von Milbradt zu Ernst Jünger
- Ein Rat von Wolfgang Neuss und aus Amerika
- Reise nach dem verlorenen Ich
- Mit Rasputin auf das Fest der Sinne
- Van der Lubbe und die Folgen
- Unser Schulfreund Karl May
- Hannah Arendt und die Obersturmbannführer
- Die Westflucht ostwärts
- Der Sänger, der nicht mehr singt
- Ich kenne nur
Karl May und Hegel
- Mein Leben als Prophet
- Frühe Liebe mit Trauerflor
- Der Schatten Leo Bauers
- Von Unselds Gegner zu Holtzbrincks Bodyguard
- Karl May Petrus Enzensberger Walter Janka
- Aus dem Notizbuch eines Ungläubigen
- Tanz in die zweifache Existenz
- General Hammersteins Schweigen
- Die Pleiße war mein Mississippi
- Im Osten verzwergt und verhunzt?
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- Was fürchtete Uwe Johnson
- Frühling Zoo Buchmesse
- Die goldenen Leipziger Jahre
- Das Poeten-Projekt
- Der Sachsenschlag und die Folgen
- Blick zurück auf Wohlgesinnte
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (I)
- Sächsische Totenfeier für Fassbinder (II)
- Brief mit Vorspann an Erich Loest
- Briefwechsel mit der Welt der Literatur
- Die offene Wunde der Welt der Literatur
- Leipzig – wir kommen
- Terror im Systemvergleich
- Rachegesang und Kafkas Prophetismus
- Die Nostalgie der 70er Jahre
- Pauliner Kirche und letzte Helden
- Das Kickers-Abenteuer
- Unser Feind, die Druckwelle
- Samisdat in postkulturellen Zeiten
- So trat ich meinen Liebesdienst an …
- Mein Ausstieg in den Himmel
- Schraubenzieher im Feuchtgebiet
- Der Fall Filip Müller
- Contra und pro Genossen
- Wie ich dem Politbüro die Todesstrafe verdarb
- Frankfurter Polzei-buchmesse 1968
- Die Kunst, weder Kain noch Abel zu sein
- Als Atheist in Fulda
- Parade der Wiedergänger
- Poetik – Ästhetik und des Kaisers Nacktarsch
- Zwischen Arthur Koestler und den Beatles
- Fragen an einen Totalitarismusforscher
- Meine fünf Lektionen
- Playmobilmachung von Harald Schmidt
- Freundliche Auskunft an Hauptpastor Goetze
- Denkfabrik am Pleißenstrand
- Rendezvous beim Kriegsjuristen
- Marx, Murx, Selbstmord (der Identität)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (I. Teil)
- Vom Aufsteiger zum Aussteiger? (II. Teil)
- Der Bunker ...
- Helmut auf allen Kanälen
- Leipzig anno 1956 und Berlin 2008
- Mit Konterrevolutionären und Trotzkisten auf dem Dritten Weg
- Die Sächsischen Freiheiten
- Zwischen Genossen und Werwölfen
- Zur Geschichte meiner Gedichte
- Poetenladen: 1 Gedicht aus 16 Gedichten
- Der Dritte Weg als Ausweg
- Unendliche Wende
- Drei Liebesgrüße für Marcel
- Wir lagen vor Monte Cassino
- Die zweifache Lust
- Hacks Haffner Ulbricht Tillich
- Mein Leben als Doppelagent
- Der Stolz, ein Ostdeutscher zu sein
- Vom Langen Marsch zum 3. Weg
- Die Differenz zwischen links und rechts
- Wo liegt Bad Gablenz?
- Quartier zwischen Helmut Schmidt und Walter Ulbricht
- Der 3. Weg eines Auslandssachsen
- Kriegsverrat, Friedensverrat und Friedenslethargie
- Am Anfang war das Gedicht
- Vom Buch ins Netz und zur Hölle?
- Epilog zum Welt-Ende oder DDR plus
- Im Hotel Folterhochschule
- Brief an Ernst Bloch im Himmel
- Kurze Erinnerung ans Bonner Glashaus
- Fritz Behrens und die trotzkistische Alternative
- 94/95 Doppelserie
- FAUST 3 – Franz Kafka vor Auerbachs Keller
- Rainer Werner Fassbinder ...
- Zähne zusammenbeißen ...
- Das Unvergessene im Blick
1. Nachwort
Nachworte
- Nachwort
siehe Folge 99
- Auf den Spuren des
Günter Wallraff
- Online-Abenteuer mit Buch und Netz
- Rückschau und Vorschau aufs linke Leipzig
- Die Leipziger Denkschule
- Idylle mit Wutanfall
- Die digitalisierte Freiheit der Elite
- Der Krieg als Badekur?
- Wolfgang Neuss über Kurt Tucholsky
- Alter Sack antwortet jungem Sack
- Vor uns diverse Endkämpfe
- Verteidigung eines Gedichts gegen die Gladiatoren
- Parademarsch der Lemminge und Blochs Abwicklung
- Kampf der Deserteure
- Fritz Bauers unerwartete Rückkehr
- Der Trotz- und Hoffnungs-Pazifismus
- Als Fassbinder in die Oper gehen wollte
- Was zum Teufel sind Blochianer?
- Affentanz um die 11. Feuerbach-These
- Geschichten vom Geist als Stimmvieh
- Von Frankfurt übern Taunus ins Erzgebirge
- Trotz – Trotzalledem – Trotzki
- Der 3. Weg ist kein Mittelweg
- Matroschka –
Die Mama in der Mama
- Goethe bei Anna Amalia und Herr Matussek im Krieg
- Der Aufgang des Abendlandes aus Auerbachs Keller
- Jan Robert Bloch –
der Sohn, der aus der Kälte kam
- Das Buch, der Tod und der Widerspruch
- Pastor Gauck oder die Revanche für Stalingrad
- Bloch und Nietzsche werden gegauckt ...
- Hölle angebohrt. Teufel raus?
- Zwischen Heym + Gauck
- Von Marx über Bloch zu Prof. Dr. Holz
- Kafkas Welttheater in Auerbachs Keller
- Die Philosophenschlacht von Leipzig
- Dekonstruktion oder Das Ende der Verspätung ist das Ende
- Goethes Stuhl – ein Roman aus Saxanien
- Meine Weltbühne im poetenladen
- Von Blochs Trotz zu Sartres Ekel
- Die Internationale der Postmarxisten
- Dies hier war Deutschland
- Kopfsprünge von Land zu Land und Stadt zu Stadt
- Einiges Land oder wem die Rache gehört
- Schach statt Mühle oder Ernst Jünger spielen
- Macht ist ein Kriegszustand
- Dekonstruktion als Kriminalgeschichte I
- Damals, als ich als Boccaccio ging …
- Ein Traum von Aufklärung und Masturbation
- Auf der Suche nach der verschwundenen Republik
- Leipzig am Meer 2013
- Scheintote, Untote und Überlebende
- Die DDR musste nicht untergehen (1)
- Die DDR musste nicht untergehen (2)
- Ein Orden fürs Morden
- Welche Revolution darfs denn sein?
- Deutschland zwischen Apartheid und Nostalgie
- Nietzsche dekonstruierte Gott, Bloch den Genossen Stalin
- Ernst Jünger, der Feind und das Gelächter
- Von Renegaten, Trotzkisten und anderen Klassikern
- Die heimatlose Linke (I)
Bloch-Oper für zwei u. mehr Stimmen
- Die heimatlose Linke (II)
Ein Zwischenruf
- Die heimatlose Linke (III)
Wer ist Opfer, wer Täter ...
- Die heimatlose Linke (IV)
In der permanenten Revolte
- Wir gründen den Club der
heimatlosen Linken
- Pekings große gegen Berlins kleine Mauer
- Links im Land der SS-Obersturmbannführer
- Zweifel an Horns Ende – SOKO Leipzig übernimmt?
- Leipzig. Kopfbahnhof
- Ordentlicher Dialog im Chaos
- Büchner und Nietzsche und wir
- Mit Brecht in Karthago ...
- Endspiel mit Luther & Biermann & Margot
- Die Suche nach dem anderen Marx
- Wer ermordete Luxemburg und Liebknecht und wer Trotzki?
- Vom Krieg unserer (eurer) Väter
- Wohin mit den späten Wellen der Nazi-Wahrheit?
- Der Feind ist in den Sachsengau eingedrungen
- Die Heldensöhne der Urkatastrophe
- Die Autobiographie zwischen
Schein und Sein
- Auf der Suche nach der verlorenen Sprache
- Atlantis sendet online
- Zur Philosophie des Krieges
- Deutsche, wollt ihr ewig sterben?
- Der Prominentenstadl in der Krise
- Der Blick von unten nach oben
- Auf der Suche nach einer moralischen Existenz
- Vom Krieg gegen die Pazifisten
- Keine Lust aufs Rentnerdasein
- Von der Beschneidung bis zur
begehbaren Prostata
- Friede den Landesverrätern
Augstein und Harich
- Klarstellung 1 – Der Konflikt um
Marx und Bloch
- Bloch & die 56er-Opposition zwischen Philosophie und Verbrechen
- Der Kampf ums Buch
- Und trotzdem: Ex oriente lux
- Der Soldat: Held – Mörder – Heiliger – Deserteur?
- Der liebe Tod – Was können wir wissen?
- Lacht euren Herren ins Gesicht ...
- Die Blochianer kommen in Tanzschritten
- Von den Geheimlehren der Blochianer
Aufsatz
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